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Länder- und Marktinformationen Nr. 5/2023

Afrika

ÄGYPTEN / BAUINDUSTRIE

Finanzierung heißt das Problem

Der Infrastructure Outlook der G20-Initiative schätzt bis zum Jahr 2040 die Kosten für Ägyptens notwendige Infrastruktur auf rund 675 Mrd US-Dollar. Diesen Betrag wird die ägyptische Regierung nicht allein aufbringen können. Den Prognosen des Infrastructure Outlook zufolge stehen dem Staat hierfür nur 445 Mrd Dollar zur Verfügung.
Diese Finanzierungslücke ist angesichts des Kriegs in der Ukraine und steigender Weizen- und Energiepreise nochmals gewachsen. Schließen soll sie nach den Vorstellungen der ägyptischen Politik die Privatwirtschaft – und zwar im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften.
Allerdings steht die Regierung hier vor schwierigen Zielkonflikten. Damit sich für ein Privatunternehmen etwa der Betrieb einer Wasseraufbereitungsanlage oder einer Bahnstrecke lohnt, müssen die gegenwärtig noch subventionierten Nutzungsgebühren und Tarife für solche Dienstleistungen stark angehoben werden. Andernfalls wäre der Betrieb wirtschaftlich nicht profitabel.

Betrieb öffentlicher Dienste nicht kostendeckend

Nach mehreren tiefgreifenden Subventionskürzungen und weiteren Austeritätsmaßnahmen sowie einer Inflation von knapp 32% im Februar stellen zusätzliche Preiserhöhungen öffentlicher Dienstleistungen die Entscheider vor schwierige Abwägungen. Eine kostendeckende Querfinanzierung durch Steuern scheitert am geringen Aufkommen.
Denn einerseits bietet das Steuerrecht zahlreiche Ausnahmen für einen wichtigen Teil der Unternehmenslandschaft, sodass wertvolle Einnahmequellen liegen gelassen werden. Auf der anderen Seite stellen kleine und mittlere Unternehmen den Großteil der Privatwirtschaft, agieren aber häufig inoffiziell und entgehen dadurch der Besteuerung.
Dennoch arbeitet die Regierung weiter an einer Finanzierung der Daseinsvorsorge, die sich stärker an Nutzergebühren orientiert. So wurden im vergangenen Jahr etwa die Fahrkartenpreise für die Kairo Metro um 66% angehoben. Ähnliches lässt sich im Wassersektor beobachten. Jedoch geht es hier um viel grundlegendere Fragen – etwa darum, den Verbrauch überhaupt zu berechnen.
Sehr technisch ist in diesem Zusammenhang von sogenannten kommerziellen Wasserverlusten die Rede, wenn der Verbrauch gar nicht oder nur unzureichend abgerechnet wird.

Mehr Güter sollen auf die Schiene

Der Bahnsektor ist dem Volumen nach der größte Investitionsschwerpunkt der Regierung. Wegen der Emissionseinsparungen werden mit Geberunterstützung zahlreiche Projekte umgesetzt. Den Schwerpunkt bildet der Personennahverkehr in den Ballungszentren Kairo und Alexandria. Ebenso gilt es, den Zugang zur neuen Verwaltungshauptstadt mit entsprechenden Bahnverbindungen zu gewährleisten.
Im Fernverkehr soll neben der existierenden Nord-Süd-Achse eine Ost-West-Verbindung entstehen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil mit der neuen Verwaltungshauptstadt und der Wirtschaftszone am Suezkanal insgesamt eine Verlagerung nach Osten stattfindet. Außerdem kommt die neue Achse auch aus strategischen Gründen zum richtigen Zeitpunkt. Denn unter dem Eindruck der Corona-Krise hat eine Diversifizierung des Gütertransportes Richtung Ostasien stattgefunden, die den Schienenverkehr stärker berücksichtigt. Diesen Trend wird auch die sechstägige Blockade des Suezkanals durch das Schiff Ever Given im April 2021 unterstützt haben.
Der Gütertransport in Ägypten verläuft hauptsächlich über die Straße. Auch hier soll eine Verlagerung auf die Schiene stattfinden. In dem Zusammenhang stehen auch die zahlreichen Trockenhäfen, die sich in der Planung und in der Umsetzung befinden. Diese sollen die Seehäfen entlasten und mit dem Schienennetz verbunden werden. Ein neues Zollgesetz flankiert diese Bemühungen.

Wiederaufbereitung gegen Wasserstress

Schon heute leidet Ägypten mit einem Wasserangebot von 570 cbm pro Person und Jahr unter Wasserknappheit. Mit der Auffüllung des äthiopischen Renaissance Dam, dem Bevölkerungswachstum und dem Klimawandel wird sich dieser Mangel weiter verschärfen. Zusätzlicher Druck geht von der fortschreitenden Urbarmachung der westlichen Wüste sowie der Industrialisierung des Gebiets um den Suezkanal aus.
Der längste Hebel für Wassereinsparungen liegt in der Landwirtschaft. Deren Anteil am Gesamtverbrauch beträgt 80%. Neben der Einführung effizienterer Bewässerungsmethoden setzen ägyptische Planer auf die Wiederverwertung landwirtschaftlichen Drainagewassers und effiziente Bewässerungsmethoden.
Dazu sollen mit dem Bau von Wasserentsalzungsanlagen an den ägyptischen Küsten neue Quellen erschlossen werden. Zu den Nachteilen von Wasserentsalzung zählt der sehr energieintensive Prozess. Aber auch hier gibt es Lösungen, die auf Solarenergie setzen. Schließlich soll die Abdeckung der Haushalte in strukturschwachen Regionen mit grundlegender Infrastruktur wie Kanalisations- und Stromanschlüssen erhöht werden. Hier startete Anfang 2019 eine Initiative zur Entwicklung von 4.200 Dörfern. Bis Januar 2021 konnten bereits 1.500 Dörfer entwickelt werden.

Stromnetz stößt an Kapazitätsgrenzen

Ägypten hat mittlerweile einen Überschuss an Strom. Dennoch kommt es immer wieder zu Ausfällen. Das liegt daran, dass die Netze die eingespeiste Menge nicht immer verarbeiten können, weil sie meist veraltet und ausbaubedürftig sind. Insofern gibt es bei dem Aufbau und der Modernisierung des Stromnetzes ein breites Betätigungsfeld mit zahlreichen Investitionen in der Pipeline.
Die Überschüsse an Strom will Ägypten über Interkonnektoren an seine Nachbarländer exportieren – unter anderem nach Saudi-Arabien zur Versorgung der neuen Superstadt NEOM am Roten Meer oder in den Irak. Dessen Abhängigkeit von iranischen Importen in Höhe von täglich 1.200 MW finden viele regionale Beteiligte und die USA bedenklich. Über den geplanten EuroAfrica Interconnector soll ägyptischer Strom über Zypern auf das europäische Festland gelangen.

NIGERIA / AGRARSEKTOR

Betriebskosten bei den Kakaobauern steigen

Die Kakaobauern in Nigeria sehen sich aufgrund der Abwertung der Landeswährung Naira mit höheren Kosten für Betriebsmittel konfrontiert, sagten Chemikalienhändler und Bauern. „Wegen der steigenden Preise ist es für die Landwirte jetzt schwieriger, die Chemikalien zu kaufen, die sie für die Behandlung ihrer Betriebe benötigen“, sagte Isaac Ashaolu, ein Chemikalienhändler in Ibadan, der Hauptstadt des südwestlichen Bundesstaates Oyo. Laut Ashaolu kostet ein 50-g-Päckchen Ridomil, das zur Bekämpfung der schwarzen Schotenkrankheit eingesetzt wird, derzeit 800 nigerianische Naira (rund 1,03 US-Dollar), verglichen mit 400 bis 450 Naira im letzten Jahr, und die Preise für Insektizide liegen bei 3.500 bis 4.000 Naira pro Liter, verglichen mit 1.700 im Vorjahr. Die Preise für Herbizide sind von 1.400 auf 4.500 Naira pro Liter gestiegen.

Seit die Regierung im Mai die Subventionierung von Benzin abgeschafft und die nigerianische Zentralbank im Juni den freien Handel des Naira gegenüber dem US-Dollar und anderen Weltwährungen angekündigt hat, ist die Landeswährung um über 40% abgewertet worden, was zu steigenden Preisen für Waren, Lebensmittel, Chemikalien, Medikamente sowie Dienstleistungen geführt hat.

Schotenkrankheit belastet zusätzlich

„Die Landwirte sehen sich mit dem größten Preisanstieg für Betriebsmittel seit mehr als fünf Jahren konfrontiert. Die Kakaoproduktion könnte in der Saison 2023/24 aufgrund der schwarzen Schotenkrankheit, die durch zu viel Regen verursacht wurde, sehr niedrig ausfallen“, sagte Goke Tijani, ein Kakaobauer. Muftau Abolarinwa, Präsident des nigerianischen Kakaoverbandes, sagte, dass es aufgrund der Krankheit schwierig sei, das Volumen der Kakaoproduktion für diese Saison vorherzusagen. Der Verband wird sich nun um die Genehmigung der Regierung bemühen, Chemikalien zum Nulltarif einzuführen, um die Produktion zu unterstützen, erklärte er.

NORDAFRIKA / KONJUNKTUR

Handelspartner am anderen Ufer

Die Länder Nordafrikas mussten in den vergangenen Jahren vielfältige politische, soziale und wirtschaftliche Herausforderungen bewältigen. Das Interesse an der Region ist jedoch zuletzt deutlich gestiegen. Das zeitweilige Reißen von Lieferketten, die hohen Transportpreise und die Neubewertung politischer Risiken haben dazu geführt, sich wieder intensiver mit der Region zu beschäftigen.
Die Diversifizierung von Lieferketten leistet aber nicht nur einen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Sie kann in der Region Nordafrika auch Motor für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung sein: Neue Arbeitsplätze können Menschen eine sichere Beschäftigung ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist die qualifizierte Ausbildung von Fachkräften sowie die Einhaltung von Umwelt und Sozialstandards. Deutsche Unternehmen können hierzu mit ihrem Know-how und der sorgfältigen Prüfung ihrer Lieferketten einen wesentlichen Beitrag leisten.

Mehr als die Hälfte der Exporte Nordafrikas gehen in die EU, lediglich 5% nach China und 6% in die USA. Die erdgas- und erdölfördernden Länder wie Ägypten, Algerien und Libyen liefern ihre Energierohstoffe zum großen Teil in den Norden. Andere Exportgüter wie landwirtschaftliche Produkte, Textilien oder elektronische Erzeugnisse werden ebenfalls hauptsächlich in die EU geliefert. Der Handel innerhalb der Region ist dagegen marginal. Die Afrikanische Union schätzt, dass lediglich 5% der Exporte in die Nachbarländer gehen und nur 8% in andere afrikanische Länder.

Die Voraussetzungen für einen intensiveren Handel, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Region, sind jedoch gut. Die relativ junge Bevölkerung ist deutlich besser ausgebildet als die vorherige Generation, eine industrielle Produktion ist in allen Ländern vorhanden, und der Wunsch nach wirtschaftlichem Fortschritt ist groß. Bei allen Gemeinsamkeiten sind die Bedingungen in den einzelnen Ländern und für bestimmte Branchen sowie Warengruppen sehr unterschiedlich. Besonders attraktiv sind die Länder Nordafrikas derzeit für Unternehmen aus der Automobilbranche und dem Textilsektor. Ebenso sind die Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie chancenreich.

Die Region im Überblick

Die fünf unmittelbar an das Mittelmeer angrenzenden Länder – Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien – verfügen mit 5,7 Mio qkm über eine größere Fläche als die EU. Die 216 Mio Einwohner leben zu einem großen Teil in unmittelbarer Nähe des Mittelmeers. Dort befinden sich – mit der Ausnahme der am Nil gelegenen Megacity Kairo – die großen urbanen Räume und auch die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen.

Mit Ägypten, Algerien und Marokko befinden sich in der Region drei der fünf größten Volkswirtschaften Afrikas. Das gemeinsame BIP der fünf nordafrikanischen Länder in Höhe von 886 Mrd US-Dollar entspricht etwa dem der Schweiz. Das Handelsvolumen der Region mit Deutschland gleicht wiederum dem von Brasilien und knapp dem des wichtigsten deutschen Handelspartners in Afrika – der Republik Südafrika.

Tunesien: Deutsche Unternehmen investieren

Tunesien ist mit 12,5 Mio Einwohnern und einem BIP von 46,3 Mrd Dollar nach Libyen der kleinste Markt in Nordafrika. Gemessen an den deutschen Importen ist das Land für Unternehmen der Bundesrepublik jedoch der wichtigste Markt. Die Einfuhren erreichten 2022 ein Volumen von 2,6 Mrd Euro.

Die deutschen Exporte nach Tunesien beliefen sich auf 1,7 Mrd Euro. Während jedoch das deutsch-tunesische Handelsvolumen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel zulegte, hinkt die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung hinterher. Das reale BIP wächst nur noch zwischen 2 und 3%.

Lange Zeit war Tunesien die liberalste Volkswirtschaft in der Region und siedelte erfolgreich internationale Unternehmen an. Die Demokratisierung des Landes in Folge der Revolution im Frühling des Jahres 2011 sorgte für ein weiter wachsendes Interesse an dem Land. Die tunesische Bevölkerung zeigte sich jedoch zunehmend enttäuscht von der wirtschaftspolitischen Bilanz der wechselnden Regierungen. Inzwischen herrscht der Präsident Kais Saied zunehmend autoritär und hat das Parlament durch ein von ihm initiiertes Referendum entmachtet.

Die tunesische Politik steht vor der Herausforderung seine bisherige Vorreiterrolle wieder zu erlangen. Dafür sind Strukturreformen notwendig, zu denen sich das Land auch in Gesprächen mit internationalen Organisationen sowie Geberländern befindet. Grundsätzlich sind diese bereit, den weiteren Reformprozess Tunesiens zu unterstützen. Die deutsche Bundesregierung hat das Land bereits in den vergangenen Jahren bei seinen Reformbemühungen unterstützt. Unabhängig von der derzeitigen politischen Situation ist Tunesien ein wichtiger Standort für europäische und insbesondere auch deutsche Unternehmen in Nordafrika. Insgesamt haben ausländische Unternehmen in Tunesien 33,4 Mrd Dollar investiert. Deutschland hat daran nur einen relativ kleinen aber zugleich bedeutenden Anteil. Denn während der Bestand deutscher Investitionen nur bei 251 Mio Euro liegt, beschäftigen die 41 deutschen Unternehmen vor Ort insgesamt 50.000 Mitarbeitende in ihren Betrieben.

Eine Sonderrolle nimmt Tunesien aktuell für den libyschen Markt ein. Schon in früheren Zeiten fanden viele Lebensmittel und Konsumgüter ihren Weg nach Libyen über Tunesien. In den vergangenen Jahren wurde das Land auch Standort für Botschaften und internationale Organisationen, die in Libyen aktiv sind. Mit der politischen Stabilisierung Libyens könnte diese Rolle geringer werden. Gleichzeitig steigen die Chancen, von Tunesien aus auch das Nachbarland Libyen wieder stärker zu beliefern.

Marokko: Starkes Wachstum und hohe Exporte

Das ganz im Nordwesten gelegene Marokko hat 37,8 Mio Einwohner und ist nach Ägypten sowie Algerien die drittgrößte Volkswirtschaft in der Region. Die geografische Nähe zu Spanien und die Lage am Eingang zum Mittelmeer verschaffen Marokko eine Attraktivität, die es seit einigen Jahren sehr erfolgreich nutzt. Hohe Investitionen in die Infrastruktur haben das Land deutlich zugänglicher gemacht.

Neben Unternehmen aus Spanien und Frankreich haben sich in den vergangenen zehn Jahren auch verstärkt deutsche Firmen in Marokko niedergelassen. Inzwischen ist das Königreich mit einem Bestand an ausländischen Direktinvestitionen von 72,5 Mrd Dollar der zweitwichtigste Investitionsstandort nach Ägypten. Die 93 deutschen Unternehmen, die in Marokko mit einem Bestand von 1,3 Mrd Euro investiert sind, beschäftigen 36.000 Menschen.

Marokko war im vergangenen Jahrzehnt mit einem durchschnittlichen Wachstum des BIP von 4,3% die Wachstumslokomotive in der Region. Die exportorientierte Industrie, die Autoteile und Autos, elektronische Erzeugnisse, Flugzeugteile und Textilien herstellt, sorgte für einen wachsenden Außenhandel. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet noch immer in der Landwirtschaft. Eine Dürre kann daher weiterhin über das jährliche Auf und Ab der Wirtschaft entscheiden. Die Exportindustrie, die Investitionen in die Infrastruktur und der wachsende Dienstleistungssektor sorgen aber langfristig für einen wachsenden Wohlstand der Volkswirtschaft.

Hinter dem wirtschaftlichen Wachstum steht eine vom König des Landes, Mohammed VI., ausgerichtete liberale Wirtschaftspolitik. Unter seiner Herrschaft wurde kräftig in die Infrastruktur investiert, der Freihandel mit der EU und den USA ausgebaut und die Industrie gefördert. Auch wurden wirtschaftliche Sonderzonen eingerichtet. Außerdem entwickelte sich das Land zum Vorreiter bei erneuerbaren Energien und baute den Tourismus kräftig aus. Das Königtum sorgt für politische Stabilität. Das hat dem Land bei der Ansiedelung von Unternehmen in jüngster Zeit geholfen.

Während Marokko in den vergangenen Jahren den Handel mit Europa stärkte und auch nach Amerika sowie Asien erfolgreich ausbaute, blieben die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb Nordafrikas relativ überschaubar. Dafür engagierte sich das Königreich zunehmend in den Ländern südlich der Sahara. Insbesondere in den frankophonen Ländern Westafrikas ist Marokko präsent. Dort ist vor allem der marokkanische Finanzsektor vertreten.

Ägypten: Attraktive Drehscheibe für den Handel

Ägypten ist mit 113 Mio Einwohnern und einem BIP von 469 Mrd Dollar der größte Markt in Nordafrika. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wirtschaftswachstum von 3,8% im vergangenen Jahrzehnt wird die Mittelschicht jedoch nicht größer. Denn derzeit wächst die ägyptische Bevölkerung jährlich um 1,8 Mio Menschen. Einerseits ist die ägyptische Bevölkerung dadurch sehr jung – andererseits besteht die Herausforderung, jedes Jahr ausreichend neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die zweitgrößte Volkswirtschaft Afrikas hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Reformen angestoßen, aber es bedarf weiterer Schritte, um in Zukunft dynamischer zu wachsen. Die Regierung setzt bisher zu stark auf staatliche Unternehmen und lässt so relativ wenig Raum für die Privatwirtschaft. Angesichts einer wachsenden staatlichen Verschuldung wird der Handlungsspielraum für die Regierung langsam kleiner. Internationale Organisationen wie die EU und der Internationale Währungsfonds stehen jedoch bereit, Ägypten in dem Reformprozess zu unterstützen.

Trotz der wachsenden Herausforderungen ist Ägypten mit einem Bestand von FDI in Höhe von 138 Mrd Dollar der wichtigste Investitionsstandort in der Region. Aus Deutschland haben insgesamt 86 Unternehmen vor Ort investiert. Der Bestand ihrer Investitionen beläuft sich auf 897 Mio Euro, und sie beschäftigen 33.000 Menschen in Ägypten. Im Außenhandel ist Ägypten der wichtigste Exportmarkt für deutsche Firmen in Nordafrika. Diese exportieren Waren im Wert von 4,2 Mrd Euro und importieren Güter im Wert von 1,3 Mrd Euro.

Mit dem Suezkanal verfügt Ägypten über eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Mit dem Zugang zum Mittelmeer und Roten Meer eignet sich das Land als Drehscheibe für den Handel zwischen Europa und Asien. Zusätzliches Potenzial könnte sich durch eine politische Stabilisierung der Nachbarländer Libyen und Sudan ergeben. Die besondere strategische Lage will Ägypten in Zukunft durch moderne Häfen sowie attraktive Industrie- und Logistikzonen besser nutzen. Außerdem investiert es in eine moderne Eisenbahninfrastruktur, die maßgeblich mit deutscher Beteiligung entstehen soll.

Deutsche Technologie ist in Ägypten gefragt und „Made in Germany“ hat noch immer einen guten Ruf. Angesichts der enormen Nachfrage an Infrastruktur, industrieller Entwicklung und Know-how ergeben sich dadurch für deutsche Unternehmen besondere Chancen. Ein Beispiel dafür ist der Ausbau der Energieinfrastruktur in den vergangenen Jahren, an der – ähnlich wie zukünftig im Eisenbahnbereich -deutsche Unternehmen wesentlich beteiligt waren.

Algerien ist mit einem BIP von 187 Mrd Dollar die zweitgrößte Volkswirtschaft Nordafrikas. Mit 45,6 Mio Menschen ist es nach Ägypten auch das bevölkerungsreichste Land der Region. Gemessen an der Landfläche ist es mit 2,3 Mio qkm sogar das größte Land Afrikas. Ein Großteil der Fläche ist jedoch Wüste und praktisch menschenleer. Bei den ausländischen Direktinvestitionen liegt es mit einem Bestand von 34 Mrd Dollar nur noch knapp vor Tunesien.

Der Bestand deutscher Direktinvestitionen beläuft sich aktuell auf 586 Mio Euro. Die 26 in Algerien ansässigen deutschen Unternehmen beschäftigen 5.000 Personen. Inzwischen ist Algerien mit Exporten in Höhe von 1,7 Mrd Euro nur noch der viertwichtigste Absatzmarkt in Nordafrika. Auch bei den Importen rangiert es mit 2 Mrd Euro nur noch auf Platz 4.

Die Volkswirtschaft ist stark von der Förderung von Erdöl und -gas abhängig. Dadurch verfügt die Regierung zwar über relativ hohe Einnahmen, die Wirtschaft ist aber zugleich wenig diversifiziert. Der Staat ist nicht nur im Besitz der Energieunternehmen, sondern ist generell in fast allen Bereichen der Wirtschaft mehrheitlich beteiligt. Der Privatsektor ist dadurch relativ klein. Ausländische Firmen können bisher nur Minderheitsanteile an Unternehmen in Algerien erwerben.

Libyen: Der lange Weg zur Stabilität

Nach mehr als einem Jahrzehnt der politischen Instabilität ist Libyen mit einem BIP von 41 Mrd Dollar nur noch die kleinste nordafrikanische Volkswirtschaft. Beim BIP-pro-Kopf liegt es mit rund 6.000 Dollar zwar noch vorne, aber die Sonderrolle, welche das Land auf Grund der großen Erdölreserven hatte, hat es zuletzt eingebüßt. Libyen ist praktisch in zwei Teile gespalten, und die rivalisierenden Gruppen können sich nicht auf ein landeseinheitliches System einigen.

Trotz dieser politischen Schwierigkeiten hat sich das Land so weit stabilisiert, dass es wieder durchschnittlich 1,2 Mio Barrel Erdöl pro Tag fördern kann. Außerdem haben erste internationale Energieunternehmen angekündigt, wieder in neue Projekte zu investieren. Der Bestand ausländischer Direktinvestitionen beläuft sich aktuell auf 18,5 Mrd Dollar.

Die fünf deutschen Unternehmen, die nach Angaben der Deutschen Bundesbank in Libyen investiert haben, verfügen lediglich über einen Bestand in Höhe von 46 Mio Euro. Bei den Einfuhren – fast ausschließlich Erdöl – ist Libyen trotzdem der wichtigste Handelspartner.

Deutschland importierte im Jahr 2022 Erdöl im Wert von 3,6 Mrd Euro aus Libyen und liefert Waren im Wert von 534 Mio Euro. Damit ist Libyen in Nordafrika zwar inzwischen der kleinste Absatzmarkt, aber in Gesamtafrika immer noch einer der größten Exportmärkte für deutsche Unternehmen.

Amerika

Mexiko / LOGISTIK

DHL Supply eröffnet zwei neue Verteilungszentren

DHL Supply Chain Mexico plant, in den kommenden Monaten zwei Distributionszentren zu eröffnen, um den Bedarf von Unternehmen zu decken, die sich im Rahmen von Nearshoring-Strategien im Land niederlassen. Dies berichtet die Nachrichten-Plattform „Mexico Now“.

CEO des Unternehmens, Mario Rodríguez zufolge, wird der Konzern in den letzten beiden Monaten des Jahres ein 50.000 qm großes Distributionszentrum in Monterrey, Nuevo León, eröffnen. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 soll ein weiteres in Tijuana mit einer Fläche von 20.000 qm folgen. Rodriguez wies darauf hin, dass die Eröffnung der Zentren auch dem Bedarf entspricht, den DHL in einigen Regionen des Landes beim Ausbau der Logistikinfrastruktur beobachtet.

Die Distributionszentren werden vor allem die Automobil-, Konsumgüter-, Leicht- und Schwerindustrie bedienen und werden über Bereiche für trockene und temperaturgeführte Waren verfügen. Im September wird darüber hinaus das Unternehmen in Mexico City fünf elektrische Kühlfahrzeuge in Betrieb nehmen, die eine Reichweite von 200 km haben. Bis Ende des Jahres sollen 200 umweltfreundliche Fahrzeuge (etwa mit Elektro- und Erdgasantrieb) zur Verfügung stehen.

Zwischen 2023 und 2028 sieht DHL Supply Chain Latin America vor, Investitionen in Höhe von 500 Mio Euro zu tätigen, von denen etwa ein Drittel auf Mexiko entfallen wird.

USA / KONJUNKTUR

Abkühlung kommt
Der Arbeitsmarkt in den USA kühlt sich ab, und die Inflation geht ebenfalls zurück. Für die Entscheidungsträger der US-Notenbank ist das eine gute Nachricht, aber für die Wirtschaft werden die Aussichten damit nicht besser. Das Arbeitsministerium berichtete, dass die Wirtschaft im August saisonbereinigt 187.000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Das waren mehr als die 170.000, die Ökonomen erwartet hatten. Trotz Korrekturen nach unten für die beiden Vormonate, wurde die Differenz mehr als ausglichen. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen weniger stark als von Ökonomen erwartet.

Die Arbeitslosenquote, die mit einer separaten Erhebung erfasst wird, stieg von 3,5% im Juli auf 3,8%. Dies lag jedoch nicht etwa an Arbeitsplatzverlusten, sondern daran, dass der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, der in Arbeit ist oder eine Beschäftigung sucht, gestiegen ist. Während dieser Anstieg der Erwerbsbeteiligung dazu beitragen dürfte, den Einstellungsdruck zu verringern, deutet er auch auf eine weitere Abkühlung der Löhne hin.

Ein Bericht des Handelsministeriums sagt, dass das von der Fed bevorzugte Maß für die Inflation im Juli weiterhin moderat ausfiel. Zusammen mit dem Bericht ermutigte das die Anleger. Zinsfutures deuten nun darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die Fed in diesem Monat gering ist und dass die Chance einer weiteren Zinserhöhung bis zum Jahresende nur etwa bei eins zu drei liegt. Vor einer Woche lagen die Chancen anhand der Futures noch bei fifty-fifty.

Es ist wichtig zu erkennen, dass die politischen Entscheidungsträger der Fed noch nicht davon überzeugt sind, dass ihre Arbeit getan ist. Wenn sie sich dafür entscheiden sollten, die Zinssätze beizubehalten, dann vor allem deshalb, weil sie der Meinung sind, dass die Zinssätze die Wirtschaft bereits stark einschränken und weitere Erhöhungen nicht mehr nötig sein werden.

Eine Zinssenkung ist jedoch eine ganz andere Sache: Zwar wäre es nicht zwingend erforderlich, dass die Inflation exakt auf das Zwei-Prozent-Ziel der Zentralbank sinkt, doch betonte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell letzte Woche, dass die Verantwortlichen der Zentralbank zuerst einmal davon überzeugt sein müssen, dass sich die Inflation „nachhaltig“ auf dieses Ziel zubewegt. Im Juli lag der vom Handelsministerium ermittelte Wert der Verbraucherpreise ohne Lebensmittel und Energie um 4,2% über dem des Vorjahres. Die Jahresrate für die drei Monate bis Juli lag jedoch bei kühleren 2,9%.

Arbeitsmarkt bleibt Risiko

Ein Risiko besteht darin, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht nur abkühlt, sondern sogar verschlechtert, bevor sich die Inflation so weit verlangsamt, dass die Fed den Hebel in Richtung Zinssenkung umlegen kann. Die gute Nachricht ist, dass es offenbar immer noch eine große Nachfrage nach Arbeitskräften in Sektoren wie dem Gesundheitswesen gibt. Dort versucht man nach wie vor Personal aufzustocken, und dies könnte dazu beitragen, etwaige Arbeitsplatzverluste in anderen Bereichen zu kompensieren. Aber ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren, darunter die Wiederaufnahme der Rückzahlung von Studienkrediten, ein Abschmelzen der Sparpolster, die die Amerikaner nach dem Ausbruch der Pandemie aufgebaut hatten, und strengere Kreditvergabestandards – all das könnte die Ausgaben und letztlich die Beschäftigung in den kommenden Monaten belasten.

Der Bericht lässt hoffen, dass die Fed in der Lage sein wird, die Wirtschaft abzukühlen, ohne sie in eine Rezession zu stürzen. Für die entscheidende Meldung „Auftrag erledigt“ ist es dennoch zu früh.

USA / ROHSTOFFE

„Hydrogen Shot“ als Starthilfe

Die USA wollen bis 2050 ihre Netto-CO2-Emissionen auf Null fahren. Dazu soll auch der Aufbau einer integrierten Wasserstoffwirtschaft beitragen. Allerdings dürfte diese keine Hauptrolle spielen. Nach Einschätzung der Fuel Cell & Hydrogen Energy Association (FCHEA) könnte sie bis 2050 den gesamten Kohlendioxidausstoß der Vereinigten Staaten nur um 16% verringern. Für den Verkehrssektor geht der Verband immerhin von einer entsprechenden Reduktion von 30% aus.

Mit anderen Worten: Die Interessensvertretung sieht vor allem im Einsatz von Brennstoffzellen im Transportbereich die wichtigste Einsatzmöglichkeit des Wasserstoffs. Im Energiebereich soll er vor allem als variable regenerative Quelle genutzt werden, wenn etwa zu wenig Wind- oder Solarenergie erzeugt wird.

Aktuell sieht die Lage allerdings genau umgekehrt aus. Die private Wirtschaft engagiert sich schwerpunktmäßig im Kraftwerksbereich. Das liegt vor allem an den gesetzlichen Vorgaben. Bis 2035 soll die Stromerzeugung CO₂-neutral sein. Bereits 2032 müssen dann noch laufende Kohle- und Gaskraftwerke mindestens 30% Wasserstoff beimischen.

Die Regierung hat in den letzten Jahren zahlreiche Pläne und Programme zur Förderung der Wasserstoffwirtschaft aufgelegt. So stieß das Energieministerium 2021 die Energy Earthshots Initiative an. Der Teilplan für den Wasserstoffbereich namens „Hydrogen Shot“ startete dabei als erster. Sein Ziel besteht vor allem darin, die Kosten für die Herstellung von 1 kg Wasserstoff innerhalb einer Dekade auf 1 US-Dollar zu senken. Dieses sogenannte „111“-Ziel käme einer Preisreduktion von immerhin 80% gleich.

Bis 2050 mehrere Millionen zusätzliche Arbeitsplätze

Auch der ökonomische Nutzen wurde vom Energieministerium beziffert. Bis 2030 sollen mithilfe der Wasserstoffwirtschaft zusätzliche Einnahmen in Höhe von 140 Mrd Dollar generiert sowie 700.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Verband FCHEA geht bis 2050 von Erlösen in Höhe von 750 Mrd Dollar sowie 3,4 Mio neuen Jobs aus.

Besonders optimistisch gibt sich FCHEA abermals für den Verkehrsbereich. Bis 2030 sollen insgesamt 1,2 Mio Fahrzeuge mit Brennstoffzellen verkauft werden und 4.300 entsprechende Tankstellen entstehen. Das sind überaus ehrgeizige Pläne. Nach Angaben des Energieministeriums gibt es Mitte 2023 außerhalb Kaliforniens gerade einmal eine einzige Wasserstofftankstelle. In den USA ist zudem dank des Branchenführers Tesla Elektromobilität in Teilen des Landes sehr beliebt und verbreitet. E-Autos stellen die stärkste Konkurrenz für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge dar.

Das Energieministerium hat bislang auch keine detaillierten Pläne bezüglich des Aufbaus der Wasserstoffwirtschaft veröffentlicht. Ihre Webseite zu „Hydrogen Shot“ enthält nur wenige Daten. Ein sehr umfassender Hydrogen Program Plan wirkt in weiten Teilen datentechnisch veraltet. Umso geschäftiger gibt sich der Branchenverband FCHEA. Er bietet eine Menge an aktuellen Informationen. So listet er die zahlreichen staatlichen Förderprogramme auf.

Förderprogramme schießen wie Pilze aus dem Boden

Zunächst gibt es die Zuschüsse, die sich aus dem Ende 2021 verabschiedeten Infrastructure Investment and Jobs Act ergeben. Sie belaufen sich auf insgesamt 9,5 Mrd Dollar. Davon sind 8 Mrd Dollar für regionale Programme vorgesehen. Mithilfe dieser Mittel sollen bis zu zehn Hubs für die Herstellung von grünem Wasserstoff entstehen. Hinzu kommen die Ausgaben im Rahmen des Inflation Reduction Act von 2022. Der Branchenverband hat hier elf Programme und Fonds mit einem Volumen von fast 31 Mrd Dollar identifiziert, die der Wasserstoffwirtschaft – allerdings nur teilweise – zugutekommen.

Darüber hinaus gibt es umfangreiche Steuererleichterungen und Kreditprogramme. Sie dürften sich als besonders effektive Instrumente beim Ausbau des Wasserstoffsektors erweisen. Insgesamt zeigt sich aber ein schwer durchschaubares Geflecht an Subventionen, von denen nicht immer klar ist, wie stark sie den Wasserstoffsektor tatsächlich betreffen.

Hinzu kommt ein psychologischer Effekt: Die Potenziale der Wasserstofftechnologie werden in den Vereinigten Staaten in den Medien weniger euphorisch dargestellt als etwa in der Europäischen Union. Auch bezeichnen viele Fachleute die Erzeugung, Lagerung und Anwendung von Wasserstoff als technologisch noch nicht ausgereift. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. Echter Vorreiter ist Kalifornien. Im Großraum Los Angeles und San Francisco existieren bereits zahlreiche Wasserstofftankstellen.

Maschinen und Spezialmaterialien sehr gefragt

Auch ausländische Anbieter können profitieren. Die geschätzten Einnahmen in der Wasserstoffwirtschaft belaufen sich alleine für die Hersteller von Maschinen sowie Spezialmaterialien und -technologien laut Branchenverband FCHEA bis 2050 auf insgesamt 475 Mrd Dollar. Selbst wenn sich diese Vorhersage als zu optimistisch herausstellen sollte, dürfte dennoch ein Geschäftsvolumen im dreistelligen Milliarden-Dollar-Bereich übrig bleiben.

Deutsche Unternehmen sind daher bereits aktiv. So kooperiert Siemens mit kalifornischen Branchenakteuren. thyssenkrupps Wasserstofftochter Nucera liefert nach eigenen Angaben zahlreiche Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff nach Nordamerika, darunter für Air Products & Chemicals (Arizona) und CF Industries (Louisiana). Der Industriegaskonzern Linde nahm im Juli 2021 seinen fünften Wasserstoffverflüssiger in den USA in Texas in Betrieb – nach Kalifornien, Alabama, Indiana und New York.

Asien / Ozeanien

CHINA / INDUSTRIE

Aktivität in China im August wieder gestiegen

In der chinesischen Industrie hat sich die Aktivität im August belebt. Der von Caixin Media Co und dem Researchhaus S&P Global ermittelte Einkaufsmanagerindex für den verarbeitenden Sektor erhöhte sich auf 51 Punkte (Juli: 49,2). Der Index beruht auf einer Umfrage unter rund 400 Unternehmen, wobei auch kleinere, in Privatbesitz befindliche Firmen stärker berücksichtigt sind.

Der auf Daten der staatlichen Statistikbehörde basierende offizielle Einkaufsmanagerindex für die Industrie war im August auf 49,7 (Vormonat: 49,3) gestiegen. Dieser Indikator ist stärker auf in Staatsbesitz befindliche Großunternehmen ausgerichtet.

Die Indizes für die Auftragseingänge und die Produktion in den Fabriken kehrten im August in den expansiven Bereich zurück, obwohl die extreme Hitze die Produktion einiger Hersteller beeinträchtigte. Die Exportaufträge verbesserten sich, blieben aber immer noch unter 50 und belasteten die Leistung der chinesischen Hersteller, so Caixin. Der Subindex für das verarbeitende Gewerbe erreichte zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder einen expansiven Bereich und kletterte auf den höchsten Stand seit März 2010.

„Im August zeigte das verarbeitende Gewerbe insgesamt eine Verbesserung. Abgesehen von den schleppenden Exporten bewegten sich die Indikatoren für das Angebot, die Gesamtnachfrage und die Beschäftigung alle im expansiven Bereich“, sagte Wang Zhe, Ökonom bei der Caixin Insight Group. Auch der offizielle chinesische Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe spiegelt diese Entwicklung wider.

CHINA / KONJUNKTUR

Jubel könnte schneller verfliegen als gedacht

Chinas wirtschaftliche Probleme waren bisher ein Geschenk für andere asiatische Märkte. Doch wenn sich die Entwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft weltweit weiter verschlechtert, könnte es auch für sie ungemütlich werden. Die großen Aktienmärkte in Asien haben sich 2023 gut entwickelt. Der japanische Topix-Index hat im laufenden Jahr 24% zugelegt, der taiwanische Taiex-Index ist um 18% und der koreanische Kospi um 15% gestiegen. Im Gegensatz dazu stehen chinesische Aktien: Der MSCI China Index ist trotz eines starken Jahresbeginns um 6% gefallen.

Es gibt einige fundamentale Gründe, warum asiatische Aktien außerhalb von China zugelegt haben. In Japan steigen die Aktienrückkäufe und Dividenden, und Warren Buffetts Unterstützung gab dem Markt einen weiteren Schub. Die Hoffnung, dass die Halbleiterindustrie schließlich wieder einen Aufschwung erlebt, hat den Aktien in Taiwan und Südkorea Auftrieb gegeben.

Diese Märkte haben jedoch auch von ausländischen Investoren profitiert, die aus chinesischen Aktien flüchteten: Märkte wie Japan und Südkorea verzeichneten in den vergangenen Monaten Mittelzuflüsse ausländischer Anleger. Einige multinationale Unternehmen haben auch ihre Produktion aus China in andere asiatische Länder verlagert, um ihre Lieferketten zu diversifizieren.

Jedoch hat Goldman Sachs festgestellt, dass die Korrelationen zwischen China und anderen Märkten in der Region in letzter Zeit zugenommen haben, was auf potenzielle Befürchtungen eines Spillover-Effekts hinweist.

Die Volksrepublik ist der wichtigste Handelspartner vieler Länder in der Region wie Japan und Südkorea, und eine schwache Nachfrage könnte auf die Nachbarländer übergreifen. Südkoreas Exporte nach China, die etwa 20% seiner Gesamtausfuhren ausmachen, sind in den ersten acht Monaten 2023 um 25% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

Und sinkende Investitionen in China – insbesondere im Immobiliensektor – könnten die Rohstoffpreise belasten. Bislang haben sich die Preise für Rohstoffe wie Eisenerz in diesem Jahr als robust erwiesen, da die Nachfrage aus Branchen wie Automobilindustrie und Infrastruktur die Rückschläge aus dem Immobilien-Bausektor abgemildert hat.

Aber rohstoffexportierende Länder wie Australien, Malaysia und Indonesien könnten darunter leiden, wenn die chinesischen Investitionen schwach bleiben. Die Vertrauenskrise in das Reich der Mitte könnte auch Unternehmen schaden, die ihre Produkte an die chinesischen Verbraucher verkaufen. Vor allem die Zahl der chinesischen Touristen liegt in vielen Ländern wie Japan und Thailand noch weit unter Vor-Corona-Niveau.

Da China das wirtschaftliche Powerhouse in der Region ist, werden seine Nachbarn wahrscheinlich nicht lange von der Schwäche profitieren.

CHINA / WIRTSCHAFT & POLITIK

Beijing stärkt Privatsektor mit neuer Behörde

Die chinesische Regierung kündigte an, sie werde eine neue Behörde zur Unterstützung des Privatsektors einrichten, um das schwindende Vertrauen der Unternehmer in die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu stärken. Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), die obersten Wirtschaftsplaner des Landes, kündigte die Einrichtung eines Büros an, das die Politik der verschiedenen Regierungsstellen koordinieren und die Entwicklung der Privatwirtschaft fördern soll. Im privaten Sektor werden die meisten neuen Arbeitsplätze geschaffen und er ist der Motor hinter der wirtschaftlichen Dynamik des Landes.

Eine ganze Reihe von Maßnahmenpaketen seit Juli unterstreicht die Dringlichkeit der Bemühungen Beijings, die kränkelnden Privatunternehmen zu unterstützen und systemische Risiken in der Wirtschaft einzudämmen. Um die anhaltende Talfahrt des Aktienmarktes zu stoppen, haben die Aufsichtsbehörden die Stempelsteuer, die auf jeden Aktienhandel erhoben wird, halbiert. Auch der Verkauf von Anteilen durch Großaktionäre wurde eingeschränkt, was zu vorübergehenden Erholungen führte. Außerdem wurden die Beschränkungen für den Erwerb von Wohneigentum gelockert, und die chinesischen Banken senkten die Einlagenzinsen, um die zögerlichen Verbraucher des Landes dazu zu bewegen, ihre historisch hohen Sparraten zu senken.

Einige Wirtschaftsexperten sind jedoch der Meinung, dass die Zentralregierung noch nicht genug getan hat, um eine wirtschaftliche Erholung einzuleiten. Ein größeres, breiteres Paket von Konjunkturmaßnahmen sei erforderlich, um das Vertrauen der Verbraucher und der Unternehmen des Privatsektors wiederherzustellen.

Die Investitionen des chinesischen Privatsektors sind in den ersten sieben Monaten 2023 um 0,5% zurückgegangen und haben sich damit gegenüber dem Rückgang von 0,2% im Zeitraum Januar bis Juni noch verstärkt. Es ist jedoch unklar, ob das Büro in der Lage sein wird, die Agenda anderer Regierungsstellen zu beeinflussen, sagte Zerlina Zeng, eine leitende Analystin für chinesische Unternehmensschulden bei CreditSights.

Vertrauen wurde verspielt

Die Zentralregierung ist bestrebt, seinen Wechsel zu einer wirtschaftsfreundlicheren Politik zu signalisieren. Dem vorausgegangen war ein zweijähriges hartes Durchgreifen, das sich vor allem gegen Internetfirmen, den privaten Nachhilfesektor und die Immobilienbranche richtete, sowie strenge Corona-Lockdowns, was zu schwachen Investitionen und geringem Verbrauchervertrauen führte.

Beijing scheint auch zu versuchen, das Wachstum durch Investitionen anzukurbeln, ein seit langem bevorzugter politischer Hebel. Die Regulierungsbehörden in mehreren Provinzen und Regionen haben die Prüfungshürden gesenkt und Subventionen angeboten, um neue Investitionen anzuziehen.

Einige Lokalregierungen haben auch die Durchsetzung von Vorschriften reduziert und Möglichkeiten zur Einführung von „aufsichtsrechtlichen“ Regulierungssystemen für Unternehmen erkundet, sagte Cong Liang, ein stellvertretender Vorsitzender der NDRC.

Führungskräfte aus der Wirtschaft und Analysten erwarteten auch, dass die Regierung weiterhin private Unternehmen in Branchen unterstützen wird, die als strategisch wichtig für den Staat gelten, wie etwa High-End-Produktion und erneuerbare Energien. „Die politische Rhetorik, private Unternehmen stärker zu unterstützen, ist ermutigend, aber es bedarf konkreter Maßnahmen und eines vorhersehbareren, regelbasierten und gut kommunizierten Regulierungsrahmens, bevor das Vertrauen der Unternehmen in die Kreditaufnahme und Investitionen wiederhergestellt ist“, sagte Zeng von CreditSights.

INDIEN / KONSUMGÜTER

Nachfrage nach Nachhaltigkeit steigt

Laut Branchenangaben hat der indische Markt für Verpackungen einen Umfang von 50 bis 53 Mrd US-Dollar. Es dominieren steife deutlich gegenüber flexiblen Verpackungen. Experten schätzen aber, dass zwischen 60 und 70% der Unternehmen in der Verpackungsbranche dem informellen Sektor zuzuordnen sind. Mit dementsprechend großer Unsicherheit sind Aussagen zu den Anteilen an genutzten Materialien behaftet.

Das Beratungsunternehmen T&A Consulting beziffert den Verpackungsmarkt für 2020 bereits auf 100 bis 150 Mrd Dollar, bezieht darin aber nicht nur Materialien der Packungen, sondern auch Maschinen und Rohstoffe mit ein. Aktuelle Zahlen zur Branchengröße in Bezug auf Kosmetikverpackungen sind schwer zu finden und divergieren oft. Geht es nach T&A Consulting, wird rund 10% der Nachfrage durch die Produzenten von Körperpflegeprodukten verursacht. 2021 soll der Markt rund 4,4 Mrd Dollar groß gewesen sein, so eine Schätzung von Maximize Market Research.

Die Experten halten ein Wachstum bis auf 7,6 Mrd Dollar bis 2029 für möglich. Insbesondere Cremes, Lotionen und Shampoos werden vornehmlich mit harten Kunststoffen verpackt. Nachhaltigkeit bleibt jedoch der große Trend, auch für Kosmetika. Immer mehr Marken richten sich danach und wählen Inhalte wie Packungen entsprechend. Daher kommen immer mehr Verpackungen aus Papier und teilweise Glas zum Einsatz. Recyceltes Plastik nimmt ebenfalls an Bedeutung zu, wie auch wiederbefüllbare Gefäße.

Gerade für die zahlungskräftige Kundschaft muss die Verpackung darüber hinaus wertig aussehen und sich entsprechend anfühlen. Für Konsumenten mit geringeren Einkommen ist es wichtig, dass kleine Packungen angeboten werden. Speziell für die Haar- und Körperpflege werden nach wie vor sogenannte Sachets angeboten. Sie kosten umgerechnet nur wenige Cents und werden fast ausschließlich aus weichen Kunststoffen gefertigt.

Ein Riese mischt den Markt auf

Anfang 2023 gab Reliance, das größte Industriekonglomerat des Landes, bekannt, sich stärker im Konsumgüterbereich engagieren zu wollen. Damit einhergehend stellte das Unternehmen eine Reihe neuer Körperpflegeprodukte wie etwa Seifen vor. Über eine aggressive Preisstrategie versucht der Konzern derzeit, Marktanteile zu gewinnen. Weil gleichzeitig Input-Güter günstiger werden, ziehen andere Hersteller mit Preissenkungen nach. Laut Angaben des Marktforschungsunternehmens Research and Markets beträgt die Marktgröße der Kosmetikbranche 2023 geschätzte 26 Mrd Dollar. Bis 2028 wird ein Anstieg auf 35,2 Mrd vorhergesagt. Statista geht von einem Branchenumsatz im Umfang von 27,2 Mrd Dollar für das Jahr 2023 aus und prognostiziert ebenfalls weiteres Wachstum. Insbesondere das Jahr 2022 brachte starke Umsatzzuwächse aufgrund der abflauenden Corona-Pandemie und dem Abbau von aufgestautem Konsumbedürfnissen.

Für die Jahre bis 2026 schätzen die Experten die jährlichen Umsatzwachstumsraten auf knapp über 3%. Online-Handel wächst Daten von Statista verdeutlichen die zunehmende Rolle des Online-Handels mit Kosmetika. Im ersten Halbjahr 2023 bestellten die Konsumenten knapp 13% der Produkte online, bis 2025 sollen es 18% werden, auch danach dürfte der Trend anhalten. Diese Entwicklung bedarf Verpackungen, die den Versand ermöglichen. Zu den wichtigsten Online-Portalen gehört NYKAA.

INDIEN / LUFT- & Raumfahrt

Über den Wolken liegt die Zukunft

Nach der geglückten Landung der Raumsonde „Chandrayaan-3“ gelang Indien als viertes Land der Welt die Aufnahme in den Club der Mondpioniere. Aber nicht nur extraterrestrisch konnte der Subkontinent reüssieren, auch die heimische zivile Luftfahrt bekommt zunehmend Auftrieb. Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management bei Franklin Templeton, schildert die Förderprogramme der Regierung des Landes sowie den starken Finanz-, IT- und Energiesektor.

Inzwischen dürfte die demografische Einschätzung bekannt sein, dass Indien die bevölkerungsreichste Nation der Welt ist – oder kurz davor steht.

Aber das Bevölkerungswachstum ist nicht das einzige, was in Indien an Fahrt aufnimmt. Eine wachsende Mittelschicht sorgt für eine verstärkte Reiselust, und das boomende Fluggeschäft und der Luftverkehrsmarkt des südasiatischen Landes gehören heute zu den am schnellsten wachsenden Märkten der Welt.

80 neue Flughäfen in Planung

Analysten gehen davon aus, dass sich die damit verbundenen staatlichen Ausgaben bis 2025 auf fast 12 Mrd US-Dollar belaufen werden, um die regionale Infrastruktur zu verbessern. In den kommenden fünf Jahren sollen sowohl die bestehenden Anlagen modernisiert als auch 80 neue Flughäfen gebaut werden.

Die zu Tata gehörende Fluggesellschaft Air India, die derzeit die größte internationale Fluggesellschaft des Landes, bestätigte im Juni eine Großbestellung von 470 Boeing- und Airbus-Passagierflugzeugen.

Als US-Präsident Joe Biden im selben Monat den indischen Premierminister Narendra Modi zu einem seltenen Staatsbesuch in Washington empfing, bezeichnete er den Boeing-Auftrag im Wert von 46 Mrd Dollar als „historisch“ und stellte fest, dass es sich um den zweitgrößten Flugzeugauftrag für Boeing aller Zeiten handelt. In der jüngeren Vergangenheit haben die beiden Länder eine engere Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen aufgenommen, darunter in der Rüstungsproduktion und bei technologischen Innovationen.

Deshalb ist es an der Zeit, Indien und den börsengehandelten Fonds mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wer ein breiteres Engagement in der indischen Wirtschaft anstrebt, sollte sich vor Augen halten, dass der indische Aktienmarkt gemessen am FTSE India RIC Capped Index im zweiten Quartal 2023 eine Rendite von mehr als 13% erzielen konnte. Die Anleger haben den schwachen Start des Marktes in das Jahr gut weggesteckt.

Die Benchmark ist mit einer Gewichtung von 21% auf den Finanzsektor ausgerichtet. Mit einer Gewichtung von jeweils etwa 12,5% sind Informationstechnologie und Energie die beiden nächstgrößten Sektoren.

Mega-Fusion löste Rallye aus

Letztes Jahr wurde Indien in Prognosen bezüglich seines rasanten Wachstums als Spitzenreiter bezeichnet, weil es in der Lage ist, seine Aktivität in komplexere Branchen zu diversifizieren. Nach Angaben des indischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie verfügt das Land über das drittgrößte Ökosystem für Technologie-Start-ups weltweit und weist ein hohes Maß an Unterstützung bei Finanzierung und Investitionen auf.

Das anhaltende Wirtschaftswachstum kam dem indischen Finanzsektor im letzten Quartal zugute. Und im Juli verhalf eine Mega-Fusion im Finanzsektor in Höhe von 40 Mrd Dollar zwischen der Housing Development Finance Corporation, dem größten Hypothekenfinanzierer des Landes, und der HDFC Bank dem indischen Markt zu einer Rallye. Das neue Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von rund 150 Mrd Dollar soll die viertgrößte Bank der Welt sein.

Die indische Regierung ist bestrebt, ihr öffentliches Bildungssystem zu reformieren, hat aber noch einen weiten Weg vor sich. Die derzeitigen nationalen Ausgaben für das indische Bildungssystem belaufen sich nach Angaben der Weltbank auf etwa 4,5% des Bruttoinlandsprodukts und reichen damit nicht an Modis Zusage von 6% des BIP heran. Bei der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen fehlt es immer noch an grundlegenden Lese-, Schreib- und Rechenkenntnissen.

Allerdings kann es vorkommen, dass Unternehmen bei der Unterstützung des Zugangs zur Hochschulbildung einspringen, vor allem bei der wettbewerbsorientierten Expansion der Bereiche Back-Office-Processing und High-Tech-Produktion. Wenn es Indien gelingt, sein Angebot an qualifizierten Arbeitskräften zu erweitern, könnte es mehr Produktionsbetriebe aus anderen asiatischen Ländern anziehen, auch aus China, wo die Mindestlöhne tendenziell höher sind und die Arbeitnehmer nun mehr fordern.

Vor über zehn Jahren hat Indien mit der Einführung seines nationalen Identifikationsprogramms Aadhaar, das biometrische Ausweise zum Nachweis des Wohnsitzes verwendet, eine solide Grundlage für eine stärker digitalisierte Wirtschaft geschaffen. Daraus haben sich zahlreiche soziale Vorteile ergeben, und die digitale finanzielle Integration wurde vorangetrieben.

Natürlich ist die Schaffung von Arbeitsplätzen weiterhin eine Herausforderung, aber die Inlandsnachfrage hat angezogen. Zudem werden die indischen Verbraucher wahrscheinlich über ein höheres Einkommen verfügen, und da sich die Einkommensverteilung verschiebt, könnte der Gesamtkonsum stark ansteigen. Goldman Sachs Research hat prognostiziert, dass das indische BIP das des Euroraums im Jahr 2051 und das der USA 2075 überholen wird.

Neben dem beachtlichen Ausbau der Infrastruktur, dem Wachstum des Finanzsektors und einer vielfältigen Bevölkerung sind Indiens bemerkenswerte Fortschritte bei der Umstellung auf saubere Energie ein weiterer interessanter Aspekt für Anleger.

Die Weltbank hat unlängst eine Finanzierung in Höhe von 1,5 Mrd Dollar genehmigt, um die Entwicklung des indischen CO₂-armen Energiesektors zu beschleunigen. Die Internationale Energieagentur rechnet außerdem damit, dass Indien in den kommenden Jahren Kanada und China überholen und zum drittgrößten Ethanolmarkt der Welt (nach den USA und Brasilien) aufsteigen wird.

INDONESIEN / AUSSENHANDEL

Kommt ein E-Commerce-Importverbot?

Ende Juli kündigte der indonesische Handelsminister Zulkifli Hasan an, dass die Regierung daran arbeite, ein Verbot für importierte Waren im Wert von weniger als 100 US-Dollar pro Stück – die über Online-Marktplätze oder soziale Medien gekauft werden – einzuführen, so „South China Morning Post“. Damit sollen die kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU) des Landes geschützt werden.

Billige Fälschungen und Wegwerfmode haben den indonesischen Markt in den letzten Jahren überschwemmt, nicht zuletzt dank des kometenhaften Aufstiegs von E-Commerce-Websites wie Shopee und Lazada aus Singapur und Tokopedia aus Jakarta. Das Problem ist inzwischen so groß, dass selbst indonesische Wiederverkäufer – die vom Verkauf billiger, im Ausland gekaufter Waren profitieren – befürchten, selbst unterboten zu werden, so Dr. Astrid Meilasari-Sugiana von der Bakrie-Universität in Jakarta, die sich mit KKMUs beschäftigt.

TikTok stellt „Project S“ zurück

TikTok, das Milliarden ausgibt, um sich ein eigenes Stück vom südostasiatischen E-Commerce-Kuchen abzuschneiden, sah sich in den letzten Monaten gezwungen, einer besorgten indonesischen Regierung zu versichern, dass es seine „Project S“-Initiative nicht in dem Land einführen würde. Die chinesische Kurzvideo-App hat mit ihrem Schwenk zum E-Commerce in Südostasien bereits Erfolg gehabt, indem sie ihren Nutzern erlaubt hat, Waren über die Plattform zu verkaufen, und will nun auch Eigenmarkenprodukte über „Project S“ anbieten, ähnlich wie die „Made by JD“-Linie von JD.com oder Amazon Basics.

Der Schritt zur Eindämmung von Billigimporten wurde von vielen KKMU begrüßt, hat aber auch Bedenken hinsichtlich der Durchsetzung aufgeworfen. Einige Beobachter betrachten den Vorstoß als populistischen Trick, um vor den im Februar anstehenden Parlamentswahlen Stimmen zu gewinnen. Saxena von Torajamelo stellte die Wirksamkeit der Politik in Frage: “Wenn man eine Route [für Billigimporte] schließt, werden sie immer noch auf anderem Wege kommen“. „Es wird auch [größere] Käufer geben, die das Geld haben, die Strafe zu zahlen und damit davonzukommen“, sagte sie.

Indonesien ist nicht allein, wenn es um die Herausforderungen geht, die der grenzüberschreitende Wettbewerb mit sich bringt. Auch Thailand und Vietnam gehören zu jenen, die in den letzten Jahren ebenfalls von einer Flut billiger und gefälschter Schuhe, Kleidung und anderer Waren – insbesondere aus China – betroffen waren.

Gemessen am Umsatzwert ist Indonesien heute der größte E-Commerce-Markt Südostasiens, so das Risikokapitalunternehmen Momentum Works in seinem Juni-Bericht.

In dem Bemühen, die Flut von Billigimporten einzudämmen, nachdem die Zahl der eingehenden Pakete um mehr als 800% gestiegen war, senkte Jakarta ab Januar 2020 den De-minimis-Satz. Diese Schwelle, ab der Einfuhrzölle und Steuern erhoben werden, wurde so statt von zuvor ab 75 schon ab 3 US-Dollar pro Sendung fällig.

Damit wurde zwar den ausländischen Wiederverkäufern, die über offizielle Plattformen wie Lazada und Shopee operieren, ein Riegel vorgeschoben. Der Handel verlagerte sich aber einfach in die Schattenwirtschaft und in die sozialen Medien mit Verkäufen über Apps wie Facebook, WhatsApp und TikTok.

INDONESIEN / LANDWIRTSCHAFT

Modernisierungsdruck in der Veredelung

Indonesien muss immer mehr Nahrungsmittel einführen. Seit 2007 ist der Archipel Nettoimporteur. Dabei ist Zucker der wertmäßig zweitgrößte Posten, nach Weizen. Im Jahr 2022 wurden 2,7 Mrd US-Dollar für Zuckerimporte aufgewendet – Tendenz steigend. Während Weizen aus klimatischen Gründen im tropischen Land nicht angebaut werden kann, hat der Zuckerrohranbau dort eine lange Tradition. Aber: Die Anbauflächen sind viel zu klein, um den heimischen Bedarf zu decken.

Nur auf etwa 500.000 ha wird in Indonesien Zuckerrohr angebaut, überwiegend in Ost- und Zentraljava sowie in der Provinz Lampung an der Südspitze Sumatras. Das entspricht lediglich etwa 3% des Palmölanbaus und 5% des Reisanbaus. Auf mindestens 350.000 ha müsste zusätzlich Zuckerrohr angebaut werden, um dem von der Regierung ausgegebenen Ziel der Selbstversorgung näher zu kommen (die Angaben schwanken je nach Quelle). Das Zentrum der Nahrungsmittelproduktion ist die dicht bevölkerte Insel Java. Neue Anbauflächen müssen also vor allem anderswo im riesigen Inselstaat gefunden werden.

Die bestehende Versorgungslücke wird durch den Import von Rohzucker vor allem aus Indien und Thailand gedeckt. Dieser wird dann in Indonesien zu weißem Haushaltszucker („Crystal White Sugar“) und zu Industriezucker („Double Refined Sugar“) für den Nahrungsmittel- und Getränkesektor verarbeitet.

Sektor ist abhängig von Technologieimporten

Die Verarbeitungsbetriebe im Land sind hoffnungslos veraltet. Laut Industrieministerium gibt es im Land derzeit 62 Zuckerfabriken, die Zuckerrohr zu Rohzucker verarbeiten. Die gemeinsame Verarbeitungskapazität liegt bei 2,4 Mio t. Mehr als die Hälfte von ihnen ist zwischen 100 und 184 Jahren alt. Ihre Produktivität ist deshalb zumeist gering.

Die meisten Zuckerfabriken sind im Besitz von Staatsunternehmen, die auch viele andere Bereiche in der Landwirtschaft dominieren. Angesichts mangelnder Verarbeitungskapazitäten sollen einige stillgelegte Anlagen wieder in Betrieb genommen werden, schreiben die Marktanalysten von Data Consult. Vor allem aber sollen neue Anlagen gebaut werden.

Laut Data Consult gibt es derzeit 25 Betriebe in Indonesien, die im nächsten Verarbeitungsschritt aus Rohzucker weißen Haushaltszucker herstellen können. Etwa 2,5 Mio t werden davon jährlich im Land produziert. Seit rund 20 Jahren stellt Indonesien auch Industriezucker her.

Derzeit sind für dessen Herstellung elf Anlagen in Betrieb. Die Produktion von beiden Zuckerarten erfolgt – so ist es politisch verordnet – durch jeweils unterschiedliche unternehmerische Einheiten. Industriezucker ist für die heimische Nahrungsmittel- und Getränkebranche bestimmt und darf nicht exportiert werden.

Angesichts der steigenden Nachfrage werden für den Neubau und die Modernisierung von Zuckerfabriken und -raffinerien Milliardeninvestitionen benötigt. Indonesien stellt selbst nur einfache Anlagen her, Hochtechnologie kommt grundsätzlich aus dem Ausland. Zu den etablierten Anbietern von entsprechender Verarbeitungstechnologie im Archipel gehört unter anderem thyssenkrupp.

Selbstversorgung rückt in die Ferne

Hauptproblem bleibt aber die zu geringe Produktion von Zuckerrohr. Dabei ist die politische Vorgabe einer Selbstversorgung nicht neu. Im Jahr 2018 gab die Regierung das Ziel aus, die Anbauflächen von damals 416.000 ha bis 2029 auf 735.000 ha zu steigern. Knapp zur Hälfte dieser Zeitspanne wurde nach Angaben des Statistikamtes BPS die entsprechende Fläche aber nur um etwa 20% der Zielmarke gesteigert.

Im selben Zeitraum ist der Import von Rohzucker sowohl in der Menge als auch im Wert deutlich angestiegen. Denn angesichts steigenden Wohlstands und eines jährlichen Bevölkerungswachstums von fast 3 Mio Menschen wächst der Bedarf nach Zucker kontinuierlich. Unter Indonesiern sind Süßspeisen und stark gezuckerte Getränke sehr beliebt.

Die Politik verhängt, so wie bei vielen Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln, auch bei Rohzucker Importquoten. Die Branche soll auf diese Weise zu mehr Investitionen in die Produktion im Land bewegt werden. Gleichzeitig ist Zucker aber Teil der Grundversorgung. Die Regierung muss daher ausreichende Mengen und erschwingliche Preise garantieren – und das notfalls mit Subventionen.

Agrarwirtschaft erzielt schwache Erträge

Das fruchtbare Indonesien leidet unter einer im Vergleich zu Malaysia und Thailand ertragsschwachen Landwirtschaft. Praktisch alle Grundnahrungsmittel müssen daher eingeführt werden, seien es Reis, Zucker, Mais, Soja, Milch oder Rindfleisch. Ein Grund: Der Agrarsektor ist mit 30 Mio Kleinbauern (das entspricht etwa drei Viertel aller Bauern) ausgesprochen kleinteilig strukturiert.
Die Parzellen vieler Reisbauern sind so klein, dass sie als Netto-Nahrungsmittelempfänger gelten. Sie können sich weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel leisten, ihr Saatgut ist minderwertig. Auch gibt es zu wenig Know-how über moderne Anbaumethoden.

Der Zuckerrohranbau hat bessere Entwicklungschancen, denn er findet immerhin knapp zur Hälfte auf Plantagen statt. Dennoch liegen auf den Plantagen die Hektarerträge deutlich unter denen der Nachbarländer. Nur Plantagen verzeichnen Zuwächse an Flächen, bei den Kleinbauern gab es in den vergangenen Jahren laut BPS keine nennenswerten Erweiterungen, teilweise sogar Einbußen.

Die indonesische Landwirtschaft war lange weitgehend geschlossen für ausländische Investoren (mit Ausnahme des Palmölsektors). Die Reform des Investitionsrechts hat den Sektor geöffnet. Dennoch gilt er nicht als investitionsfreundlich.

KAMBODSCHA / INVESTITIONEN

Neues Gesetz schafft offene Bedingungen

Die Investitionen in Ausrüstungen, Bauten und Anlagen in Kambodscha erreichten 2022 einen Wert von 9,3 Mrd US-Dollar. Dies waren 2,3 Mrd Dollar mehr als 2021. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt schnellte nach Angaben der Weltbank auf 31%. Investitionen der Privatwirtschaft machen dabei rund zwei Drittel der Bruttoanlageinvestitionen aus, sie legten ebenfalls stark zu.

Kambodscha war 2021 weltweit der elftgrößte Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft. Die Zuflüsse beliefen sich auf 13% des BIP. Laut der Zentralbank legten die FDI im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr nochmal um 0,1 Mrd auf 3,6 Mrd Dollar zu. In fast allen Branchen können Ausländer ein Unternehmen gründen, das ihnen vollständig gehört. Darüber hinaus gibt es großzügige Förderungen, die von der Branche, der eingesetzten Technologie und dem Kapitaleinsatz abhängen. Das Investitionsgesetz aus dem Jahr 2021 verbessert den Investitionsschutz, und Investoren dürfen im Einklang mit den Vorschriften der Zentralbank Geld ins Ausland überweisen, etwa für Einfuhren, die Zahlung von Zinsen, Gebühren und Gewinne. Das Gesetz definiert auch Branchen, die besonders förderungswürdig sind und zusätzliche Vergünstigungen erhalten. Dazu zählen alle Industrien mit hoher Wertschöpfung oder solche, die Teil regionaler und globaler Produktionsketten sind.

Ernährungswirtschaft, Elektroindustrie, Maschinenbau, Digitalwirtschaft, Infrastruktur, Umwelt, erneuerbare Energie, Bildung, Gesundheit, Logistik und Tourismus zählen dazu. Das im Juni 2023 verabschiedete Dekret zum Investitionsgesetz (Sub-Decree 139) regelt, wie Investitionsprojekte zu registrieren sind. Das Verfahren wurde weiter vereinfacht, die Bearbeitungszeit beträgt nur 20 Arbeitstage. Das Dekret enthält auch eine Negativliste mit Aktivitäten, die sich nicht für die Förderung qualifizieren.

Investitionen können je nach Projekt für drei, sechs oder neun Jahre vollständig von der Steuer auf Erträge (Standardsatz 20%) befreit werden. Danach gelten für eine Übergangszeit reduzierte Sätze. Investoren mit hohem Kapitaleinsatz können statt der Steuerbefreiung für bis zu neun Jahre Sonderabschreibungen auf ihre Investitionskosten beantragen. Weitere Anreize sind Befreiungen von Einfuhrabgaben und der Mehrwertsteuer (Standardsatz 10%). Bei der Gründung von Vertriebsniederlassungen und Partnersuche vor Ort unterstützt die Plattform German Business in Cambodia. Kambodscha ist Mitglied der südostasiatischen Freihandelszone AFTA und gehört seit 2022 auch der weltgrößten Freihandelszone Regional Comprehensive Economic Partnership an. Darüber hinaus hat es bilaterale Freihandelsabkommen etwa mit China, Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen.

SWZ lösen Probleme

Der Besitz von Grund und Boden ist Ausländern untersagt. Sie können allerdings Pachtverträge abschließen, Landkonzessionen erwerben oder über Holdingstrukturen mit einer Minderheitsbeteiligung Grundstücke kaufen. Sonderwirtschaftszonen bieten Investoren einen „One-Stop-Service“. Dieser umfasst unter anderem das Investitionsverfahren und die Abwicklung von Import- und Exportgeschäften. Private und staatliche Stellen betreiben 24 SWZ, weitere sind geplant.

MALAYSIA / LOGISTIK

Maritimes Schwergewicht

Malaysia verfügt über eine günstige strategische Lage zwischen der Straße von Malakka und dem Südchinesischen Meer. Im Jahr 2022 trug der Sektor Transport und Lagerhaltung allein 3,5% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Beim Logistics Performance Index der Weltbank lag das Land im Jahr 2023, wie auch die Jahre zuvor, im oberen Viertel. Die Häfen schlugen im Jahr 2021 rund 26,7 Mio TEU um. Das entspricht etwa 3,3% des globalen Containerumschlags. Damit ist Malaysia regional sowie global ein maritimes Drehkreuz.

Die beiden größten, Port Klang und Tanjung Pelepas, waren 2021 allein für etwa 93% des malaysischen Gesamtumschlags verantwortlich. Laut Branchenverband World Shipping Council belegen sie weltweit Platz 12 (Klang) und Platz 19 (Tanjung Pelepas). Der Hafen Klang verantwortet sowohl Transshipments als auch einen großen Teil der Im- und Exporte des Landes. Die Anbindungen an Schiene und Straße rund um das wirtschaftliche Zentrum Klang Valley sind gut ausgebaut. Der Hafen Tanjung Pelepas verfügt aber über bessere Lagerkapazitäten. Wegen schwächelnder Nachfrage am Weltmarkt in der ersten Hälfte 2023 besteht dort seit einiger Zeit eine hohe Nachfrage nach Flächen für Leercontainer.

Ein Container von Malaysia benötigt circa 5 Wochen nach Deutschland. Der Binnentransport wird überwiegend über das Straßennetz abgewickelt, deren Infrastruktur regional erheblich variiert. Auf der malaysischen Halbinsel gestaltet sich der Transport über gut ausgebaute Autobahnen und Schnellstraßen weitgehend unproblematisch, abgesehen von gelegentlichen Staus in Ballungszentren wie dem Großraum Kuala Lumpur. Die wirtschaftlichen Zentren im Westen der Halbinsel sind über den knapp 800 km langen North-South Expressway verbunden. Der East Coast Expressway verbindet die Westküste mit der Ostküste. Mautgebühren variieren je nach Fahrzeugklasse und Distanz. Von Penang nach Kuala Lumpur fallen für einen Lkw der Klasse C etwa 85 Malaysische Ringgit, für Klasse B knapp 64 Ringgit an.

Auf Borneo stockt der Straßenausbau schon seit Jahren. Vor Jahrzehnten schon wurde der sogenannte Pan Borneo Highway angekündigt. Er befindet sich bis heute im Bau. Die Autobahn soll an Indonesien angrenzen und gewinnt mit der Verlagerung der indonesischen Hauptstadt nach Ostkalimantan an logistischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Nicht einmal 2% des Landtransports erfolgen über die Schiene, obwohl diese gerade bei gefährlichen Gütern die sicherste Option darstellt. Potenziale werden hier nicht ausgeschöpft, denn die Kosten sind verhältnismäßig hoch, Staus bei der Bahn verzögern die Lieferzeiten und Personenzüge erhalten häufig Vorrang. Mit der geplanten Fertigstellung des teuren Prestigeprojekts East Coast Rail Link im Jahr 2027 könnte die Schiene an Attraktivität gewinnen.

Höhere Nachfrage nach Digitalisierung und ESG

Die malaysischen Häfen müssen sich modernen Herausforderungen wie der Automatisierung und Digitalisierung oder der Lagerung von Green Fuels stellen. Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien werden auch bei Häfen mehr und mehr nachgefragt. Eine weitere Entwicklung ist der Trend zu immer größeren Containerschiffen. Das malaysische Transportministerium geht davon aus, dass kleinere Häfen in Zukunft Direktverbindungen einbüßen und vermehrt die Rolle als regionale „Speichen“ in einem „Hub and Spokes“-System einnehmen könnten.

SÜDKOREA / ELEKTRONIK

Samsung bringt neue DDR5-Chips an den Start

Die südkoreanische Samsung bringt neue 32-Gigabit-Double-Data-Rate-5 DRAM-Chips an den Start. Wie der Konzern mitteilte, handelt es sich dabei um die bisher fortschrittlichsten 12-Nanometer-DDR5-Chips, die 10% weniger Strom verbrauchen als die bestehenden 16-Gigabit-Chips. Die neuen Chips werden es Samsung ermöglichen, „den wachsenden Bedarf an DRAM mit hoher Kapazität in der Ära von KI und Big Data zu decken“, wobei die Massenproduktion bis Ende 2023 beginnen soll.

Europa

DEUTSCHLAND / KONJUNKTUR

Deutsche Unternehmen erwarten niedrigere Preise

Die Inflation in Deutschland dürfte nach Angaben des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung weiter sinken. Die Preiserwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate seien etwas zurückgegangen, gehe aus den Konjunkturumfragen des Instituts hervor. Sie fielen im August auf 14,7 Punkte, von 16,3 im Juli, wie das Institut mitteilte. Bei den Einzelhändlern sank der Saldo der Preiserwartungen nur von 34,9 auf 33,5 Punkte, in der Gastronomie von 47,8 auf 46,6 Punkte, beim Handel mit Nahrungs- und Genussmitteln von 55,3 auf 55,1 Punkte.

„Im Gegensatz dazu ist der Preisanstieg in der Industrie wohl fast gestoppt“, sagte Wollmershäuser weiter. Die Preiserwartungen sanken dort auf 3,7 von 4,0 Punkten im Juli. Hinter diesem Durchschnitt verbergen sich laut den Angaben jedoch gegenläufige Entwicklungen: Die Autohersteller planten noch, ihre Preise anzuheben (plus 21,6 Punkte), die Papierhersteller dagegen, sie zu senken (minus 48,1).

DEUTSCHLAND / RECHT

Neue BAFA-Handreichung zum LkSG

Verpflichtete Unternehmen müssen regelmäßig Anforderungen an ihre Zulieferer stellen, um ihre gesetzlichen Sorgfaltspflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu erfüllen. Somit hat das Gesetz auch Auswirkungen auf Unternehmen, die nicht dem Anwendungsbereich des LkSG unterliegen.
Dem Spannungsverhältnis zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern widmet das zuständige BAFA seine neueste Handreichung.

Das LkSG ist seit Januar in Kraft und verpflichtet Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 Arbeitnehmern zu weitreichenden Compliance-Maßnahmen zum Menschenrechts- und Umweltschutz in ihren Lieferketten. Zum 1. Januar 2024 sinkt die Schwelle auf 1.000 Arbeitnehmer. Bereits heute sind indes praktisch alle Unternehmen in Deutschland betroffen, da die Verpflichteten ihre Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Risikoanalyse, Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie das Beschwerdeverfahren nur erfüllen können, wenn sie ihre Zulieferer einbeziehen.

Zuliefererkreis wird weit gezogen

Die bisherige Praxis zeigt, dass die verpflichteten Unternehmen vorsorglich den Kreis ihrer Zulieferer weit ziehen, unterstützt durch spezifische IT-Systeme umfangreiche Auskunftsbegehren an die Zulieferer richten und ihre Zulieferer vertraglich auf weitreichende Lieferantenkodizes verpflichten, soweit sie dies durchsetzen können.

Die Unternehmen versuchen dabei regelmäßig, einen schematischen Ansatz zu finden, um mit endlichen Ressourcen eine möglichst umfassende Risikoanalyse durchführen und weitreichend Präventionsmaßnahmen treffen zu können. Die Zulieferer stehen deshalb unter einem erheblichen Befolgungsdruck und sehen sich regelmäßig mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kodizes und Klauseln konfrontiert, obwohl das LkSG auf sie selbst keine Anwendung findet. Diese mittelbare Einbeziehung der Zulieferer in die Pflichten ist gesetzgeberisch gewünscht. Gleichwohl dürfte die aktuelle Handreichung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zur Zusammenarbeit in der Lieferkette dazu führen, dass sich der Druck auf die mittelbar betroffenen Unternehmen verringert.

Das BAFA plädiert freilich nicht für eine Verringerung des Sorgfaltsmaßstabs. Es macht aber deutlich, dass weitreichende Anforderungen an die Zulieferer nicht geeignet sind, die Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn die Informationsabfragen pauschal erfolgen und Präventionsmaßnahmen unterschiedslos ohne Beachtung des konkret identifizierten menschenrechts- oder umweltbezogenen Risikos angewendet werden. Das BAFA verlangt im Ergebnis ein risikobasiertes und damit individuelles Vorgehen.

Das BAFA hält zunächst fest, dass Zulieferer, auf die das LkSG keine Anwendung findet, die gesetzlichen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen müssen und gegenüber dem BAFA auch nicht berichts- oder rechenschaftspflichtig sind. Diese Unternehmen haben keine Kontrollen, Zwangsmaßnahmen oder Sanktionen seitens des BAFA zu befürchten.

Pflichten können sich für nicht verpflichtete Zulieferer nur aus Vereinbarungen mit verpflichteten Unternehmen ergeben, die jene anstreben, um ihre eigenen gesetzlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Ob diese Zulieferer solche Vereinbarungen eingehen, steht ihnen rechtlich frei. Daher beschäftigt sich die Handreichung des BAFA auch allein mit der Frage, durch welche Vereinbarungen mit oder Maßnahmen gegenüber den Zulieferern die verpflichteten Unternehmen ihre gesetzlichen Pflichten erfüllen können.

Das BAFA stellt unmissverständlich klar, dass die verpflichteten Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten nach dem LkSG nicht dadurch erfüllen können, dass sie diese auf ihre Zulieferer übertragen. Daher soll die gesetzlich vorgesehene Risikoanalyse nicht durch eine vertragliche Zusicherung einer risikofreien Lieferkette ersetzt werden können. Auch das Einfordern von pauschalen Selbstauskünften ohne Bezugnahme auf das spezifische Risiko eines Zulieferers soll nicht genügen, um die Sorgfaltspflicht zur Durchführung einer Risikoanalyse zu erfüllen.

Die Intensität der Nachforschungen soll daran orientiert sein, ob bei dem Zulieferer ein geringes, mittleres oder hohes Risiko erkennbar ist. Gleiches soll nach der Handreichung für die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen gelten. Werden diese unterschiedslos, also ohne Bezug auf das konkrete Ergebnis der Risikoanalyse angewendet, sind sie nach Ansicht des BAFA unangemessen. In vergleichbarer Weise argumentiert das BAFA im Hinblick auf Abhilfemaßnahmen und das Beschwerdeverfahren – auch in diesen Bereichen ist in der Regel ein Zusammenwirken zwischen verpflichtetem Unternehmen und Zulieferer erforderlich.

Folgerungen für verpflichtete Unternehmen

Die Ausführungen des BAFA sollten keinesfalls dahingehend missverstanden werden, dass es verpflichteten Unternehmen verwehrt wäre, freiwillig Informationsanfragen an Zulieferer zu richten oder Anforderungen an diese zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu stellen und vertragliche Vereinbarungen zu verlangen, um die Einhaltung durchzusetzen und zu kontrollieren. Das BAFA stellt vielmehr fest, dass dies allein nicht unbedingt ausreicht, um die gesetzlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen.

Bei Informationsabfragen gegenüber Zulieferern wird von verpflichteten Unternehmen zu fordern sein, dass sie die Abfrage unter Bezugnahme auf das festgestellte abstrakte Risiko sowie ihre Risikopriorisierung begründen und die angeforderten Informationen auf die betroffenen Rechtspositionen beschränken.

Auch die Verankerung von Präventionsmaßnahmen, insbesondere durch vertragliche Vereinbarungen, muss im Hinblick auf die festgestellten Risiken erfolgen. Dies kann auch nachträglich geschehen, wenn die Geschäftsbeziehung überhaupt nur auf Grundlage eines gegengezeichneten Lieferantenkodex zustande kommt. Für die Zwecke des LkSG ist diese Maßnahme erst dann wirksam, wenn die Einhaltung unter Verweis auf konkrete Risiken verlangt wird. Die Herausforderung für verpflichtete Unternehmen besteht darin, ihre Prozesse trotz dieser Anforderungen effizient zu gestalten. So können Zulieferer mit vergleichbaren Risikoprofilen zu Gruppen zusammengefasst werden, die bei der konkreten Risikoanalyse und/oder bei Präventionsmaßnahmen gleichbehandelt werden.

Folgerungen für nicht verpflichtete Zulieferer

Nicht verpflichtete Zulieferer werden häufig von ihren Kunden auf vielfältige Art und Weise in Anspruch genommen. In vielen Konstellationen sehen sich Unternehmen gezwungen, die vorgelegten Lieferantenkodizes zu zeichnen, auch wenn sie darin enthaltene Verpflichtungen nicht erfüllen können oder wollen.

Die Handreichung des BAFA liefert diesen Unternehmen zahlreiche Ansatzpunkte, um überzogenen Anforderungen ihrer Kunden entgegenzutreten. Zwar lässt sich der Handreichung nicht entnehmen, dass weitreichende pauschale Anforderungen rechtlich unzulässig sind. Die Unternehmen können diese aber als unangemessen zurückweisen und darauf hinweisen, dass die Kunden damit ihre gesetzlichen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen können.

Die Zulieferer können in jedem Fall eine Begründung verlangen, aufgrund welcher Risikobewertung bestimmte Informationsabfragen erforderlich sind und inwieweit die Ergebnisse der Risikoanalyse bestimmte Präventionsmaßnahmen erfordern. Sie können ihre Kunden zudem auf deren gesetzliche Pflichten verweisen, die Zulieferer bei der Umsetzung zu unterstützen.

Die Handreichung gibt Aufschluss darüber, welches Verhalten das BAFA von den verpflichteten Unternehmen bei der Erfüllung von denjenigen Sorgfaltspflichten nach dem LkSG erwartet, die eine Zusammenarbeit mit den Zulieferern erfordern. Ein pauschales Vorgehen ist nicht geeignet, die Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Dies gilt selbst dann, wenn verpflichtete Unternehmen sehr umfangreiche Anforderungen an ihre Zulieferer stellen. Gefordert wird ein risikobasiertes, spezifisches Vorgehen.

Für Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktmacht an sich weitreichende Anforderungen unterschiedslos gegenüber ihren Zulieferern durchsetzen können, können die Anforderungen des BAFA zu einem bedeutenden Mehraufwand führen. Aus Sicht der betroffenen Zulieferer liefern die Ausführungen des BAFA viele Ansatzpunkte, um sich gegen allzu weitgehende Anforderungen ihrer Kunden zu wehren und Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen einzufordern.

Dr. Hartmut Henninger
Rechtsanwalt und Partner,
GvW Graf von Westphalen

DEUTSCHLAND / STAHL

Salzgitter setzt wegen Aurubis Ergebnisprognose aus

Salzgitter setzt die Ergebnis-Prognose für das Gesamtjahr vorläufig aus. Als Grund gab der Konzern an, dass die Aurubis AG, an der Salzgitter knapp 30% hält, am Vortag ihren Ausblick zurückgezogen, aber keinen neuen Ausblick für das Gesamtjahr abgegeben hat. Eine angepasste Prognose werde das Unternehmen herausgeben, sobald Aurubis seine neuen Ziele veröffentlicht habe. Bisher hat Salzgitter für 2023 einen Umsatz zwischen 11,5 und 12 Mrd Euro, ein EBITDA zwischen 750 und 850 Mio Euro sowie einen Vorsteuergewinn zwischen 300 und 400 Mio Euro angepeilt.

EUROPA / INDUSTRIE

Eurozone steckt im August in der Krise fest

Die Industrie im Euroraum hat im August weiter tief in der Krise festgesteckt, wenngleich sie ihre Talfahrt etwas verlangsamen konnte. Der Einkaufsmanagerindex für den Sektor legte auf 43,5 Punkte (Vormonat: 42,7) zu, wie S & P Global bei einer zweiten Veröffentlichung mitteilte. Bei der ersten Veröffentlichung war ein Wert von 43,7 Zähler ausgewiesen worden.

Der Einbruch beim Neugeschäft und die rasante Abnahme der Auftragsbestände sorgte für massive Produktionskürzungen. Die Beschäftigung sank ein weiteres Mal geringfügig, während die Einkaufsmenge aufgrund des anhaltenden Lagerabbaus drastisch reduziert wurde. Gleichzeitig fiel der sechste Rückgang der Einkaufspreise in Folge erneut stark aus, weshalb die Verkaufspreise abermals herabgesetzt wurden, nicht zuletzt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte aufrecht zu erhalten, wie S & P Global erläuterte.

EUROPA / UMWELTSCHUTZ

EU muss sich rasch wappnen für die Transformation

Die Stiftung Klimaneutralität in Berlin hat die Bundesregierung und die EU aufgefordert, die Wirtschaft während des Umbaus zur Klimaneutralität möglichst rasch zu wappnen gegen externe Schocks und Verwerfungen. So gelte es, die Lieferketten für sieben kritische Rohstoffe sowie sieben Schlüsseltechnologien zu stärken. „Es gilt vorzusorgen und die Fehler der Vergangenheit hinsichtlich einseitiger Importabhängigkeiten von wenigen Ländern nicht zu wiederholen“, mahnte die Stiftung Klimaneutralität mit Blick auf die bis 2045 anvisierte Klimaneutralität in Europa.

Die Studie mit dem Titel „Souveränität Deutschlands sichern – Resiliente Lieferketten für die Transformation zur Klimaneutralität 2045“ identifiziert sieben kritische Rohstoffe und sieben Schlüsseltechnologien, die sowohl für den Erfolg der Klimaschutzstrategien als auch für die politische Souveränität Deutschlands und der EU besonders relevant seien.

Zu den sieben Schlüsseltechnologien zählt die Stiftung Windkraft, Photovoltaik, Lithium-Ionen-Batterien, Permanentmagnete, Elektrolyseure, Wärmepumpen sowie DRI-Schachtöfen zur Produktion von grünem Stahl. Für die sieben Schlüsseltechnologien werden sieben Rohstoffe hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit in Zukunft als kritisch eingestuft: Lithium, Iridium, (schwere und leichte) seltene Erden, Kobalt, Nickel, Graphit und Mangan. Diese Rohstoffe gelte es vordringlich zu sichern, so die Forscher.

Die Studie betont, es gehe immer darum, die gesamte Lieferkette in den Blick zu nehmen. Denn die Resilienz der Lieferkette sei nur so robust, wie ihr schwächstes Glied. Die Forscher fordern, dass stabile und transformationsorientierte Partnerschaften mit Drittländern, etwa Australien, Brasilien, Chile, Ghana, Indonesien, Kanada, Kolumbien, Madagaskar, Malawi, Mosambik, Namibia sowie Südafrika aufgebaut werden müssten.

Außerdem sei ein frühzeitiger Aufbau von langfristigen Handlungsstrategien für den Aufbau von Recyclingkapazitäten dringend geboten. Darüber hinaus seien die Verringerung der Rohstoffintensitäten oder alternative technologische Optionen eine wichtige Säule resilienzorientierter Politik, so die Studie.

Die Forschenden fordern zudem, dass stabile heimische Absatzmärkte aufgebaut beziehungsweise gesichert und die Ansiedlung von kritischen Teilen der Lieferkette forciert werden müssten. Besonders relevant seien zudem beim Aufbau der Photovoltaik-Industrie Ingots, Wafers, Solarglas, Photovoltaik-Zellen und Modulzellen-Produktion. Beim Aufbau der Windkraftanlagen und Elektromobilität betreffe dies Permanentmagnete, ein Herzstück von Generatoren und Motoren, in der gesamten Lieferkette von seltenen Erden bis hin zum fertigen Magneten.

In der Elektromobilität betreffe dies die gesamte Lieferkette von Lithium-Ionen-Batterien. Beim Direktreduktionsverfahren mit Schachtöfen für die Produktion von grünem Stahl müsse „sehr frühzeitig“ investiert werden. Denn der steigenden Nachfrage nach Fertigungsanlagen für grünen Stahl mittels Wasserstoffreduktion stünden nur sehr geringe Kapazitäten einer Handvoll Anlagenfertigern gegenüber.

Osteuropa & Zentralasien

ALBANIEN / FÖRDERUNG

Perspektive Europa

Das kleine Albanien hat seit Ende der 1980er-Jahre sich sozial und wirtschaftlich deutlich weiterentwickelt. Besonders der KfW hat Tirana seit Beginn der Zusammenarbeit 1988 mit rund 1,2 Mrd Euro unterstützt, wie die Bank berichtet. „Das ist angesichts von etwa 2,5 Mio Einwohnern eine beachtliche Summe. Albanien gehört zu unseren wichtigsten Kooperationspartnern in Südosteuropa“, sagt die Büroleiterin Brit Horschke in der Hauptstadt.

Die KfW unterstütze Albanien dabei, die Bedingungen für den Beitritt zur Europäischen Union zu erfüllen. „Das Land hat eine neue Nationale Entwicklungs- und Integrationsstrategie (NDSEI) bis 2030 verabschiedet, die richtungsweisend für die Annäherung an die EU ist“, so Horschke. Im Einklang mit der Länderstrategie des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) orientiere sich das KfW-Engagement an der NDSEI. „Mit unseren Schwerpunkten im Energiesektor, bei der nachhaltigen Stadtentwicklung und der beruflichen Bildung unterstützen wir drei der sechs zentralen NDSEI-Handlungsfelder“, betont Horschke. Deutschland sei heute der größte bilaterale und der führende Geber in den zentralen Förderbereichen Energie und nachhaltige Stadtentwicklung.

Große Auswahl an Projekten und Investitionen

Die KfW fördere nach eigenen Angaben die Investitionen in die Strominfrastruktur des Landes und den Ausbau von Hochspannungsleitungen in die Nachbarländer. Dabei seien die Verbindungen zwischen Albanien und Montenegro (155 km), Albanien und Kosovo (240 km) bereits fertiggestellt. Im Bau sei eine weitere Verbindung nach Nordmazedonien, derzeit untersucht werde der Ausbau der Leitungen nach Griechenland.

Das Land generiert fast 100% seiner Energie aus Wasserkraft – allerdings wirft diese Abhängigkeit vom Wetter auch Probleme auf. Bleibt der Regen aus, wird zu wenig Energie produziert. Bei viel Niederschlag muss Energie exportiert werden. Die Bank unterstütze laut Mitteilung derzeit aber auch die Instandsetzung des Wasserkraftwerks in Fierza, das jährlich fast 1.500 GWh Strom produziert und damit ein Viertel der in Albanien erzeugten Energie.

Eine wichtige Hilfe für den Beitrittsprozess zur Europäischen Union seien die Projekte in der Stadtentwicklung: Bislang ist auch in den urbanen Gebieten die Versorgung mit Trinkwasser nicht ausreichend und beträgt durchschnittlich nur rund 16 Stunden am Tag. Außerdem mangelt es bislang noch immer an einer ausreichenden Abwasser- und Abfallentsorgung. Die KfW liste daher Maßnahmen zur integrierten Abfallwirtschaft, wie zum Beispiel Einrichtungen für getrennte Müllsammlung und Recycling, unter den geförderten Projekten.

Zudem investiere man in Aus- und Weiterbildungszentren, die junge Männer und Frauen die Option biete, ihre technischen Fähigkeiten zu erweitern – die Ausbildung orientiere sich dabei praxisnah an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes. Für den Beitrittsprozess ist es nach Ansicht von Horschke entscheidend, dass neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch das Bildungswesen und die Gesundheitsversorgung verbessert werden. „Diese Bereiche sind – neben dem allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Umfeld, was sich viele Albaner noch transparenter und integrer wünschen – jene, die viele Menschen nach eigenen Angaben ins Ausland blicken und migrieren lässt“, weiß sie aus Erfahrung. Weitere Fortschritte bei der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung seien daher notwendig, damit qualifizierte junge Menschen im Land bleiben.

KASACHSTAN / PHARMA

DataMatrix-Code kommt

Die kasachische Regierung ergreift weitere Maßnahmen, um auf dem Markt für Arzneimittel die Verbreitung von Fälschungen und Grauimporten einzudämmen. Der Kreis der Medikamente, die digital gekennzeichnet sein müssen, wird mit Wirkung vom 1. Juli 2024 deutlich ausgeweitet.

Die Liste der digital zu kennzeichnenden Waren wurde zuletzt Anfang August ergänzt. Demnach soll das verpflichtende Labeling auf Basis von DataMatrix-Codes auf zahlreiche pharmazeutische Erzeugnisse aus weiteren 18 Warengruppen ausgeweitet werden. Die als fälschungssicher geltende digitale Kennzeichnungspflicht wird für sämtliche Chargen dieser Arzneimittel bindend sein – unabhängig davon, ob sie in Kasachstan hergestellt oder importiert werden.

Experten gehen davon aus, dass die Ausweitung dazu führen wird, dass ab Mitte 2024 der Umlauf fast aller Medikamente in Kasachstan nachverfolgbar sein wird. Zu den ab 1. Juli 2024 digital zu kennzeichnenden Produkten zählen:

  • Arzneiwaren (Warennummer 3004),
  • Husten- und Kräuterbonbons (1704.90.550.0),
  • Ethylalkohol zu medizinischen, therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken (2207.10.000.0, ex 2208.90),
  • Provitamine, Vitamine und Hormone (2936, 2937),
  • natürliche, auch synthetische hergestellte Alkaloide (2939),
  • Antibiotika (2941),
  • menschliches Blut, Antisera, Vakzine (ex 3002),
  • Röntgenkontrastmittel (3006.30.000.0),
  • empfängnisverhütende chemische Zubereitungen (3006.60.000),
  • wässrige Lösungen ätherischer Öle zu medizinischen Zwecken (ex 3301),
  • verschiedene Zubereitungen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken (beispielsweise zur Haarbehandlung oder Zahn- und Mundpflege, ex 3303 bis 3307),
  • Aktivkohle (3802.10.000.0).

Eine erste Stufe der verpflichtenden Kennzeichnung pharmazeutischer Erzeugnisse mit DataMatrix-Codes greift bereits seit dem 1. Juli 2022. Sie betrifft 90 Einzelpositionen aus neun größer gefassten Warengruppen des Bereichs Arzneiwaren. Die Liste der mit DataMatrix-Codes versehenen Medikamente reicht von Blutfraktionen über immunologische Erzeugnisse und bestimmte Arzneiwaren, die beispielsweise Antibiotika, Hormone, Alkaloide oder Vitamine enthalten, bis hin zu ausgewählten Blutdrucksenkern.

Die digitale Kennzeichnungspflicht soll ermöglichen, dass Waren lückenlos zurückverfolgt werden können – vom herstellenden oder importierenden Unternehmen bis hin zu den Verbrauchenden. Kasachstan verwendet für Arzneimittel DataMatrix-Codes, die es den Verbrauchenden über eine spezielle App zudem ermöglichen, Zusatzinformationen zum jeweiligen Medikament zu erhalten. So lässt sich beispielsweise das Verfallsdatum und der vom Gesundheitsministerium festgelegte Höchstpreis abrufen.

Weitere Waren im Gespräch

Neben den seit dem 1. Juli 2022 betroffenen Arzneimitteln müssen in Kasachstan zudem auch Pelzkleidung, Erzeugnisse aus Tabak und Schuhe über fälschungssichere DataMatrix-Codes verfügen. Für weitere Warengruppen ist die Einführung der obligatorischen digitalen Kennzeichnung im Gespräch. In diesem Kontext gab es für mehrere Branchen in den letzten Jahren praktische Testphasen mit einem jeweils überschaubaren Kreis von Unternehmen, die alle infrage kommenden Abläufe über längere Zeiträume simulierten.

RUSSLAND / ROHSTOFFE

Geisterflotte umgeht Sanktionen

In einem grauen, vierstöckigen Bürogebäude über einem Nachtclub mit schwarzer Tür hat sich ein Unternehmen, das von einem türkischen Socken- und Unterwäschemagnaten gegründet wurde, zu einer der weltweit größten Reedereien für den Transport russischen Öls entwickelt.
Das Unternehmen, Beks Ship Management, hat seit 2021 37 Schiffe gekauft – viele davon veraltete Öltanker – und in etwas mehr als zwei Jahren mehr als eine halbe Milliarde Dollar ausgegeben sowie den Wert seiner Flotte um das Zehnfache gesteigert.

Unternehmen wie Beks sind ein entscheidendes Element in Russlands Bemühungen, weiterhin weltweit Öl zu liefern und seinen Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Die Flotte umfasst inzwischen Hunderte von Schiffen weltweit, viele im Besitz von Unternehmen in Griechenland, Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei. Viele von ihnen umgehen die westlichen Sanktionen, indem sie außerhalb der üblichen Standards operieren und oft auf eine Versicherung bei den P&I-Clubs verzichten, den globalen Netzwerken, die etwa 90% der weltweiten Handelsschifffahrt versichern. Einige nutzen ein paralleles russisches Versicherungssystem, das seit Beginn des Krieges aufgebaut wurde.

Alte Schiffe, oft ohne Versicherungsschutz

Die Schiffe sind häufig in die Jahre gekommen – einige sind 20 Jahre oder älter – und haben mehrfach den Besitzer gewechselt, was zu Sicherheits- und Umweltbedenken führt. Laut Schifffahrtsanalysten stellt sich zunehmend die Frage, ob die Tanker ordnungsgemäß überwacht werden und ob Moskau im Falle eines Unfalls für die Kosten aufkommen würde. Russland drängt darauf, dass sein Versicherungssystem international anerkannt wird.

Türkische Unternehmen wie Beks machen besonders Sorge. Sie haben mindestens 36 Schiffe gekauft, die nicht in der Versicherungsliste der P&I-Clubs aufgeführt sind. Dies lenkt die Aufmerksamkeit auf die laxe Durchsetzung der internationalen Sanktionen gegen Russland durch die Türkei, während Präsident Recep Tayyip Erdogan gleichzeitig versucht, die angespannten Beziehungen zu den USA zu verbessern.

Im Februar war Beks der viertgrößte Schiffseigner im russischen Ölhandel. Dies geht aus Schifffahrtsdaten hervor, die von Global Witness analysiert wurden, einer Antikorruptionsgruppe, die sich im Namen der Ukraine für härtere Sanktionen einsetzt. Craig Kennedy, ein Energieanalyst und ehemaliger Finanzberater, der die russische Geisterflotte in Harvard am Davis Center for Russian and Eurasian Studies untersucht, nannte die Sicherheitsbedenken eine „tickende Zeitbombe“.

„Sorge Nr. 1 ist, dass es sich um alte Schiffe handelt. Es gibt einen Grund, warum sie nicht ewig fahren, denn irgendwann wird die strukturelle Materialermüdung zu einem großen Problem“, sagte Kennedy. Beks hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe von Sicherheitszwischenfällen.

Im Juni mussten russische Rettungskräfte vor der russischen Pazifikküste ein Feuer im Maschinenraum der Beks Force, einem Massengutfrachter, löschen. Ein weiteres Schiff des Unternehmens lief im Juli vor Tunesien auf Grund. Die Flotte fährt jedoch weiter und hilft Russland zusammen mit anderen Schifffahrtsunternehmen beim Manövrieren durch die Sanktionen des Westens. Die Öl- und Gaseinnahmen haben dazu beigetragen, die russische Wirtschaft über Wasser zu halten, bevor der Rubel in diesem Monat einbrach, was die Zentralbank zu einer Notzinserhöhung veranlasste.

Preis signalisiert Nachlassen der Wirkungskraft

Es gibt Anzeichen dafür, dass die von den USA angeführten internationalen Sanktionen in ihrer Wirkung nachlassen. Im Juli begann Russlands wichtigstes Rohöl der Sorte Ural bei einem Preis von über 60 Dollar pro Barrel zu handeln – über der Obergrenze, die die Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten im Dezember für russisches Öl festgelegt hatte. Damit sollte Russland weiterhin der Ölverkauf ermöglicht und die Weltmarktpreise niedrig gehalten werden, aber die Einnahmen für Moskau beschnitten werden. Analysten zufolge deutet dies darauf hin, dass ein großer Teil der russischen Exporte zu höheren Preisen verschifft und weiterverkauft wird.

Die USA und ihre Verbündeten bemühen sich nun um eine strengere Durchsetzung der Sanktionen, insbesondere in Ländern wie der Türkei, einem NATO-Verbündeten, der im Zuge des Ukraine-Kriegs den Handel mit Russland ausgeweitet hat. Regierungsvertretern zufolge ist Washington nach wie vor besorgt darüber, dass die Türkei eine Drehscheibe für russische Sanktionsverstöße ist – einschließlich der Geisterflotte für russisches Öl, der Hafenanfahrten durch sanktionierte russische Frachtschiffe, die Waffen transportieren, sowie der Verschiffung von Waren wie im Westen hergestellter Elektronik, die Moskau für sein Militär benötigt. „Wir führen mit der türkischen Regierung einen ständigen Dialog über diese Fragen“, sagte ein westlicher Diplomat.“Wir hoffen aufrichtig, ein Szenario zu vermeiden, in dem ein türkisches Unternehmen sanktioniert wird, und wir arbeiten sowohl mit der Regierung als auch mit dem privaten Sektor zusammen, um sie über die sehr realen Risiken zu informieren.“

Beks Ship Management hat Flotte erweitert

Beks Ship Management wurde vor über zehn Jahren gegründet und operierte jahrelang mit einer kleinen Flotte, die bis 2021 nur sechs Schiffe umfasste. Das Unternehmen begann als Nebenprojekt eines türkischen Textilmagnaten, Ali Bekmezci, der in der Türkei eher für seine Fabrik bekannt ist, die Socken und Unterwäsche für westliche Marken wie H&M herstellt.

Das Unternehmen hat in den vergangenen 2,5 Jahren aggressiv expandiert und tut dies beschleunigt seit der russischen Invasion in der Ukraine. Seit 2022 hat es 17 Schiffe erworben. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Veson Nautical besitzt das Unternehmen nun 41 Schiffe im Wert von 782,61 Mio US-Dollar, etwa das Zehnfachen des Wertes seiner Flotte 2021.

Laut Cemil Ersoz, Vorstandsmitglied und Gründungspartner des Unternehmens, hat die Firma die Schiffe über Banken in Frankreich, China, Japan, Taiwan und Australien finanziert. Er lehnte es jedoch ab, die Namen der Kreditgeber zu nennen, da es sich um Vertraulichkeitsvereinbarungen handele. Keine der Finanzierungen stamme aus Russland. „Wir arbeiten nicht nur mit Russland zusammen. Wir arbeiten überall. Wir führen alle erforderlichen Sanktionsprüfungen mit unseren englischen Anwälten durch“, sagte Ersoz. Die Versicherung laufe „hauptsächlich über Lloyd’s und die europäischen Märkte“. Er erklärte aber nicht, warum die Schiffe nicht auf der Versicherungsliste in der P&I-Datenbank auftauchten. Lloyd’s ist ein Versicherungsmarkt in London.

Die P&I-Versicherung (Protection and Indemnity) ist eine Schiffsversicherung für Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb des Schiffes gegenüber Dritten entstehen. „Im Allgemeinen wird sie nur für weniger risikoreiche Schiffstypen – Schlepper, Lastkähne, Baggerschiffe, Mannschaftsboote – als geeignet angesehen“, so David Osler, Versicherungsexperte bei Lloyd’s List Intelligence, einem Anbieter von Schifffahrtsinformationen. Diese kleineren Schiffe erfordern eine geringere potenzielle Versicherungsleistung. „Ob die abgeschlossene Versicherung für ältere Tanker ausreicht, ist eine andere Frage“, sagte er. „Es gibt eine dunkle Seite in der Versicherungsbranche.“

Kozmino-Hafen wegen G7-Preisobergrenze im Blick

Beks-Schiffe haben in den vergangenen Monaten Öl im Hafen von Kozmino an der russischen Pazifikküste geladen, wo das Erdöl durchweg zu Preisen über der Preisobergrenze verkauft wurde. Dies geht aus Schifffahrtsdaten des Rohstoffdatenanbieters hervor, in die das Wall Street Journal Einblick hatte. Beks verschiffte auch dann noch Öl von Kozmino aus, nachdem das US-Finanzministerium im April öffentlich global vor dem Verladen von Öl in Kozmino und anderen ostrussischen Häfen wegen Verstößen gegen die Preisobergrenze warnte.

Dies veranlasste einige große Reedereien dazu, den Ölexport von diesem Terminal aus einzustellen. Hingegen verschiffen einige der nicht aufgelisteten Unternehmen weiterhin Öl von diesem Terminal aus, darunter auch ein weiterer türkischer Verlader, Imza Marine. Das Unternehmen reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Der Rohöltanker Beks Sun, eines der größten Beks-Schiffe, legte den Schifffahrtsdaten zufolge im Juli in Kozmino am staatlichen russischen Transneft-Ölpipeline-Terminal an und fuhr dann nach Indien. Der größte Teil des Beks-Schiffstransports geht von und nach Russland, häufig wird Öl nach China, Indien und zu anderen Abnehmern transportiert.

„Wir sind sehr vorsichtig bei der Einhaltung der Preisobergrenze“, sagte Ersoz in einer Textnachricht. Er antwortete nicht auf die Frage, wie das Unternehmen das Öl aus Kozmino zu Obergrenze-konformen Preisen transportiert hat.

Ölexport nach China und Indien deutlich ausgebaut

Insgesamt ist es Russland jedoch im Laufe des Krieges gelungen, aufgrund der niedrigeren Preise und des breiten Spektrums an Abnehmern seinen Anteil an einigen der größten Ölmärkte weltweit auszubauen und die Struktur der globalen Energieversorgung zu verändern.
Im April überholte Russland kurzzeitig Saudi-Arabien als Chinas größten Lieferanten. Jetzt sind die beiden ungefähr gleichauf, wobei Analysten davon ausgehen, dass Russland in den kommenden Monaten wieder die Führung übernehmen wird.
In Indien war die Verschiebung sogar noch dramatischer. Laut Kpler deckt Moskau inzwischen etwa 40% der indischen Ölimporte ab, vor dem Krieg waren es 3%.

TADSCHIKISTAN / VERKEHR

Baubeginn der Stadtbahn in Duschanbe

Das tadschikische Verkehrsministerium und die Export-Import-Bank Südkoreas haben eine Vereinbarung über die Finanzierung der Vorstudie und der Machbarkeitsstudie für den Bau einer Stadtbahn in Duschanbe unterzeichnet. Das Dokument wurde vom Verkehrsminister der Republik Tadschikistan Azim Ibrohim und dem Vertreter der südkoreanischen Eximbank Kwon Byeong-yoon am 22. August in Duschanbe unterzeichnet, teilte das tadschikische Verkehrsministerium „Asia Plus“ mit. Die Behörde stellte fest, dass die südkoreanische Eximbank 200.000 Dollar für Vorarbeiten zur Verfügung stellen wird. Vertreter der Bank erklärten sich bereit, nicht nur die Voruntersuchungen zu finanzieren, sondern auch die detaillierte Entwicklung des Projekts.

Ebenfalls wies das Ministerium darauf hin, dass die südkoreanische Eisenbahngesellschaft den Bau einer oberirdischen U-Bahn auf der Grundlage des leichten Hochgeschwindigkeits-Metrosystems (Light Rail Transit) vorgeschlagen hat. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Verkehrsministeriums und des Bürgermeisteramtes der Hauptstadt ist damit beschäftigt, die Ausrichtung der vorgeschlagenen U-Bahn festzulegen. In der Anfangsphase ist der Bau einer 10,5 km langen Zweigstrecke vom Südtor der Hauptstadt bis zum Gebäude des Staatszirkus geplant.

UKRAINE / STAHL

„Grün“ als Markenzeichen

Ukrainische Eisen- und Stahlerzeuger leiden unter den Folgen des russischen Angriffskrieges. 2022 brach die Produktion von Roheisen und Stahl im Vergleich zum Vorjahr um rund 70% auf etwa 12,7 Mio t ein. Die Stahlexporte gingen ebenfalls um rund 70% auf etwa 6,1 Mio t zurück.

Die Werke in Mariupol wurden bei der Erstürmung der Stadt weitgehend zerstört und müssen von Grund auf neu aufgebaut werden. Hüttenwerke am Fluss Dnipro wie Kryvoryschstal mussten nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms ihre Produktion zeitweise herunterfahren. Mit dem sinkenden Pegelstand konnte der Fluss nicht mehr genug Kühlwasser liefern.

Vor Kriegsbeginn trug die Metallerzeugung rund 10% zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts des osteuropäischen Landes bei und war für rund ein Drittel der Anlageinvestitionen verantwortlich. Die Exportquote bei Stahl belief sich auf 80% der Inlandsproduktion.

Unter dem Motto „build back better“ sollen die zerstörten Metallurgie-Kombinate nicht einfach wieder errichtet, sondern zukunftstauglich umgebaut werden. Die Industrie will auf grünen Stahl umsatteln, bei dessen Produktion statt fossiler Brennstoffe erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Dazu zählt die Ukraine auch Atomstrom. Daneben sollen moderne Luft- und Abwasserfilter den Schadstoffausstoß senken.

Europa mittlerweile wichtigster Absatzmarkt

Die Europäische Union wird als Absatzmarkt für ukrainische Metallwaren immer wichtiger. Ging vor Kriegsbeginn rund ein Drittel der Produktion in die Mitgliedsstaaten, legte der Anteil im Jahr 2022 auf rund 60% zu – Tendenz steigend.
Vor allem Metallpellets und heiß brikettiertes Eisen werden nach Europa exportiert. Damit die Ukraine ihre Marktanteile halten kann, müssen sich Metallerzeuger an die Vorgaben des „Green Deal“ der EU halten und ihren Schadstoffausstoß senken. Grüner Stahl soll dabei als Türöffner nach Europa dienen.

Regierung sucht Investoren für Transformation

Das osteuropäische Land verfügt über das Potenzial, zu einem der preiswertesten Produzenten von umweltfreundlichem Stahl zu werden: „Unsere Vision ist der Aufbau einer 50 Mio t schweren grünen Stahlindustrie in der Ukraine“, gibt der stellvertretende Leiter des Präsidentenbüros Rostyslaw Schurma die Richtung vor. Zur Finanzierung des Vorhabens will die Regierung im Rahmen eines „grünen Marshall-Plans“ rund 40 Mrd US-Dollar akquirieren. Für die vorbereitenden Arbeiten rechnet Schurma mit bis zu eineinhalb Jahren. Realistisch ist jedoch, dass die Vorhaben erst nach einem Ende des Krieges vollständig umgesetzt werden können.

Projekte zur nachhaltigen Produktion in Planung

Bedeutende Metallhüttenwerke planen bereits für eine Zeit nach Kriegsende. ArcelorMittal Krywyj Rih will rund 10 Mrd Euro in den Umbau des Kombinats zur Produktion von grünem Stahl zu investieren. „Da das Werk zu ArcelorMittal in Duisburg gehört, wären das deutsche Direktinvestitionen in die Ukraine“, erklärt Oleh Krykavskyy, Government Relations Director des Kombinats.
Der Produzent von Eisenerzpellets Ferrexpo will in den kommenden Jahren rund 3,3 Mrd Dollar in die Dekarbonisierung seiner Produktion investieren. Die Mittel fließen in grüne Wasserstofftechnologien für den Betrieb der Granulieranlage sowie in den Bau eines Wind- und Solarparks. Bis 2050 soll der CO2 Ausstoß um 35 Mio t sinken.

Der größte ukrainische Produzent von Eisenerz, Metinvest, ist Eigentümer der Stahlwerke Azowstal und Kombinat imeni Iljitscha in Mariupol. Unter dem Slogan „Mariupol Reborn“ sollen die zerstörten Stahlhütten nach der Befreiung der Stadt wiederaufgebaut und für die Produktion von direkt reduziertem Eisen mittels grüner Energie fit gemacht werden. Bereits im Dezember 2021 unterzeichnete Metinvest mit der SMS Group und der Firma Paul Wurth eine Absichtserklärung zur Verringerung des CO₂ Ausstoßes bei der Produktion von Gusseisen und Stahl.

EU unterstützt bei Dekarbonisierung

Die EU will die Ukraine, die aktuell den Status eines Beitrittskandidaten hat, beim Wiederaufbau ihrer Hüttenindustrie unterstützen. Der Staatenverbund will die Einfuhren von ukrainischen Metallprodukten weiter liberalisieren und drängt auf die Einhaltung europäischer Umweltstandards. Zudem werden nach einer Mitgliedschaft des osteuropäischen Landes in der EU weitere Handels- und Zollschranken fallen, was ukrainischem Stahl neue Absatzmärkte eröffnet.

Zum 1. Oktober 2023 tritt der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) in Kraft. In einer Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2025 sind Importeure lediglich verpflichtet, über Treibhausgasemissionen ihrer Produkte zu berichten. Ab Januar 2026 werden Strafzahlungen fällig, wenn das Produkt einen zu hohen Ausstoß hat. Würden die Zahlungen ab sofort fällig, würden sie ukrainische Metallhersteller jährlich rund 300 Mio Dollar kosten, berechnet das Beratungsunternehmen EY.

Die Ukraine hat bereits vorgearbeitet und entsprechende Rechtsvorschriften zur Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung von Emissionen für die CBAM-Berichterstattung erlassen.

Naher Osten und mittlerer Osten

ISRAEL / TECHNOLOGIE

Längere Schwächephase droht

Die Kapitalaufnahme israelischer High-Tech-Firmen geht zurück. Die Beschäftigtenzahl nimmt ab. Start-up-Gründer zieht es immer häufiger ins Ausland. Solche Nachrichten prägen das Stimmungsbild des Hochtechnologiesektors in Israel. Ende Juni 2023 hat die israelische Innovationsbehörde ihren jüngsten Jahresbericht veröffentlicht. Darin analysiert sie sowohl die Entwicklungen des Jahres 2022 als auch die Trends für 2023.

Demnach brach die Kapitalaufbringung der israelischen Hochtechnologie bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 ein. Dies war Teil der weltweiten Schwächung der High-Tech-Investitionen. Auch im Ergebnis des Gesamtjahres gingen die Investitionen 2022 gegenüber 2021 stark zurück.

Die Schwächephase setzt sich 2023 fort. Das belegen auch die Zahlen der auf den Wagniskapitalmarkt spezialisierten Marktforschungsfirma IVC Research Center. Sie zeigen zudem, dass der durchschnittliche Transaktionswert abgenommen hat. Im ersten Quartal 2023 lag er um 36,5% unter dem Vergleichswert im Vorjahreszeitraum.

Nach Erkenntnissen von Israel Innovation Authority war die Investitionsentwicklung auch im April und im Mai 2023 enttäuschend. Damit bleibe Israel hinter dem Erholungstrend in den USA zurück.

Einen wesentlichen Grund dafür sieht die Behörde in der von der Regierung angestrebten Schwächung der Judikative gegenüber Exekutive und Legislative. Diese als Justizreform bezeichnete Umgestaltung löste sowohl in Israel als auch im Ausland Warnungen vor weitreichenden negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft aus. Wie die Investitionsbehörde vermerkt, hätten führende Vertreter des heimischen High-Tech-Sektors vor abträglichen Folgen des gesetzgeberischen Vorhabens auf Investitionen aus dem Ausland gewarnt.

Langfristige Schäden befürchtet

Unterdessen ist die Zurückhaltung von Investoren nicht das einzige Alarmzeichen. Die unklaren Zukunftsaussichten führen auch zu einer Abwanderung neuer Existenzgründer ins Ausland.

Bis Januar 2023, so die Investitionsbehörde, hätten 80% aller neuen Start-ups ihren Geschäftssitz in Israel angemeldet. Dagegen habe der Prozentsatz der Neugründungen, bei denen ein Geschäftssitz im Ausland gewählt wurde, am Ende des ersten Quartals 2023 bei 50 bis 80% gelegen. Nach Einschätzung der Behörde könnte dieser Anteil binnen kurzer Zeit die Marke von 80% überschreiten.

Solche Unternehmen belassen ihre Forschung und Entwicklung zwar in Israel, doch ist ihre Anbindung an die israelische Wirtschaft naturgemäß schwächer. Zudem werden sie oft zu Anziehungspunkten für israelische Fachkräfte, die ihr Glück im Ausland versuchen wollen. Das wird dadurch verstärkt, dass die Entlassungen im israelischen High-Tech-Sektor steigen, während die Zahl vakanter Arbeitsplätze zurückgeht.

Wie lange die negative Entwicklung anhalten wird, lässt sich schwer vorhersagen. Ein israelischer Unternehmer erklärte gegenüber GTAI, ein Verzicht der Regierung auf die in gegenwärtiger Form vorgesehene Gesetzgebung würde das Vertrauen der Investoren wieder stärken. Allerdings hätten manche ausländische Kapitalgeber Gelder, die sonst vielleicht ins Land geflossen wären, bereits in anderen Ländern angelegt. In solchen Fällen könne es bis zu mehreren Jahren dauern, bis sie wieder freie Mittel für Projekte in Israel hätten.

All das bedeutet nicht, dass Israels Hochtechnologiebranche für ausländische Partner plötzlich uninteressant geworden wäre. Das Land ist nach wie vor ein bedeutender internationaler Standort. Zudem besteht nach Auffassung von IVC Research Center zumindest die Möglichkeit, dass sich risikofreudigen ausländischen Investoren interessante Übernahmemöglichkeiten im Sektor bieten würden. Schließlich blieben die High-Tech-Exporte im ersten Quartal 2023 stabil.

TÜRKEI / KONJUNKTUR

Wirtschaft wächst im zweiten Quartal spürbar

Die türkische Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2023 gewachsen. Sie erholte sich von dem verheerenden Erdbeben zu Beginn des Jahres und gab dem wiedergewählten Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Auftrieb, während das Land mit einer steigenden Inflation und einer abgewerteten Währung kämpft. Das Bruttoinlandsprodukt stieg saison- und kalenderbereinigt um 3,5% gegenüber dem Vorquartal, wie das Statistikamt Turkstat berichtete. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wuchs die Wirtschaft um 5%.

Im ersten Quartal dieses Jahres war die Wirtschaft um 0,3% auf Quartals- und um 4% auf Jahressicht gewachsen. Das Wachstum erfolgte trotz der extrem hohen Inflation und eines schweren Erdbebens, das im Februar den Südwesten des Landes erschütterte und Schäden in Milliardenhöhe verursachte. Trotz steigender Preise trieb der Konsum der Haushalte das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal des Jahres weiter an, so Turkstat. Der Verbrauch stieg im Jahresvergleich um 16%, während die Importe um 20% zunahmen.

Die türkische Zentralbank hat begonnen, entschlossener zu handeln und ihren Leitzins zuletzt um weitere 750 Basispunkte auf 25,00% angehoben.

Welt

WELT / LOGISTIK

Ein Verladermarkt in der Hochsaison

Die Online-Plattform Container xChange hat ihren August-Containermarkt-Prognosebericht veröffentlicht. Trotz der anhaltenden Marktschwankungen zeigte sich der Container Price Sentiment Index (xCPSI) widerstandsfähig und verzeichnete im Juli einen Anstieg im Vergleich zum Vormonat. Der Prognostiker stellte außerdem fest, dass die Containerpreise in den letzten 30 Tagen (Juli) im Vergleich zu den vorangegangenen 90 Tagen (Mai bis Juli) relativ stabil geblieben sind.

Im Juli nahmen 2.570 Logistik-Fachleute an der Umfrage teil. Zwar gehen die Meinungen teils sehr auseinander, doch 42% der Befragten erwarten in naher Zukunft einen Anstieg der Containerpreise, was auf eine potenzielle Marktverbesserung hindeutet. 28% rechnen mit einem weiteren Preisrückgang und sind pessimistischer hinsichtlich der Marktlage. 30% gehen davon aus, dass die Preise unverändert bleiben werden.

Die durchschnittlichen Containerpreise waren in den letzten 30 Tagen relativ stabil, verglichen mit der Preisvolatilität in den letzten 90 Tagen. Die Preise sind jedoch über einen Zeitraum von 90 Tagen deutlich gesunken, wobei Südostasien von Mai bis Juli 2023 einen erheblichen Rückgang von 15,73% zu verzeichnen hat. Trotz dieses anhaltenden Rückgangs blieb der Stimmungsindex stark und stieg im Juli sogar an. In den asiatischen Häfen haben sich die durchschnittlichen Containerpreise für frachttaugliche 40-HC-Container stetig verändert. Für Verlader ist der Container-Handel oder die Vermietung in Südostasien derzeit im Vergleich zu den letzten drei Monaten oder sogar noch vor einem Monat eine lohnende Geschäftsperspektive.

Nach Angaben von Fitch Ratings verzeichnete China im zweiten Quartal 2023 einen Anstieg des gesamten Containerumschlags um 6% zum Vorjahr, eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Wachstum von 3% im ersten Quartal. Diese Expansion wurde vor allem durch die Intensivierung des Handels im Rahmen der Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), die Einführung neuer Außenhandelsrouten im Hafen von Dalian und den Aufwärtstrend des Handels mit Ländern, die an der Belt&Road-Initiative teilnehmen, vorangetrieben.

Die Prognosen von Global Ports Tracker, die von der National Retail Federation erstellt wurden, deuten darauf hin, dass das Importfrachtvolumen in den USA im August seinen Höhepunkt erreichen wird. Dieser Anstieg deckt sich mit den Vorbereitungen der Einzelhändler auf die Wintervorräte für das Weihnachtsgeschäft.

Im zweiten Quartal 2023 stieg das saisonbereinigte BIP in der Eurozone um 0,3% und blieb in der EU stabil im Vergleich zum Vorquartal. Dies geht aus einer vorläufigen Schnellschätzung von Eurostat hervor. Im ersten Quartal 2023 war das BIP im Euroraum stabil geblieben und in der EU um 0,2% gestiegen. „Obwohl wir eine technische Rezession in der Eurozone vermieden haben, ist die Inflationsrate hoch. Diese hohen Preise werden weiterhin Druck auf die Betriebskosten der Schifffahrtsunternehmen ausüben. Verlader könnten auch höhere Kosten für den Transport von Gütern zu tragen haben, was sich auf die Gesamtkosten der Lieferkette auswirken wird“, kommentierte Mitbegründer und CEO von Container xChange Christian Roeloffs.