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Länder- und Marktinformationen 5/2025

Afrika

KENIA / BAUWIRTSCHAFT: Kenias Bausektor muss eine Pause einlegen

Zum ersten Mal seit über 15 Jahren wächst der Sektor kaum noch. Diese Verlangsamung wird jedoch nur vorübergehend sein.

Markttrends

Der verschuldete Staat muss seine Infrastrukturprojekte vorübergehend einschränken. Für deutsche Zulieferer könnte sich das schwierige Umfeld etwas bessern.

Der Bausektor in Kenia leidet weiterhin unter geringem Auftragseingang. Das kenianische Statistikamt KNBS meldete für das 2. Halbjahr 2024 erstmals seit Dekaden ein Minuswachstum der Branche. Bereits seit 2023 befindet sich der Bausektor in der Krise. Die Aussichten für die Jahre 2025 und 2026 sind leicht verbessert aber von einem Boom bleibt man weit entfernt.

Bauprojekte werden günstiger

Positiv ist, dass Bauprojekte günstiger werden, weil der kenianische Shilling seit 2024 wieder an Wert gewonnen hat. Dadurch sind Importe erschwinglicher geworden. Das gilt auch für wichtige Baustoffe wie Zement und Bitumen oder wichtige Vorprodukte wie Farbe und Dachkomponenten.

Für private Bauvorhaben hat sich die Situation zusätzlich etwas verbessert, da die kenianischen Zentralbank den Leitzins im Februar 2025 auf „nur noch“ 10,75 Prozent gesenkt hat. Im Jahr 2023 lag er noch bei 13,0 Prozent. Private Baukredite sind dadurch etwas günstiger geworden. Gleichwohl bleiben die Rahmenbedingungen für den privaten Hochbau schwierig, auch aufgrund der insgesamt mittelmäßigen Konjunktur des Landes. Ausführlichere Informationen zu den Konjunkturerwartungen Kenias liefert der aktuelle GTAI-Wirtschaftsausblick.

Tiefbau leidet weiter unter Sparkurs des Staates

Der staatlich dominierte Tiefbau erlebt schwierige Zeiten, da die Regierung von Präsident William Ruto aufgrund der hohen Staatsverschuldung Sparmaßnahmen vornehmen muss. Vom Staat oder von Gebern finanzierte Infrastrukturprojekte werden längst nicht mehr so umfangreich durchgeführt wie noch vor einigen Jahren.

Die Infrastruktur veraltet und der Projektstau nimmt zu. Marktbeobachter berichten aktuell immerhin von einer Zunahme von Aufträgen für Studien zu geplanten Infrastrukturprojekten. Wer weiß, wie lange sich Planungen für Bauten in Kenia hinziehen können, sieht darin nur bedingt ein Signal für den nächsten Aufschwung.

PPP bleiben kompliziert

Offener wird der Staat angesichts des eigenen Kapitalmangels für private Investitionen oder Public Private Partnerships (PPP), zum Beispiel beim Bau und Betrieb von Mautstraßen, Kraftwerken, Übertragungsleitungen oder Dämmen. Fehlende Rechtssicherheit und unausgereifte PPP-Arrangements lassen private Investoren jedoch oft zögern oder existierende Übereinkünfte scheitern. Viele Projekte bleiben über Jahre in der Planungsphase hängen, weil sich Behörden und private Investoren nicht über die Risikoverteilung einig werden.

Gerade der dringende Ausbau der Straßenabschnitte entlang des „Northern Corridor“ soll von privaten Investoren gebaut und als Mautstraße betrieben werden. Der „Northern Corridor“ beginnt in Mombasa und führt über die kenianischen Großstädte Nairobi, Nakuru und Kisumu nach Uganda und darüber hinaus. PPP werden auch in der Bevölkerung inzwischen kritisch gesehen, da sie im Verdacht stehen, dem Steuerzahler höhere Kosten zu verursachen als rein staatliche Investitionen.

Trotz der momentan schwierigen Lage besteht kein Zweifel am mittelfristigen Wachstumspotenzial des Bausektors. Ein jährlicher Bevölkerungszuwachs von rund 1,2 Millionen Menschen sowie die fortschreitende Urbanisierung machen den Ausbau der Infrastruktur und den Bau neuer Gebäude und Stadtviertel dringend erforderlich. Ein Großteil der Bauaktivitäten konzentriert sich auf den schnell wachsenden Großraum Nairobi, dessen Einwohnerzahl grob geschätzt bei rund 5,5 Millionen Menschen liegt.

Deutsche Firmen mit zahlreichen Chancen

Die Chancen deutscher Unternehmen im kenianischen Bau sind vielfältig, aber die hohen Preise machen sie für das Massengeschäft weitgehend uninteressant. Gute Chancen haben deutsche Ingenieurberater bei Studien und Bauaufsicht für Infrastrukturprojekte – insbesondere wenn westliche Geber wie die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), die EU oder die deutsche KfW beteiligt sind.

Die Baudurchführung bei Großprojekten wird von lokalen Baufirmen dominiert, jedoch erhalten auch immer wieder ausländische Baufirmen Aufträge, wenn spezielle Technologien zum Einsatz kommen. Mitunter gehen ausländische und lokale Kontraktoren für ein Großprojekt auch Partnerschaften ein.

Interessant für deutsche Baufirmen könnten auch größere private Hochbauprojekte sein, bei denen zum Beispiel Botschaften und internationale Organisationen wie die UN die Auftraggeber sind. Gleiches gilt für zahlungskräftige multinationale Firmen beim Bau von Büros und Produktionsstätten. Oft müssen diese Auftraggeber internationale Standards einhalten, mit denen lokale Baufirmen unter Umständen nicht vertraut sind.

Breite Palette von Zuliefermöglichkeiten

Im Hochpreissegment bestehen Zulieferchancen für Baumaschinen, Pumpen, Turbinen, Baustoffe, Gebäudetechnik, Armaturen, Werkzeuge oder Möbel. Mit einer Vertriebsniederlassung oder einem Handelsvertreter in Kenia kann man auch Nachbarmärkte bedienen, von denen einige dynamischer sind als Kenia. „Für unsere Maschinen sind insbesondere die Infrastrukturprojekte in Uganda und Tansania aktuell sehr interessant“, sagt Daniel Werner-Meier, Gebietsverkaufsleiter Afrika des Baumaschinenherstellers Bomag.

Das Bopparder Unternehmen vertreibt seine Maschinen über die Filialen des Bremer Handelshauses Achelis in Kenia, Tansania und Uganda. GTAI informiert regelmäßig über die Bausektoren in Tansania und Uganda sowie auch über Äthiopien und Ruanda.

Baustoffsektor wird weiter expandieren

Die Baustoffindustrie wird über kurz oder lang weiter expandieren, auch wenn es im Jahr 2024 einen vorübergehenden Einbruch der Umsätze gegeben hat. Insbesondere die Zementproduktion und die Metallverarbeitung, wenngleich der energieintensive Sektor aktuell steigende Stromkosten beklagt.

Auch für deutsche Unternehmen gibt es in diesem Bereich Investitionsmöglichkeiten. In Kenia gibt es bislang zwar keine deutsche Investition, aber im südlichen Nachbarland Tansania haben Heidelberg Cement und Knauf gezeigt, wie man in der Region mit der lokalen Herstellung von Baustoffen erfolgreich sein kann.

Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Die Themen „nachhaltiges Bauen“ und „Energieeffizienz“ sind in Kenia zwar noch Nischenthemen, allerdings wachsen die Bereiche schnell und Lösungen werden lokal nur bedingt angeboten. Vieles muss noch teuer importiert werden.

In erster Linie sind es internationale Unternehmen oder Organisationen wie die UN oder die Weltbank sowie Botschaften, die sich Nachhaltigkeitsstandards setzen, vor allem bei Bürogebäuden aber auch bei neuen internationalen Hotelketten und teilweise Produktionsstätten. Bisher achteten diese Akteure vor allem bei Neubauten auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards. Möglich ist dies jedoch auch bei der Nachrüstung existierender Gebäude.

LEED-Siegel als Goldstandard

Häufig werden die Standards des LEED-Siegels (Leadership in Energy and Environmental Design) angewendet, einer US-Zertifizierung, die weltweit am meisten verbreitet ist. Marktkenner schätzen, dass derzeit etwa zehn Gebäude in der Millionenstadt Nairobi nach LEED-Standards gebaut wurden. Weitere werden hinzukommen, auch wenn mit hohen Zusatzkosten zu rechnen ist. Durch die kürzliche Fertigstellung des Global Trade Centres (GTC) in Nairobi-Westlands ist der Markt für hochwertige Büroflächen vorerst gesättigt. Der Bau weiterer Bürotürme dürfte zunächst auf sich warten lassen.

In Kenia gibt es auch Beispiele von „Affordable Housing“ Projekten, die von internationalen Investoren finanziert werden. Affordable Houses sind in der Regel preisgünstige Wohnblöcke, die im Rahmen solcher Projekte in größerer Anzahl auf der „grüne Wiese“ errichtet werden. In diesem Fall sind es die Investoren, die ausländische Standards nach Kenia bringen.

EDGE-Zertifikat hat sich in Kenia schnell verbreitet

In der Regel wird das weniger strikte und damit kostengünstigere EDGE-Siegel  angewendet, welches von der zur Weltbank gehörenden International Finance Corporation (IFC) ins Leben gerufen wurde. Dieses Zertifikat wird vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern angewendet. Das EDGE-Zertifikat hat sich in den letzten Jahren gegen andere Zertifizierungen durchgesetzt und legt seinen Fokus auf die Verbrauchsreduzierung in den drei Komponenten Energieverbrauch, Wasserverbrauch und gebundenes Kohlendioxid in Baumaterialien. Die IFC vergibt in diesem Zusammenhang auch zinsgünstige Kredite für den Bau von Gebäuden, die diese Kriterien erfüllen.

Bei solchen Wohnungsbauprojekten kommen unter anderem sanitäre Anlagen mit geringem Wasserverbrauch zum Einsatz sowie Bewegungsmelder und energieeffiziente Beleuchtung in Gemeinschaftsbereichen. Großes Einsparpotenzial besteht zudem bei der Kochenergie sowie der Nutzung von Solarstrom auch für Heißwasser im Mietwohnungsbau.

Im gemäßigten Hochland ist das Potenzial für Isolierungen begrenzt

Das kenianische Hochland, auf dem sich auch Nairobi befindet, ist klimatisch eine sehr gemäßigte Region. Heizen und Kühlen sind hier nicht unbedingt notwendig und damit braucht es auch keine allzu ausgefeilten Isolierungslösungen. Es gibt zwar Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, allerdings reicht eine normale Außenmauer in der Regel als Wärmespeicher aus. High-Tech-Lösungen sind dafür nicht nötig. Deutsche Anbieter zum Beispiel von hochwertigen Fenstern haben es deshalb schwer, zumal die Produkte importiert werden müssen und dadurch die Menge an gebundenem Kohlendioxid ansteigt.

An der Küste, an der sich die Millionenstadt Mombasa sowie zahlreiche Touristenorte mit Hotels befinden, ist das Klima hingegen tropisch, also feucht-heiß. Hier sind auch die Erfordernisse anders. Um den Einsatz von Klimaanlagen zu reduzieren, sind „kühlende“ Dachkonstruktionen, die Verschattung von Räumen durch Nord-Süd-Ausrichtung der Fenster oder Fassadentechnik noch wichtiger als im Hochland.

Solaraufdachanlagen sind populär – weil sie auch isolieren

Da die Sonne im in Äquatornähe liegenden Kenia meist von oben kommt, spielt die Isolierung des Daches eine zentrale Rolle. Solaraufdachanlagen sind auch deshalb sehr populär, weil sie eine zusätzliche Isolierung gegen die Sonne bieten. Ansonsten werden Isolierungslösungen für Dächer derzeit weniger angeboten und der Markt ist noch nicht gesättigt.

Für deutsche Hersteller zum Beispiel von Warmwassertechnik (Wärmetauscher) oder Elektrotechnik für die energetische Steuerung von Innenräumen könnte Kenia einen interessanten Markt bieten. Gleiches gilt für Sanitär- und Küchentechnik. Gute Verkaufschancen bestehen insbesondere bei zertifizierten Gebäuden. Der restliche Hochbausektor ist äußerst preissensibel und wird von Billigkonkurrenz aus Asien dominiert. Deutsche Produkte verfügen hier kaum über Absatzchancen importierter Produkte.

Anders könnte es aussehen, wenn man lokal produziert und preislich konkurrenzfähige Lösungen für den Massenmarkt anbietet. Für Start-ups, die an neuen günstigen Werkstoffen tüfteln, könnte Kenia ein interessanter Markt sein, der sich auch auf andere ähnlich strukturierte afrikanische Märkte übertragen ließe. Insbesondere preisgünstige Werkstoffe, die den CO2-intensiven Beton ersetzen könnten, dürften einen Markt haben.

Verband KGBS als gute Anlaufstelle

Wer sich über den Sektor informieren möchte, kann sich an den Verband Kenya Green Building Society (KGBS) wenden. Im Februar 2025 veröffentlichte KGBS den hilfreichen Green Buildings Pocket Guide (2025), an dessen Ende auch Daten zu Gebäuden, die in Nairobi als „green building“ zertifiziert wurden aufgeführt sind.

Amerika

BRASILIEN / ZÖLLE: Importeure nutzen „Ex-Tarifário“ in 2025 weiter

Die brasilianische Außenhandelskammer gibt Änderungen bekannt. Das „Ex-Tarifário“ Regime gilt bis Ende 2025.

Die brasilianische Außenhandelskammer (CAMEX) hat das Regime mit den Resolutionen GECEX 322 und 323 für Kapitalgüter beziehungsweise IT-Produkte bis Ende 2025 verlängert. Zollsenkungen auf null Prozent gelten damit für zahlreiche Produkte des brasilianischen Zolltarifs zum Beispiel aus dem Bereich Maschinen, Apparate und Geräte (Kapitel 84, 85, und 90) seit dem 1. Mai 2022 bis zum 31. Dezember 2025.

Zuletzt hat die CAMEX mit den Resolutionen GECEX 715 und 716 vom 9. April 2025 weitere Zollerleichterungen für Kapitalgüter und IT-Produkte vorgenommen. Mit der Resolution GECEX 718 vom 9. April 2025 wurden einige Produkte aus dem Regime herausgenommen.

„Ex-Tarifário“ im Detail

Um technologische Innovationen zu fördern, gewährt die CAMEX im Rahmen des „Ex-Tarifário“ Zollerleichterungen für Kapitalgüter und IT-Produkte, die in Brasilien nicht oder nicht konkurrenzfähig hergestellt werden können. Der Kreis von „Ex-Tarifários“ wird regelmäßig angepasst.

Im brasilianischen Zolltarif erscheinen sie als „Ex-Tarifários“ nach der jeweils zugehörigen Unterposition. Derzeit sind die Einfuhrzölle für viele „Ex-Tarifário“ Produkte auf null gesenkt. Die regulären Zölle für diese Produkte können beispielsweise 12,6 und 11,2 Prozent betragen.

Anträge auf Zollsenkungen müssen brasilianische Unternehmen oder Verbände an das Ministerium für Entwicklung, Industrie und Handel (Ministério do Desenvolvimento, Indústria e Comércio – MDIC) richten. Mit der Resolution GECEX 512 vom 16. August 2023 wurden die Kriterien eingeschränkt. Zollsenkungen gelten nicht mehr für Gebrauchtwaren und für Konsumgüter. Anträge auf Zollsenkungen für gebrauchte Waren oder IT-Verbrauchsgüter weist das MDIC seit dem 18. August 2023 zurück.

Mercosur-Mitgliedsstaaten entscheiden über Tarifänderungen

Brasilien wendet den gemeinsamen Zolltarif des Mercosur an. Jede Tarifänderung ist daher eine Entscheidung aller Mercosur-Staaten. Bis Dezember 2021 galt für Importeure noch die Entscheidung Mercosur/CMC/DEC.Nr. 25/15 des Mercosur-Rates zu Kapitalgütern und IT-Produkten. Danach konnte Brasilien nur bis zum 31. Dezember 2021 von dem gemeinsamen Zolltarif des Mercosur abweichende Zölle bis zu null Prozent für diese Produkte erheben.

Im letzten Quartal 2021 war daher zunächst unklar gewesen, ob Brasilien das „Ex-Tarifário“ im Jahr 2022 fortführen würde. Brasilien hatte sich im Mercosur für eine Verlängerung des Regimes eingesetzt. Die Entscheidung musste von den übrigen Mercosur-Staaten mitgetragen werden.

Mit Entscheidung Mercosur/CMC/DEC. Nr. 08/21 vom 13. Dezember 2021 räumte der Mercosur-Rat Brasilien schließlich die Möglichkeit ein, weiterhin längstens bis zum 31. Dezember 2028 einen von dem gemeinsamen Zolltarif des Mercosur abweichenden Zollsatz für Kapitalgüter und IT-Produkte anzuwenden. Auch Zollbefreiungen sind damit nun weiterhin möglich. Diese Möglichkeit besteht auch für die übrigen Mercosur-Mitgliedsstaaten Argentinien, Paraguay und Uruguay, jedoch zum Teil mit anderen Fristen.

Die Mitgliedstaaten mussten die Entscheidung bis zum 31. Dezember 2021 in innerstaatliches Recht umsetzen. Brasilien tat dies mit Resolution GECEX 289 vom 21. Dezember 2021, die am nächsten Tag in Kraft trat. Eine Regelung zur Verlängerung bereits bestehender Zollsenkungen über den 31. Dezember hinaus bis zum 30. April 2022 traf die CAMEX mit Resolution GECEX 291.

CHILE / BERGBAU & ROHSTOFFE: Chile steigert Kupferproduktion

Chile ist der wichtigste Kupferproduzent der Welt. Die Förderung steigt. Können die US-Zollpolitik und mögliche Verwerfungen der Weltwirtschaft diesen Trend stoppen?

Kupfer ist gefragt. Die weltweite Nachfrage nach dem roten Metall steigt, getrieben durch:

  • den Ausbau der Stromnetze,
  • die durch den Einsatz erneuerbarer Energieträger notwendigen Stromspeicher sowie
  • die Digitalisierung (Rechenzentren, 5G, Ausbau der künstlichen Intelligenz, Blockchain-Technologien).

Bei der Deckung des globalen Bedarfs spielt Chile eine zentrale Rolle, denn der Andenstaat verfügt über die weltgrößten Kupfervorkommen und ist wichtigstes Förderland weltweit.

Chile baut Führungsposition aus

Im Jahr 2024 förderten die chilenischen Minen rund 5,5 Millionen Tonnen Kupfer, gut 250.000 Tonnen mehr als im Vorjahr, so die staatliche Kupferkommission Chiles Cochilco. Chile war damit vor der Demokratischen Republik Kongo und Peru erneut wichtigstes Abbauland.

Für 2025 geht Cochilco von einem Wachstum der Kupferförderung um 4,6 Prozent auf knapp 5,8 Millionen Tonnen aus. Dank neuer Investitionen könnte die Produktion bis 2027 auf fast 6,1 Millionen Tonnen steigen, ehe sie aufgrund schwächerer Minenleistung allmählich wieder zurückgeht, so eine Studie von BofA Global Research, der Analyseabteilung des US-Finanzinstitutes Bank of America.

Cochilco prognostiziert im optimistischsten Szenario für 2025 Investitionen in den Kupferbergbau von knapp 10 Milliarden US-Dollar (US$). Davon kämen rund 4,4 Milliarden US$ aus dem staatlichen und 5,5 Milliarden US$ aus dem Privatsektor. Die größten Vorhaben planen Antofagasta Minerals, Codelco, Anglo American und Glencore.

Tatsächlich entfallen etwa 95 Prozent der chilenischen Kupferproduktion auf den sogenannten Kupfergroßbergbau (über 50.000 Tonnen Feinkupfer-Output im Jahr), darunter vor allem nationale Player wie Codelco oder internationale Konzerne wie Glencore und Anglo American.

Geopolitische Risiken und Trumpsche Strafzölle

Getrieben wurden die Investitionen bislang von den hohen Kupferpreisen: Bis zum Trumpschen „Liberation Day“ am 2. April 2025 erwartete Cochilco beispielsweise für 2025 einen Durchschnittspreis von 4,25 US$ pro Pfund (Libra) Kupfer, nach zuvor 4,15 US$ (2024) und 3,85 US$ (2023).

Auch die Marktforscher von BofA Global Research gingen von Preiszuwächsen aus. Bis 2027 erwarteten sie einen Anstieg auf 5,44 US$ pro Pfund. Gründe waren die rückläufigen Kupfervorräte in China, die steigende Nachfrage der Volksrepublik und das nach wie vor knappe Angebot. Insgesamt sollte die Weltmarktnachfrage 2025 gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent zulegen, nach einem Plus von 2 Prozent im Jahr 2024.

Doch seit der US-amerikanische Präsident seinen „Zollfeldzug“ gegen die Welt eröffnet hat, ist alles anders, selbst wenn Kupferlieferungen aus Chile in die USA bislang von Strafzöllen verschont geblieben sind. Auf sonstige Importe aus Chile wird hingegen der US-Basiszollsatz von 10 Prozent fällig.

Mehr als die Hälfte des Kupfers geht nach China

Das Gros der chilenischen Kupferexporte geht nach China. Der Anteil der USA lag 2024 bei 11,4 Prozent. Erheben die USA doch noch Zölle auf Kupfer, um die Produktion im eigenen Land zu stimulieren, wäre der Staatskonzern Codelco besonders betroffen. Rund 45 Prozent seiner Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Hauptkunde dort ist ein einziger Kabelhersteller.

Doch Tatsache ist: Solange die USA ihren Bedarf nicht selbst decken können, schaden Zölle der US-Wirtschaft. Der Bau eines neuen Bergwerks würde mindestens 15 Jahre dauern.

Trotzdem bleibt Chile nicht außen vor, speziell, wenn US-Zölle Chiles wichtigsten Kunden China treffen. Ein Handelskrieg zwischen den beiden Weltmächten würde die weltweite Kupfernachfrage und die Preise nach unten drücken. Langfristig sind solche indirekten Effekte derzeit kaum zu kalkulieren. Unmittelbar nach dem 2. April sackte der Kupferpreis um 6 Prozent ab, erholte sich dann aber wieder auf fast das Ursprungsniveau.

Genehmigungsprozesse Hauptsorge für Investoren

Angesichts dieser Perspektive bleibt der Erhalt der notwendigen Genehmigungen die Hauptsorge von Investoren in Chile. Gemäß der nationalen Produktivitätskommission benötigt ein komplexes Minenprojekt bis zu 108 Monate, um alle notwendigen behördlichen Prozesse zu durchlaufen; 71 verschiedene Ämter oder Abteilungen sind zuständig und 309 Anträge einzureichen, von denen 63 das Projekt zum Scheitern bringen können.

Allein für die Umweltverträglichkeitserklärung (Declaración de Impacto Ambiental; DIA) sind im Schnitt rund 345 Millionen US$ zu kalkulieren, und die Kosten für eine Umweltverträglichkeitsstudie (Estudio de Impacto Ambiental; EIA) bewegen sich zwischen 422 Millionen und 1 Milliarde US$.

Nach den Erfahrungen von Juan Carlos Guajardo, Gründer des Bergbau-Thinktanks Plusmining, gilt dies aber nur, „wenn der Prozess seinen idealen Gang geht“ – doch dies ist eigentlich nie der Fall. In der Praxis führen unzählige Nachforderungen zu weiteren Verzögerungen und beschäftigen eine Reihe auf dieses Prozedere spezialisierte Beratungs- und Anwaltsbüros.

Die nächste Herausforderung ist die Beziehung zu den lokalen Gemeinden. Denn ohne die soziale Betriebsgenehmigung, die „social licence to operate“ läuft in Chile nichts.

ECUADOR / ZÖLLE: Ecuador senkt Importzölle auf bestimmte US-Produkte

Die Zollsenkung soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA, dem wichtigsten Handelspartner Ecuadors, stärken.

Aufgrund der angekündigten US-Zusatzzölle auf Warenimporte aus Ecuador beschloss der ecuadorianische Außenhandelsausschuss (COMEX) die Einfuhrzölle auf Leichtfahrzeuge auf 10 Prozent vorübergehend zu senken. Um den ermäßigten Zollsatz in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt werden. Unter anderem müssen Importwaren mit einem Ursprungszeugnis aus den USA begleitet werden. Dies wurde mit Resolution Nr. 003-2025 bekannt gemacht, die am 10. April 2025 in Kraft trat und bis zum 31. Dezember 2025 gilt. Die betroffenen Zolltarifnummern sind dort (Seite 9) ersichtlich.

Weitere Maßnahmen hinsichtlich der aktuellen US-Handelspolitik hatte der COMEX bereits am 29. März 2025 angekündigt. Mit Resolution Nr. 002-2025 wurden die Importzölle auf Garnelenprodukte befristet auf 0 Prozent gesenkt. Folgende Zolltarifnummern sind von der Zollsenkung betroffen: 0306.17, 0306.17.11.00, 0306.17.12.00, 0306.17.13.00, 0306.17.14.00, 0306.17.19.00, 0306.17.91.00, 0306.17.99, 0306.17.99.10, 0306.17.99.20 und 0306.17.99.90. Die Maßnahme gilt vom 29. März bis zum 31. Dezember 2025.

EL SALVADOR / KI-RECHT: El Salvador verabschiedet KI-Gesetz

Das erste zentralamerikanische Land, das die künstliche Intelligenz regelt, will ein regulatorisches Umfeld ohne zu viele Einschränkungen für Entwickler schaffen.

Am 11. März 2025 trat in El Salvador das Gesetz über künstliche Intelligenz (Ley de Fomento a Inteligencia Artificial y Tecnologias – LFIA) in Kraft. Damit ist El Salvador das erste Land in Zentralamerika, das ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat, und das zweite in Lateinamerika – nach Peru. Das neue Gesetz zielt darauf ab, in dem Land ein günstiges Umfeld für die Entwicklung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zu gestalten. Die wichtigsten Aspekte des Gesetzes werden im Folgenden erläutert.

Ziele

Hauptziel des Gesetzes ist es, die Entwicklung, Erforschung und Anwendung von KI in El Salvador zu fördern und dabei einen angemessenen Rechtsschutz für in diesem Bereich tätige Unternehmen oder Einzelpersonen zu gewährleisten. Zu diesem Zweck sollen Unternehmen gefördert werden, damit sie innerhalb ihrer Organisationsstrukturen in Ausbildungsprogramme für KI investieren. Was den öffentlichen Sektor betrifft, so zielt das Gesetz darauf ab, die Anwendung künstlicher Intelligenz unter anderem in folgenden Bereichen zu optimieren: Gesundheit, Sicherheit und Verkehr. Darüber hinaus ist es eines der Ziele, El Salvador zu einem „Schlüsselakteur“ in der „grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“ zwischen den Ländern der Region zu etablieren (Art. 2 LFIA).

Künstliche Intelligenz und andere relevante Begriffe

Aus Sicht der Rechtsanwendung liegt die Bedeutung des Gesetzes von El Salvador insbesondere in den darin enthaltenen Begriffsbestimmungen. Vier Begriffe sind sowohl für weitere Regelungen als auch für die künftige Rechtsprechung besonders relevant:

Künstliche Intelligenz

KI wird als ein System beschrieben, das in der Lage ist, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern, zum Beispiel Problemlösung und Lernvorgänge. Das System muss autonom oder teilautonom operieren. Auch die Konzepte des Lernvorgangs, der autonomen Systeme und der generativen Modelle werden in dem Gesetz ausführlich behandelt.

Öffentlich zugängliche Daten

Öffentlich zugängliche Daten, sind alle Daten oder Inhalte (Datos de Dominio Abierto – DDA), die über das Internet zugänglich sind (vom ursprünglichen Eigentümer zur Verfügung gestellt). Das Gesetz sieht vor, dass diese Daten uneingeschränkt für KI-bezogene Aktivitäten genutzt werden können. Es wird ausdrücklich festgestellt, dass solche Daten sowohl die aktuellen im Internet verfügbaren Inhalte als auch die Inhalte vor dem Inkrafttreten des Gesetzes umfassen.

KI-gestützte Entscheidungsfindung

Dies meint eine Entscheidung, die von einem KI-System (mit oder ohne Beteiligung von Menschen) getroffen wird. Dies ist ein zentrales Konzept, das in mehreren Artikeln des Gesetzes behandelt wird. Wenn KI für „kommerzielle Zwecke“ oder „öffentliche Dienstleistungen“ eingesetzt wird, besteht die Verpflichtung, den Verbraucher/Dienstleistungsnutzer darüber zu informieren, dass die Entscheidung von einem KI-System getroffen wurde. Es ist gesetzlich festgelegt, dass eine menschliche Person über Beschwerden gegen solche Entscheidungen entscheiden muss (Art. 18 LFIA).

Diskriminierung

Diskriminierung wird definiert als jeder „systematische Fehler“ in den Ergebnissen eines KI-Systems, der auf Geschlecht, Ethnie oder sozioökonomischem Status beruht und bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen „unverhältnismäßig begünstigt oder benachteiligt“ (Art. 4 „g“ und Art. 5 LFIA).

Zuständige Behörde

Das Gesetz sieht die Einrichtung der Nationalen Agentur für Künstliche Intelligenz (Agencia Nacional de Inteligencia Artificial – ANIA) vor, die für die Überwachung und Förderung der Entwicklung von KI im Land zuständig ist (Art. 7 ff LFIA). Zu den Hauptaufgaben der ANIA gehört die Verwaltung eines nationalen Registers von KI-Entwicklern und -Betreibern (Registro Nacional de Desarrollo, Innovación y Aplicación de AI – RNDIA). Die Leitung der ANIA, die oberste Autorität in diesem Bereich, wird vom Präsidenten der Republik für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt.

Haftungsbeschränkung

Das Gesetz zielt darauf ab, El Salvador für in- und ausländische KI-Unternehmen attraktiv zu machen (Art. 15 LFIA). Zu diesem Zweck sieht es eine Reihe von rechtlichen Garantien (Art. 19 LFIA) vor, um die Haftung von KI-Entwicklern wie folgt auszuschließen:

  • Rechtsstreitigkeiten: Gerichtsverfahren, die die Nutzung von DDA für die Entwicklung von KI erschweren könnten, sind einzuschränken.
  • Tests: Aktivitäten in Testumgebungen (ohne kommerzielle Zwecke) begründen keine Haftung für KI-Entwickler, selbst im Falle „unerwünschter Folgen oder Fehler“.
  • Missbräuchliche Nutzung von KI-Tools durch Dritte (im In- oder Ausland): Keine Haftung für Entwickler im Inland.

In diesen und anderen Fällen knüpft das Gesetz solche Garantien an die Einhaltung der Rechte des geistigen Eigentums, den Schutz personenbezogener Daten und die Einhaltung ethischer Grundsätze.

KANADA / VERBRAUCHERSCHUTZ: Verbraucherschutz in Kanada: Was Unternehmen beachten müssen

Unternehmen, die in Kanada geschäftlich tätig werden möchten, sollten sich mit den in Kanada geltenden Verbraucherrechten vertraut machen.

Der kanadische Verbraucherschutz stellt hohe Anforderungen an faire Geschäftspraktiken und die Rechte der Verbraucher. Verstöße können nicht nur zu rechtlichen Konsequenzen führen, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher beeinträchtigen. Um rechtssicher und kundenorientiert am kanadischen Markt zu agieren, sollten sich ausländische Unternehmen daher mit den gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Marketing und Werbung, Produktsicherheit, Produktkennzeichnung oder Gewährleistung vertraut machen.

Unlautere geschäftliche Handlungen (unfair practices)

Unlautere geschäftliche Handlungen sind grundsätzlich Praktiken von Unternehmen, die Verbraucher täuschen oder unfair benachteiligen. Dazu gehören unter anderem irreführende Werbung, falsche Preisangaben, aggressive Verkaufsmethoden oder das Verschweigen wesentlicher Informationen. Ziel solcher Handlungen ist es oft, Verbraucher zu einem Kauf zu bewegen, den sie unter normalen Umständen möglicherweise nicht getätigt hätten. Falsche, irreführende oder täuschende Aussagen und Verkaufspraktiken stellen ein erhebliches Compliance-Risiko für Unternehmen in der gesamten Lieferkette dar – vom Hersteller bis zu den Händlern.

Auf Bundesebene verbietet in Kanada der Competition Act zum Beispiel irreführende Marketingpraktiken (deceptive marketing practices) sowie unbegründete Leistungsbehauptungen über Produkte. Um nicht in Konflikte mit dem kanadischen Wettbewerbsbüro (Competition Bureau Canada) zu geraten, sollten Unternehmen sicherstellen, dass alle ihre Produkte auf dem kanadischen Markt ordnungsgemäß beworben werden. Beim Competition Bureau Canada handelt es sich um eine unabhängige Regierungsbehörde, die für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts zuständig ist. Sie überwacht den kanadischen Markt, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen und geht gegen wettbewerbswidrige Praktiken vor. Ziel ist es, Verbraucher zu schützen und eine dynamische, innovative Wirtschaft zu fördern.

Produktsicherheit

Die kanadischen Verbraucherschutzgesetze des Bundes enthalten auch Vorschriften zur Produktsicherheit. Auf Bundesebene finden sich gesetzliche Regelung zur Produktsicherheit von Konsumgütern im Canada Consumer Product Safety Act (CCPSA). Der CCPSA gilt für die meisten Konsumgüter, ausgenommen sind zum Beispiel Kraftfahrzeuge, Lebensmittel und Arzneimittel, deren Sicherheitsanforderungen durch andere Gesetze vorgeschrieben werden. Konsumgüterlieferanten, wie unter anderem Hersteller, Importeure, Zwischenhändler, Verkäufer und Werbeagenturen, haben die Vorschriften des CCPSA zu beachten.

Führt die Verwendung eines Produktes zu Verletzungen oder Schäden, können die Verbraucher entsprechende rechtliche Schritte einleiten. Dies kann nicht nur zu finanziellen Verlusten, sondern auch zu einem erheblichen Reputationsschaden für Unternehmen führen. Die Nichteinhaltung von Produktsicherheitsvorschriften kann nicht nur Verbraucherklagen nach sich ziehen, sondern auch behördliche Konsequenzen haben. Aufsichtsbehörden können gegebenenfalls auch Geldstrafen verhängen. Daher ist die Einhaltung von Produktsicherheitsstandards essenziell.

Produktkennzeichnung und -verpackung

Auch die Kennzeichnung von Produkten ist in Kanada von großer Bedeutung und wird durch verschiedene Gesetze geregelt. Sie stellt sicher, dass Verbraucher alle notwendigen Informationen über Produkte erhalten, einschließlich Sicherheits- und Gebrauchshinweisen. Gesetzliche Vorgaben zur Produktkennzeichnung finden sich unter anderem im Consumer Packaging and Labeling Act (CPLA) oder dem Food and Drugs Act (FDA).

Sprachliche Voraussetzungen

In Bezug auf die Kennzeichnung von Produkten schreiben die gesetzlichen Regelungen des CPLA vor, dass bestimmte Informationen auf Etiketten in beiden Amtssprachen Kanadas – Englisch und Französisch – vermerkt sein müssen. In Québec stellt die Charta der französischen Sprache sicher, dass alle Informationen auf der Verpackung sowie alle begleitenden Dokumente, wie zum Beispiel Bedienungsanleitungen, (auch) in französischer Sprache verfasst sein müssen.

Gewährleistungsrecht

Das Gewährleistungsrecht, das in Kanada in der Regelungskompetenz der einzelnen Provinzen liegt, ist durch den jeweiligen Sale of Goods Act (SGA) beziehungsweise in der Provinz Québec durch den Civil Code weitgehend vereinheitlicht. Einige Provinzen verfügen zusätzlich über spezielle Regelungen, zum Beispiel in Form eines Consumer Protection Act. Das Recht kann daher von Provinz zu Provinz variieren.

In der Provinz Québec beispielsweise müssen Produkte, die an Verbraucher verkauft werden, von akzeptabler Qualität (acceptable quality), sicher (safe) und für die Zwecke geeignet sein, für die Produkte dieser Art normalerweise verwendet werden (fit for the purposes for which products of that kind are ordinarily used).

NORDAMERIKA / WASSERSTOFF: Nordamerikas Wasserstoffwirtschaft wächst

Trumps Faible für die Fossilen könnte das Wachstum zwar bremsen. Aber Wasserstoff bleibt aussichtsreich. Technologieexport und Partnerschaften bieten Chancen für deutsche Firmen.

Kalifornien hat im September 2024 das erste Wasserstoffzentrum in den USA eröffnet, das sich auf grünen Wasserstoff konzentriert. Frühere Projekte wie der „Mid-Atlantic Clean Hydrogen Hub“ hatten bei der Produktion von Wasserstoff noch auf einen Mix aus erneuerbaren Energien und Atomstrom gesetzt oder – wie der „Appalachian Regional Clean Hydrogen Hub“ – auf Erdgas und die Abscheidung des entstehenden Kohlendioxids (CO₂).

Trumps Politik könnte Kooperationen im Wasserstoffbereich beeinträchtigen

Doch die jüngste US-Politik führt zu Unsicherheiten. So hat Präsident Trump per Dekret die Finanzierung im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) und des Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) ausgesetzt. Betroffen sind saubere Energieprojekte, darunter sieben Wasserstoffhubs und die dazugehörige Infrastruktur. Dank dieser Maßnahmen hatte der US-Wasserstoffsektor in den letzten Jahren einen Investitionsschub erlebt.

Beide Gesetze (IRA und IIJA) wurden indes durch den Kongress verabschiedet. Es braucht daher eine formelle Gesetzesänderung oder gerichtliche Anordnung, um sie aufzuheben oder zu ändern. Gerichte könnten letztendlich entscheiden, dass das Geld wieder ausgezahlt werden muss.

Erste Ölmultis machen eine Rolle rückwärts: BP und ExxonMobil haben ihre Investitionen in Wasserstoff zurückgeschraubt und konzentrieren sich wieder mehr auf Öl- und Gasprojekte. Trumps Protektionismus könnte auch internationale Handelsbeziehungen und Kooperationen beeinträchtigen – etwa indem er grenzüberschreitende Wasserstoffprojekte und grüne Frachtkorridore erschwert.

Noch vor gut zwei Jahren: deutliches Signal zur Marktintegration

Anfang 2023 hatten die USA, Kanada und Mexiko vereinbart, einen nordamerikanischen Markt für sauberen Wasserstoff zu entwickeln. Mexiko befindet sich zwar noch im Anfangsstadium, hat aufgrund seiner günstigen Bedingungen für Erneuerbare aber großes Potenzial. Die drei Länder wollten Standards und Normen für die Produktion und Nutzung von Wasserstoff harmonisieren, um den Handel zu erleichtern sowie grenzüberschreitende Cluster und grüne Güterverkehrskorridore zu schaffen.

Doch es herrscht nicht nur Pessimismus. Trump steht zwar Elektroautos und der Windenergie kritisch gegenüber, in Bezug auf Wasserstoff hat er sich aber nicht so lautstark geäußert. Vier der sieben genehmigten Wasserstoffhubs liegen in Bundesstaaten, die bei der Wahl 2024 für Trump gestimmt haben. Außerdem will die Bundesregierung ihre Abhängigkeit von ausländischen Importen verringern. Chinas Interesse, den Markt für kohlenstoffarmen Wasserstoff anzuführen, könnte den Republikaner daher anspornen, auch weiterhin entsprechende Projekte zu fördern.

Während Deutschland grünem Wasserstoff klar den Vorrang einräumt, sind die USA und Kanada technologieoffener. So unterstützen beide Länder auch die Erzeugung und Nutzung von blauem Wasserstoff, beispielsweise durch Dampfreformierung in Verbindung mit CO₂-Abscheidung und -speicherung.

Neuere Studien zeigen indes, dass die Herstellung von blauem Wasserstoff höhere Emissionen verursacht als die direkte Nutzung fossiler Brennstoffe. Strengere Umweltauflagen könnten die Folge sein, was zusätzliche Kosten und Verzögerungen bei der Genehmigung und Umsetzung solcher Projekte verursachen würde.

Grüne Wasserstoffprojekte sind in Kanada fest geplant, brauchen aber längeren Atem

Trotz der neuen Studien bleibt Linde bei seinem Engagement im Bereich blauer Wasserstoff in der Provinz Alberta: Der Konzern investiert dort mehr als 2 Milliarden US-Dollar (US$) in eine Anlage für sauberen Wasserstoff und will erhebliche Mengen CO₂ abscheiden und speichern. Während Alberta aufgrund seiner umfangreichen Erdgasreserven vor allem als Standort für die Produktion von blauem Wasserstoff in Betracht kommt, eignen sich Québec (Wasserkraft) und British Columbia (Wasserkraft, Windkraft) für grünen Wasserstoff durch Elektrolyse.

Insbesondere Kanadas Atlantikprovinzen (Neufundland und Labrador, Nova Scotia, New Brunswick) können auf reichlich Windressourcen für die Herstellung von grünem Wasserstoff zurückgreifen. Dieser soll künftig in Form von Ammoniak nach Deutschland verschifft werden. „Mit den ersten Lieferungen können wir frühestens zwischen 2026 und 2028 rechnen“, sagt Jens Honnen vom Forschungs- und Beratungsinstitut adelphi. Das ursprüngliche Ziel 2025 ist nicht mehr erreichbar, da für keines der großen Grünwasserstoffprojekte bislang eine endgültige Investitionsentscheidung vorliegt.

Denn zum einen muss dafür der Preis stimmen. Kurzfristig zumindest bleibt graues (und blaues) Ammoniak aber günstiger als grünes. Der Blick fällt hier auf Ammoniak, da Wasserstoff für den Langstreckentransport häufig in diesen Grundstoff umgewandelt wird. Laut einer Analyse von Bloomberg NEF werden die Kosten für grünes Ammoniak bis 2030 zwar deutlich sinken, doch selbst in den günstigsten Märkten wird es voraussichtlich erst in den späten 2030er-Jahren erschwinglicher sein als blaues.

Zudem werden die von Deutschland und Kanada in Aussicht gestellten Mittel zurzeit noch beihilferechtlich von der Europäischen Kommission geprüft. „Wir erwarten die ersten Auktionen für kanadische Projekte im Rahmen von H2Global noch in diesem Jahr. Dann können erste Verträge unterzeichnet und auch finale Investitionsentscheidungen getroffen werden“, ergänzt Honnen.

Grundsätzlich gute Zulieferchancen, doch es gibt Barrieren

Anbieter von Elektrolyseuren, Brennstoffzellen sowie Wasserstoffspeicher- und -infrastrukturlösungen haben dadurch gute Chancen. Ein wichtiges Förderinstrument sind Kanadas grüne Steuergutschriften (ITCs), die – im Gegensatz zum amerikanischen IRA – keine Regeln für Local-Content enthalten: Während die USA zum Beispiel beim Kauf bestimmter Hardware bei großem heimischen Wertschöpfungsanteil einen höheren ITC gewähren als bei einem kleinen, sieht Kanada von solch protektionistischen Maßnahmen ab.

Dennoch sind Marktzugangsbarrieren auch in Kanada nicht zu unterschätzen. Siemens Gamesa musste in seine Windturbinen Technologien zur Geräuschreduzierung integrieren, um lokale Lärmemissionsgrenzen einzuhalten. Oft müssen auch Partnerschaften mit indigenen Völkern geschlossen werden.

USA / Data-Center: Data-Center-Boom in den USA beschleunigt sich

Mit leistungsfähigeren KI-Modellen verdreifacht sich der Rechenbedarf bis 2030. Entsprechend wächst auch die Nachfrage nach effizienter Ausrüstung wie Kühl- und Elektrotechnik.

Nvidia-Gründer Jensen Huang versuchte auf der hauseigenen GTC-Konferenz in San José Euphorie zu verbreiten: Die Welt wird hundertmal mehr Rechenleistung für fortschrittliche KI-Systeme benötigen, als wir noch vor einem Jahr für notwendig gehalten haben, sagte er bei seiner Keynote im März 2025. Bei der Rede ging es aber auch darum, aufgekommene Zweifel zu zerstreuen.

Denn nur wenige Wochen zuvor sorgte das chinesische Start-up DeepSeek für einen Schockmoment im Silicon Valley. Das KI-Modell R1 soll laut den Entwicklern von DeepSeek mit geringerem Energieverbrauch und niedrigeren Kosten laufen – und stellte damit den künftigen Bedarf an Rechenleistung in Frage. Sorgen, die man bei Nvidia für unbegründet hält, vielmehr wird erwartet, dass die Entwicklung hin zu Reasoning Models und KI-Agenten für eine Explosion des Rechenbedarfs sorgt.

Reasoning Models – wie KI das Denken lernt

Ein traditionelles Large-Language-Modell (LLM) wie ChatGPT-4 antwortet auf eine gestellte Frage sofort. Reasoning Modelle gehen komplexe Aufgaben hingegen Schritt für Schritt an. Dabei denken sie gewissermaßen hin und her, und prüfen verschiedene Lösungswege, bevor sie eine Antwort liefern. Die dabei produzierten Datenmengen sind so groß, dass die Rechenleistung deutlich steigen muss, um schnell genug eine Antwort zu liefern. „Nutzer werden nicht bereit sein, zehnmal so lange zu warten, nur weil eine Antwort auf zehnmal mehr Daten basiert“, erklärte Jensen Huang.

Auch andere Stimmen im Silicon Valley sehen die Nachfrage nach Rechenleistung ungebrochen. Dabei wird unter anderem auch auf das sogenannte Jevons-Paradox verwiesen. Selbst wenn KI-Modelle effizienter werden, könnte die Gesamtnachfrage nach Rechenleistung weiter steigen, da KI-Anwendungen billiger und vielseitiger einsetzbar werden. Hier kommen die KI-Agenten ins Spiel: darunter versteht man Systeme, die nicht nur eigenständig denken und planen, sondern auch handeln könnten. Jensen Huang wagte sogar die Prognose, dass ein Techmitarbeiter künftig von 10 KI-Agenten unterstützt. Pro Aufgabe benötigen KI-Agenten ein Vielfaches an Rechendurchläufen als bisherige Modelle.

Ausbau der Rechenkapazitäten läuft auf Hochtouren

Insofern verwundert es nicht, dass der Bau-Boom für neue Data-Center unvermindert anhält. Laut Analysen Bloom Energy dürfte die Rechenleistung in amerikanischen Data Centern bis 2030 auf 80 Gigawatt steigen, dies entspricht einem durchschnittlichen Wachstum von 20 Prozent pro Jahr. Die Beratungsgesellschaft Wood Mackenzie zählte im März 2025 insgesamt 177 Projekte, die sich im Bau oder in der Planung befinden – mit einem zugehörigen Investitionsvolumen von rund 195 Milliarden US-Dollar (US$).

Als weltweit größter Hub für Rechenzentren hat sich der Norden des US-Bundesstaates Virginia etabliert. Der lokale Stromversorger Dominion Energy beliefert in seinem Einzugsgebiet insgesamt 450 Rechenzentren mit einer Anschlussleistung von etwa 9 Gigawatt. Zusätzliche 31 Gigawatt sind durch Projektentwickler bereits angefragt. Wie genau die dafür erforderlichen Strommengen bereitgestellt werden sollen, ist noch unklar.

Großprojekte suchen nach geeigneten Standorten

Entwickler zieht es mittlerweile überall hin, wo Land und Strom ausreichend zur Verfügung stehen. Dadurch entstehen mittlerweile immer mehr Rechenzentren außerhalb etablierter Hochburgen. Meta errichtet sein bisher größtes Rechenzentrum für 10 Milliarden US$ im bislang nur landwirtschaftlich geprägten Richland Parish in Louisiana. Das gigantische Stargate-Projekt wählte den Westen von Texas als ersten Standort aus, da die Region optimale Voraussetzungen für die Energieerzeugung bietet.

Die hinter Stargate stehenden Unternehmen OpenAI, Oracle und SoftBank wollen in den kommenden 4 Jahren rund 100 Milliarden US$ in den Bau von 10 neuen Data Centern investieren, jeweils mit einer Anschlussleistung von mindestens 1 Gigawatt. Auf längere Sicht sollen sogar 500 Milliarden US$ in den Aufbau einer KI-Infrastruktur gesteckt werden.

USA / BERGBAU & ROHSTOFFE: US-Bergbau investiert in effizienzsteigernde Technologien

Der Sektor bekommt viel Unterstützung aus dem Weißen Haus. Die Bergbauunternehmen setzen zunehmend auf größere und batteriebetriebene Maschinen sowie auf autonome Systeme.

Im Bergbau ticken die Uhren anders. Hier haben Investitionsprojekte einen Planungshorizont von mehreren Jahrzehnten. Daher ist in dem Sektor von der Aufregung, die Donald Trumps erratische Zollpolitik in vielen Bereichen der US-Wirtschaft auslöst, relativ wenig zu spüren. Nur wenn immer mehr Handelspartner Vergeltungszölle erheben, könnte es problematisch werden, denn der Bergbau erwirtschaftet traditionell hohe Handelsbilanzüberschüsse. Doch nachdem der US-Präsident am 9. April 2025 die reziproken Zölle auf 60 Länder für 90 Tage ausgesetzt hatte, stehen die Zeichen wieder auf Entwarnung.

Die Stimmung bei den Bergbauunternehmen ist daher außergewöhnlich gut, denn sie bekommen viel Rückenwind aus dem Weißen Haus. So unterzeichnete Trump seit Amtsantritt mehrere Dekrete zur Unterstützung von fossilen Energien und zur Rohstoffsicherung. Zwar dürften nicht alle Anordnungen Bestand haben, da sie etwa in die Befugnisse der Bundesstaaten fallen. Auch ist mit Klagen vor den Gerichten zu rechnen. Dennoch kann der Bergbau in den nächsten vier Jahren mit beschleunigten Genehmigungsverfahren und weniger strengen Umweltauflagen rechnen.

Der Vorsitzende der National Mining Association, Rich Nolan, stellte Mitte März 2025 auf der Verbandswebseite fest: „Das Hochfahren des Rohstoffsektors ist aus dem Gesichtspunkt der nationalen Sicherheit eine Notwendigkeit und Donald Trumps Maßnahmen erkennen dies klar an.  Wir können Chinas Erpressung im Rohstoffsektor endlich etwas entgegensetzen.“

Rückenwind aus dem Weißen Haus dürfte Absatz beschleunigen

Dies verspricht gute Chancen für Anbieter von Bergbautechnologie. Das US-Marktvolumen belief sich 2023 laut Grandview Research auf gut 17 Milliarden US-Dollar (US$), was einem Achtel des globalen Weltmarktes entspreche. Bis 2030 soll das Geschäft auf über 22 Milliarden US$ anwachsen. Das kommt einem jährlichen Nominalwachstum von knapp 4 Prozent gleich. Diese Prognose wurde vor der Wahl Trumps zum US-Präsidenten aufgestellt. Daher könnte das Plus in den kommenden vier Jahren stärker ausfallen.

Die verschiedenen Sparten der Bergbautechnologie entwickeln sich unterschiedlich schnell. Überdurchschnittliches Wachstumspotenzial sehen Berater bei elektrisch betriebenen Maschinen. Die Minengesellschaften experimentierten zunehmend mit solchen Geräten. Unter Tage bringen sie den großen Vorteil, dass keine Abgase anfallen und kein Sauerstoff verbraucht wird.

Fachkräftemangel und erschöpfte Minen beflügeln Investitionen

Zugleich streben die Betreiber eine höhere Effektivität ihrer Maschinen an. Die Minen sind infolge des intensiven Abbaus der letzten Jahrzehnte zunehmend erschöpft und der Metallgehalt der Erze sinkt. Um den gleichen Ertrag zu erzielen, müssen immer größere Anlagen eingesetzt werden. Marktforscher erwarten ein überdurchschnittliches Wachstum bei Maschinen und Fahrzeugen mit einer Leistung von mehr als 2.000 PS.

Ein weiterer Trend ergibt sich aus der Lage auf dem Arbeitsmarkt. In den USA herrscht Vollbeschäftigung, und die Löhne gehören zu den höchsten weltweit. Laut dem U.S. Geological Survey betrug der durchschnittliche Monatslohn unter Tage im Jahr 2023 etwa 7.800 US$. Trotz der hohen Gehälter zieht es viele Arbeitskräfte in weniger anstrengende und mit weniger Gesundheitsrisiken behaftete Berufe. Die Unternehmen setzen daher verstärkt auf Automatisierungstechnik und autonome Systeme.

Ausgaben für Technologie steigen rasant

Dieser Trend besteht laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens IBIS World schon länger, er hat sich aber seit 2020/2021 dramatisch beschleunigt. So sank der Anteil der Personal- an den Gesamtkosten deutlich, während die Ausgaben für Materialien und Technologien stiegen. Unterstützt wird dieser Prozess durch die Konsolidierung innerhalb der Branche. Die Firmen werden immer größer und finanzkräftiger. Lediglich die hohen Zinsen wirken investitionshemmend.

Ausländische Anbieter bislang gut im Geschäft

Die größten Anbieter von Bergbaumaschinen in den Vereinigten Staaten sind Caterpillar, Liebherr und Epiroc. Weitere wichtige Branchenhersteller sind Sany, Doosan, CNH Industrial, Deere & Company (John Deere) sowie Komatsu. Damit spielen ausländische Maschinenbauer eine gewichtige Rolle im US-Markt.

Die meisten dieser Firmen vollziehen Fertigungs- und Montageschritte in den USA. Doch oft werden Kernkomponenten in der Heimat gefertigt. Dort findet zumeist auch die Forschung und Entwicklung statt. Eine komplette Verlagerung der Produktion in die USA gestaltet sich wegen des Fachkräftemangels schwierig, insbesondere im produzierenden Gewerbe.

Zölle mit Risiken UND Chancen

Das Importgeschäft lässt sich schwer planen angesichts der vielen Zölle, die Trump angekündigt, erlassen oder verschoben hat. Doch schon jetzt lässt sich sagen, dass sie die Preise für Maschinen und Anlagen in die Höhe treiben werden. So wirkt speziell der Zoll auf Stahl- und Aluminiumprodukte inflationstreibend. Bei Produkten, für die es keine oder zu wenige US-Hersteller gibt, dürften die Importeure einen Großteil der Zollabgaben an ihre Endnachfrager weiterreichen.

Deutsche Anbieter konkurrieren in den USA oft mit chinesischen Unternehmen. Da Trump wesentlich höhere Zölle auf China als auf die EU verhängte, dürften die US-Einfuhren aus dem Reich der Mitte kräftig sinken. Dann könnten deutsche Anbieter die Lücke füllen. Jedoch lassen sich auf dieser Basis keine unternehmerischen Entscheidungen fällen, denn nahezu täglich gibt es Veränderungen bei den Zöllen.

Strukturdaten zum Bergbau

Insgesamt belief sich die wertmäßige Förderung des US-Bergbaus laut dem U.S. Geological Survey 2024 auf 133 Milliarden US$, was einem Rückgang von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Sektor beschäftigte zusammen mit seinen nachgelagerten Industrien laut der Behörde 2023 rund 1,3 Millionen Menschen, von denen knapp 200.000 unter Tage arbeiteten.

USA / FAHRZEUGE: USA leiten Untersuchung zu Einfuhren von Lastkraftwagen ein

Die US-Regierung prüft neue Handelsmaßnahmen für die Einfuhr von mittelschweren und schweren Lastkraftwagen und verwandten Teilen.

Am 22. April 2025 hat der US-Handelsminister eine Untersuchung eingeleitet, um die Auswirkungen von Importen mittel- und schwerer Lastwagen sowie ihrer Ersatzteile und Derivate auf die nationale Sicherheit zu überprüfen. Diese Untersuchung erfolgt gemäß Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962. Die Öffentlichkeit ist eingeladen, schriftliche Kommentare, Daten, Analysen oder relevante Informationen an das Bureau of Industry and Security des Handelsministeriums zu senden. Die Bekanntmachung hebt bestimmte Themen hervor, zu denen die Meinungen der Öffentlichkeit besonders gefragt sind.

Kommentare können jederzeit eingereicht werden, müssen jedoch spätestens bis zum 16. Mai 2025 beim zuständigen Amt eingehen.

Weitere Informationen zu der Untersuchung sowie zur Möglichkeit, sich daran zu beteiligen, finden Sie in der Notice of Request for Public Comments on Section 232 National Security Investigation of Imports of Trucks.

USA / QUANTENCOMPUTING: Praktische Quantenberechnungen rücken in greifbare Nähe

IT-Unternehmen in den USA melden Durchbrüche. Dadurch könnte, was einst Jahrzehnte entfernt schien, schon bald Realität werden: der Bau leistungsstarker Quantencomputer.

Amerikanische Tech-Unternehmen investieren massiv in künstliche Intelligenz – doch parallel zu dieser Entwicklung nimmt bereits der nächste Durchbruch Formen an. Microsoft und andere Firmen arbeiten mit Hochdruck daran, dass schon in wenigen Jahren praktische und nützliche Quantenberechnungen möglich sein sollen. „Gemeinsam mit unserem Partner Atom Computing wollen wir noch im Jahr 2025 einen Quantencomputer mit 50 logischen Qubits auf den Markt bringen“, kündigte Krysta Svore, Technical Fellow bei Microsoft, auf der GTC-Konferenz im März 2025 im kalifornischen San José an.

Ein solcher Schritt wäre ein Meilenstein, denn bisherige Quantencomputer dienen vor allem experimentellen Zwecken. Mit 50 logischen Qubits wären Berechnungen möglich, die heutige Supercomputer an ihre Grenzen brächten. „Für die nächste Generation arbeiten wir bereits an Quantencomputern mit 100 logischen Qubits, womit auch klassische Methoden in der Wissenschaft übertroffen werden könnten“, so Svore. Dies könnte neue Möglichkeiten in Bereichen wie der Arzneimittel- und Materialforschung eröffnen.

Bei Qubits zählt Qualität, nicht Quantität

Das Konzept der logischen Qubits ist wie die gesamte Quantentechnologie hochkomplex. Klassische Computer verarbeiten Informationen in Form von Bits, die nur zwei Zustände kennen – 0 oder 1. Quantencomputer arbeiten hingegen mit subatomaren Teilchen, sogenannten physikalischen Qubits, die nicht nur den Zustand 0 oder 1 annehmen, sondern auch gleichzeitig 0 und 1 repräsentieren können. Aufgrund dieser und weiterer quantenmechanischer Eigenschaften könnten Quantenprozessoren bei bestimmten Aufgaben eine exponentiell höhere Rechenleistung erreichen als bisherige Systeme.

Physikalische Qubits können auf verschiedene Weise erzeugt werden, etwa mit supraleitenden Schaltkreisen, Ionenfallen, neutralen Atomen, Quantenpunkten, Photonen oder Spins in Diamanten. Entscheidend ist dabei aber nicht die Anzahl, sondern die Zuverlässigkeit der Qubits. Denn Quanteninformationen sind sehr störanfällig, etwa durch Umwelteinflüsse wie Wärme, Strahlung oder Rauschen. Dies könnte leicht zu Fehlern in Berechnungen führen.

„Ein spannender Trend, der sich gerade abzeichnet, ist die wachsende Bedeutung der Quantenfehlerkorrektur“, erklärte Simone Severini, General Manager für Quantum Technologies bei AWS, auf der GTC-Konferenz. Bei dieser Methode werden viele fehleranfällige physikalische Qubits zu einem stabilen logischen Qubit zusammengefasst. Für die von Microsoft geplanten 50 logischen Qubits werden deshalb über 1.000 physikalische Qubits benötigt.

Bei logischen Qubits geht es plötzlich schnell

Die Fähigkeit, logische Qubits in größerem Maßstab zu realisieren, gilt als zentrales Element für zuverlässige Quantencomputer – und genau in diesem Bereich ging es zuletzt Schlag auf Schlag.

Den Auftakt machte im Dezember 2024 Google mit dem neuen Quantenprozessor Willow, der erstmals in der Lage ist, Fehler in exponentieller Weise zu korrigieren. Je mehr Qubits der Willow-Chip verwendet, desto mehr Fehler können korrigiert werden. Bislang galt genau das Gegenteil: Mehr Qubits bedeuteten auch mehr Fehler. Mit Willow konnte Google eine Benchmark-Berechnung in weniger als fünf Minuten durchführen, für die der schnellste heutige Supercomputer zehn Septillionen Jahre benötigen würde; ein Zeitraum, der das Alter des Universums bei Weitem übersteigt.

Amazon folgte im Februar 2025 mit einem Prototyp des Quantenprozessors Ocelot. Er basiert auf sogenannten Cat-Qubits – eine spezielle Form von supraleitenden Qubits, die auf dem Prinzip von Schrödingers Katze beruhen. Diese Architektur ermöglicht eine effizientere Fehlerkorrektur und kann die Zahl benötigter physikalischer Qubits pro logischem Qubit um bis zu 90 Prozent reduzieren.

Quantencomputerstandort in Süddeutschland

Ebenfalls im Februar 2025 sorgte Microsoft mit dem Majorana-1-Prozessor in der Fachwelt für Aufsehen. Dieser nutzt topologische Qubits, die besonders fehlerresistent sind. In Zukunft könnte ein einzelner Majorana-Chip auf bis zu 1 Million Qubits skaliert werden – ein möglicher Durchbruch für leistungsfähige und fehlertolerante Quantencomputer.

Auch der Quantenpionier IBM macht große Fortschritte. Der für 2029 angekündigte Quantum-Starling-Prozessor soll 200 logische Qubits enthalten. Ab 2033 plant IBM den Bau von Quantencomputern mit mehreren Tausend logischen Qubits. In Poughkeepsie, New York betreibt IBM das weltweit größte Quantenrechenzentrum. Im baden-württembergischen Ehningen eröffnete das Unternehmen im Oktober 2024 einen zweiten Standort für Quantencomputer.

Quantencomputer der Superlative soll in Chicago entstehen

Neben den großen Technologieunternehmen zeichnen sich die USA durch eine sehr aktive Start-up-Szene im Bereich Quantencomputing aus. Dazu zählen Unternehmen wie IonQ und Quantinuum für Ionenfallen, Rigetti und Quantum Circuits für supraleitende Qubits sowie QuEra und Atom Computing für neutrale Atome. PsiQuantum wiederum verfolgt einen photonikbasierten Ansatz.

Chips aus Dresden und Komponenten aus Mannheim für Illinois

In Chicago plant PsiQuantum bis 2028 den Bau eines Quantencomputers mit bis zu einer Million fehlertoleranter Qubits. Das Unternehmen fungiert dabei als Ankermieter des geplanten Illinois Quantum and Microelectronics Park (IQMP). PsiQuantum will selbst über 1 Milliarde US$ in das Projekt investieren. Der IQMP kann zusätzlich mit Fördermitteln in Höhe von rund 1,3 Milliarden US$ rechnen, die insbesondere vom Bundesstaat Illinois stammen.

Für das Vorhaben kooperiert PsiQuantum mit dem Hersteller von Halbleitern Global Foundries, welcher die für das Projekt benötigten Chips in New York und Dresden produzieren will. Zudem arbeitet PsiQuantum mit dem Mannheimer Unternehmen Extoll zusammen, das Komponenten und Chiplets liefert, um die Datenkommunikation innerhalb des photonischen Quantencomputers zu optimieren. Dies ist ein gutes Beispiel, wie deutsche Technologieunternehmen am Quantencomputerbau mitverdienen können.

Asien und Ozeanien

AUSTRALIEN / WINDENERGIE: Mehr Wettbewerb in Australiens Windmarkt absehbar

In Australiens Onshore-Windmarkt sind Ausrüster aus der ganzen Welt aktiv. Für deutsche Unternehmen ist die chinesische Windbranche momentan noch ein Konkurrent unter vielen.

Traditionell dominieren westliche Erstausrüster, also amerikanische oder europäische Anbieter, Australiens Markt für Windturbinen. Die zunehmende Konkurrenz aus Asien ändert daran bisher nichts. Chinesische Konkurrenten sind vor allem für die Hersteller großer Turbinen bisher noch keine direkten Rivalen. Dennoch beobachten unter anderem deutsche Unternehmen, dass chinesische Firmen im Windturbinensektor schnelle Fortschritte gemacht haben.

Chinesische Anbieter gewinnen bei Turbinen Marktanteile

Das dänische Unternehmen Vestas ist nach wie vor der dominierende Anbieter von Windturbinen in Australien. Ebenso verkauft der deutsch-spanische Hersteller Siemens Gamesa hier erfolgreich Turbinen.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich auch der chinesische Hersteller Goldwind etabliert. Er installierte Turbinen für kleinere Projekte oder entwickelte eigene Projekte, von denen er sich später wieder trennte. Mit dieser Strategie sammelte Goldwind Referenzen auf dem Markt, was den Verkauf seiner Ausrüstungen an andere Akteure erleichtert. So hat der australische Projektentwickler Squadron Energy entschieden, Goldwind-Turbinen für den Windpark Clark Creek in Queensland zu kaufen. Dies zeigt die wachsende Akzeptanz chinesischer Produkte. Der chinesische Anlagenhersteller Envision Energy expandiert ebenfalls, bleibt aber im Vergleich zu westlichen Firmen zunächst zweitrangig.

Bisher kein Preiskampf seitens chinesischer Akteure

Trotz des steigenden Wettbewerbs auf Australiens Onshore-Windmarkt befinden sich westliche Erstausrüster derzeit nach eigenen Aussagen nicht in einem aggressiven Preiskampf mit chinesischen Anbietern. Das habe unter anderem den Grund, dass der Windmarkt in China so hart umkämpft sei, dass dort kaum Profite einzufahren sind, so ein deutscher Anbieter. Die Margen im australischen Markt sind für Windenergieunternehmen jedoch gut und schaffen aktuell auch chinesischen Unternehmen etwas Erleichterung.

Goldwind und Envision Energy haben sich zudem auf kleinere Anlagen (4 bis 5 Megawatt) konzentriert, während westliche Anbieter den Markt für Anlagen von 6 bis 7 Megawatt dominieren, so ein Branchenvertreter. Sie konkurrieren daher nur selten direkt mit westlichen Firmen.

Finanzierung stellt für Anbieter aus China Hürde dar

Chinesische Unternehmen steigern dank Referenzprojekten ihre Bekanntheit, allerdings bleibt für sie die Finanzierung von neuen Projekten eine Herausforderung. So zögern einige Kreditgeber, wie die australische Macquarie Group, Projekte mit chinesischer Beteiligung zu finanzieren. Westliche Anbieter genießen nach wie vor einen Wettbewerbsvorteil in puncto Zuverlässigkeit und Vertragserfüllung. Das gilt vor allem für extern finanzierte Windprojekte.

Gleichzeitig scheint die Skepsis unter Investoren und Projektentwicklern allmählich geringer zu werden. So konnte Goldwind für sein Projekt Stockyard Hill Wind Farm unter anderem drei australische Banken für die Finanzierung gewinnen. Ebenso ist Envision Energy wohl in der Lage, mit westlichen Finanzierern wie Brookfield Asset Management Verträge zur Entwicklung von Energieprojekten zu schließen.

Zukunft des Turbinen-Wettbewerbs in Australien ungewiss

Original Equipment Manufacturer (OEM) aus Amerika und Europa sehen ihre Hauptkonkurrenz nach wie vor in anderen westlichen Unternehmen und nicht in chinesischen Herstellern. Langfristig wird sich diese Dynamik wahrscheinlich ändern.

Unternehmen aus China haben bewiesen, dass sie in der Lage sind, schrittweise Marktanteile zu gewinnen. Ihre Expansion in größere Turbinenkategorien könnte die westliche Dominanz im australischen Windenergiesektor untergraben.

Sollten chinesische Windturbinenhersteller zukünftig größere Anlagen im Bereich von 6 bis 7 Megawatt ins Auge fassen, stünden sie schnell im Wettbewerb mit westlichen OEM, so ein Marktakteur. Bräche etwa der chinesische Inlandsmarkt für Windenergie zusammen, würde das die Dynamik in Australien verändern. Eine angeschlagene chinesische Windbranche könnte westliche Hersteller in Australien unterbieten und so einen Preiskampf auslösen – ein Szenario, für das es aktuell allerdings keine Anzeichen gibt, sagen Marktteilnehmer.

Markt für Offshore-Wind bislang kaum entwickelt

Im Vergleich zu anderen Märkten für erneuerbare Energien steckt die Offshore-Windindustrie in Australien noch in den Kinderschuhen. Den australischen Markt stellen politische Unsicherheiten und begrenzte Entwicklungszonen vor Herausforderungen. Gegenwärtig ist die Bass Strait einer der wenigen potenziellen Standorte für die Entwicklung von Offshore-Windanlagen. Auch hier gibt es bei der Finanzierung Hürden.

Sollten die Projekte in der Bass Strait eine Finanzierung erhalten, wären die wahrscheinlichsten Nutznießer große westliche Erstausrüster wie Siemens, Vestas oder General Electric. Während chinesische Unternehmen weltweit in anderen Regionen Interesse an Offshore-Windkraftanlagen gezeigt haben, gibt es bisher kaum Anzeichen dafür, dass sie in Australien einen bedeutenden Vorstoß unternehmen.

Zukunft des Offshore-Windsektors hängt vom Wahlergebnis ab

Die Zukunft des Windsektors hängt nicht zuletzt vom Ausgang der im Mai 2025 anstehenden Bundeswahlen ab. Ein Sieg der aktuell oppositionellen Liberal Party unter Peter Dutton könnte Offshore-Windprojekte stark einschränken oder gar stoppen. Denn eine von Dutton geführte Regierung dürfte zu einer grundlegenden Neuausrichtung der Energiepolitik führen.

Der von Dutton verfolgte liberale Kurs priorisierte in der Vergangenheit marktorientierte Entscheidungen und den Einsatz traditioneller Energiequellen. Ein Wahlsieg der Liberal Party könnte daher zur Kürzung staatlicher Förderung und zurückgeschraubten Zielen bei erneuerbaren Energien führen. Ihr Ausbau würde sich wohl verlangsamen. Hier lohnt es sich für deutsche Unternehmen, die Entwicklungen genau zu beobachten.

CHINA / AUSSENHANDEL: Antidumping – Kettenplatten aus Stahl mit Ursprung in China

Die Europäische Kommission gibt die Einführung vorläufiger Antidumpingzölle bekannt.

Im August 2024 leitete die Europäische Kommission das Antidumpingverfahren ein. Nun führt sie vorläufige Antidumpingmaßnahmen ein. Diese gelten mit Wirkung vom 23. April 2025.

Einführung vorläufiger Antidumpingzölle

Bei der betroffenen Ware handelt es sich um Einfuhren von bestimmten Arten von Stahlplatten, auch mit daran befestigten Gummiauflagen, auch zu einer Laufkette zusammengesetzt, mit einer Länge von höchstens 3.000 mm, die für derzeit in die Positionen 8426, 8429 oder 8430 eingereihte Maschinen oder für derzeit in die Position 8428 eingereihte Förderbänder verwendet werden. Die Ware wird derzeit unter dem folgenden KN-Code eingereiht: ex 8431 39 00, ex 8431 49 20 und ex 8431 49 80 (TARIC-Codes 8431 39 00 21, 8431 39 00 25, 8431 39 00 26, 8431 39 00 29, 8431 49 20 11, 8431 49 20 15, 8431 49 20 16, 8431 49 20 19, 8431 49 80 11, 8431 49 80 15, 8431 49 80 16 und 8431 49 80 19).

Der vorläufige Antidumpingzollsatz auf den Nettopreis frei Grenze der Union, unverzollt, beträgt 62,5 Prozent.

Für die zu einer Laufkette zusammengesetzten Kettenplatten aus Stahl gilt Folgendes: Der Antidumpingzoll wird auf den folgenden Anteil des Nettopreises frei Grenze der Union, unverzollt, der zusammengesetzten Waren angewandt:

  • 55 Prozent für Laufkettenbaugruppen
  • 50 Prozent für vollständige Laufkettenbaugruppen

Um die Ware in den zollrechtlich freien Verkehr überführen zu können, ist eine Sicherheit in Höhe des vorläufigen Zolls notwendig.

So läuft das weitere Verfahren ab

Die Kommission hat ab dem Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung insgesamt 14 Monate Zeit, um die Untersuchung abzuschließen, d.h. in diesem Fall bis Oktober 2025. Die Antidumpingzölle können sich im Rahmen der weiteren Untersuchung und der Einführung endgültiger Antidumpingmaßnahmen nochmals ändern.

Seit Oktober 2024 wurden die Einfuhren der betroffenen Ware zollamtlich erfasst. Damit können Antidumpingzölle auch rückwirkend erhoben werden. Die Entscheidung über eine mögliche rückwirkende Anwendung steht noch aus und wird mit Einführung endgültiger Antidumpingmaßnahmen getroffen.

INDIEN / AUFENTHALTSRECHT: Neues indisches Einreisegesetz für Ausländer verabschiedet

Mit Inkrafttreten des „Immigration and Foreigners Act, 2025“ sollen gemäß seiner letzten Sec. 36 Abs. 1 folgende vier ältere Gesetze aufgehoben und ersetzt werden:

  • Passport (Entry into India) Act, 1920,
  • Registration of Foreigners Act, 1939,
  • Foreigners Act, 1946 und der
  • Immigration (Carriers’ Liability) Act, 2000.

In dem neuen Gesetz zur Einreise von Ausländern werden Bedingungen wie das Mitführen eines gültigen Reisepasses und Visa- sowie Registrierungserfordernisse festgeschrieben, die Ausländer bei der Einreise nach, beim Aufenthalt in und der Ausreise aus Indien zu beachten und zu erfüllen haben. Unter anderem müssen sich Ausländer bei der Ankunft in Indien unter bestimmten Bedingungen registrieren (Sec. 6 des Gesetzes). Unterkünfte, Universitäten und Krankenhäuser haben dem zuständigen Registration Officer Informationen über sich bei ihnen aufhaltende Ausländer zu melden.

Im 5. Kapitel sind verschiedene Sanktionen bei Verstößen gegen das Gesetz vorgesehen. Bei Einreise ohne gültigen Reisepass beziehungsweise gültiges anderes Reisedokument einschließlich erforderlicher Visa drohen zum Beispiel gemäß Sec. 21 des Gesetzes Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren und/oder Bußgelder bis zu 500.000 indische Rupien (iR.; entspricht ca. 5.100 Euro). Wird wissentlich ein gefälschter Pass verwendet, sind bis zu sieben Jahre Haft und Bußgelder in Höhe von bis zu 1 Million iR. möglich (Sec. 22 des Gesetzes).

Das Unterhaus (Lok Sabha) des Parlaments hatte den Gesetzentwurf („Immigration and Foreigners Bill“) am 27. März 2025 verabschiedet, am 2. April 2025 folgte die Annahme durch das Oberhaus (Rajya Sabha). Die Zustimmung der Präsidentin erhielt die Bill am 4. April 2025.

Wann das neue Gesetz in Kraft tritt, wird die Zentralregierung noch im Amtsblatt bekanntgeben (Sec. 1 Abs. 2 des Gesetzes).

SINGAPUR / BAUWIRTSCHAFT: Singapurs Bauindustrie erwartet hohes Wachstum

Singapurs Bauindustrie freut sich über stark steigende Aufträge. Deutsche Firmen können von der hohen Nachfrage profitieren, müssen aber zunehmender Konkurrenz trotzen.

Markttrends

Singapurs Bauindustrie boomt. Im Jahr 2025 soll die Zahl der Bauaufträge in einer Bandbreite von 6,3 bis 19,9 Prozent auf bis zu 39,2 Milliarden US-Dollar (53 Milliarden Singapur-Dollar, SGD) steigen, prognostiziert die für den Sektor verantwortliche Behörde BCA (Building and Construction Authority). Im Jahr 2024 belief sich der Auftragswert noch auf 33,7 Milliarden US$.

Die laufenden Umsätze aus der Bauindustrie werden 2025 bis zu 31,1 Milliarden US$ erreichen, was einer Steigerung von 9,4 Prozent entsprechen würde. Für den Zeitraum 2026 bis 2029 schätzt die Behörde einen Umsatz des Sektors von bis zu 34 Milliarden Euro pro Jahr.

Infrastrukturprojekte kurbeln Nachfrage an

Als Gründe für die positive Entwicklung nennt die Behörde die Ausweitung privater und öffentlicher Bauvorhaben, wie unter anderem Gemeinschaftseinrichtungen, Krankenhäuser, Schulen und Abfallaufbereitungsanlagen. Ebenso wird mit der Fortführung mehrerer Infrastrukturprojekte gerechnet, etwa dem Bau von U-Bahn-Strecken und dem Ausbau des Hafens Tuas. Im 1. Halbjahr 2025 soll zudem mit dem Bau des fünften Terminals im Flughafen Changi begonnen werden.

Tourismus und Industriebau wachsen

Auch Tourismusprojekte wie etwa die Erweiterung des berühmten Marina Bay Sands Komplex kurbeln den Bausektor an. 2024 erzielte die Industrie einen Rekordumsatz von 29 Milliarden US$, schätzt die lokale Tourismusbehörde STB (Singapore Tourism Board). Die Zahl der internationalen Gäste schoss um mehr als 20 Prozent in die Höhe, über 1.400 neue Hotelzimmer sind entstanden. Auch für 2025 zeigen sich die Fachleute optimistisch und rechnen mit weiteren Umsatzsteigerungen in der Branche.

Ebenso dürfte der Industriebau weiter boomen. Architekten bestätigen in der lokalen Presse die große Anziehungskraft Singapurs aufgrund seiner langfristigen Projektplanungen und dem hohen Zufluss an Investitionen aus dem Ausland. Singapur zog 2023 rund 60 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in der ASEAN-Gemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations) im Gesamtwert von rund 140 Milliarden US$ an. Im Jahr 2024 stiegen die angekündigten Investitionen aus dem In- und Ausland nach Angaben der Behörde EDB (Economic Development Board) um 6,3 Prozent weiter an. Dies dürfte zu einer steigenden Nachfrage nach Fabrikgebäuden und Büroräumen in der Löwenstadt führen.

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Allerdings werden die Kosten für Bauprojekte in Singapur in den kommenden Jahren überproportional anziehen. Nach Schätzungen der Immobilienfirma JLL (Jones Lang Lasalle) dürfte die Preissteigerung 2025 zwischen 5 und 6 Prozent betragen, im Folgejahr sogar zwischen 6 und 7 Prozent. Die Erhöhungen im Bausektor liegen damit über der allgemeinen Inflation, die 2024 nur circa 2,4 Prozent betrug. Auch die Preise für das Ausleihen von Bauausrüstungen könnten im Zuge der erhöhten Nachfrage steigen.

Als Grund für die dynamische Preisentwicklung nennt JLL die zahlreichen großen Infrastrukturprojekte, welche die Nachfrage nach Baumaterialien, Ausrüstungen und Beschäftigten nach oben schrauben. Der Fachverband Singapore Contractos Association geht davon aus, dass auch der Bedarf an Personal künftig um 20 Prozent ansteigen wird.

Steigende Konkurrenz in Singapurs Baugewerbe

Für Branchenunternehmen sei daher eine gute strategische Planung und Kostenmanagement von enormer Bedeutung, um sich in dem umkämpften Markt konkurrenzfähig aufzustellen. Zumal sich auch zunehmend mehr chinesische Akteure um Projekte bewerben, die mit sehr niedrigen Preisen in den Markt drängen. Darüber hinaus empfehlen Verbandsvertreter den Firmen, sich technologisch weiterzuentwickeln um effizienter zu werden und Kosteneinsparungen zu erzielen. Modulare und Fertigbautechnologien lägen dabei im Trend.

Ebenso sei eine Differenzierung der Produkte und Dienstleistungen notwendig, um sich von der kostengünstigeren Konkurrenz abzusetzen. Nach Vorstellung der lokalen Behörden sollten Entwickler und Baufirmen in Singapur ihre Produktivität erhöhen durch stärkere Digitalisierung sowie die Nutzung von Robotik und Automatisierung. Darüber hinaus seien Nachhaltigkeitsaspekte bei Bauprojekten in Singapur von enormer Wichtigkeit, so die Stimmen.

Gute Aussichten für deutsche Produkte

Für made in Germany ergeben sich in Singapurs Bausektor vielfältige Absatzchancen, seien es Dienstleistungen, Materialien, Vorprodukte oder Ausrüstungen. So soll nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens ResearchandMarket.com der Markt für Baumaschinen bis 2029 um jährlich 5,8 Prozent zulegen. Während 2023 noch 4.896 Einheiten abgesetzt wurden, wird sich die Nachfrage dieser Prognose zufolge sechs Jahre später auf 6.884 Maschinen belaufen.

In Singapur selbst sind nach Angaben der Deutsch-Singapurischen Industrie- und Handelskammer (AHK) bereits zahlreiche Firmen mit deutschen Wurzeln in verschiedenen Segmenten des Bausektors aktiv, darunter Bomag, Bauer Technologies, Drees & Sommer, Ed Züblin, HeidelbergMaterials, Herrenknecht, Liebherr, Knauf Ceiling Solutions, Putzmeister, Sto, Tialoc und Thyssenkrupp. Die deutschen Exporte von Baumaschinen stiegen 2024 nach dreijährigem Abwärtstrend wieder um 12,1 Prozent auf 23 Millionen US$ an.

Darüber hinaus nutzen viele deutsche Unternehmen den Stadtstaat als Basis, um Projekte in anderen ASEAN-Ländern zu steuern und zu finanzieren. Beispielsweise wächst der Bausektor in Indonesien nach mehreren Krisenjahren wieder. Auch in ganz ASEAN stellen sich die Perspektiven für Lieferanten in den nächsten Jahren positiv dar. Gemäß einem Bericht von MordorIntelligence wird der Markt für Baumaschinen in der Wirtschaftsgemeinschaft zwischen 2025 und 2029 um jährlich 6,6 Prozent zulegen auf dann 11,2 Milliarden US$. Das Wachstum wird diesen Prognosen zufolge unter anderem angekurbelt durch umfangreiche Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur und internationalen Firmen, die ASEAN als alternativen Standort im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategien nutzen.

TAIWAN / AUSSENHANDEL: Fahrradindustrie hofft auf mehr Bestellungen aus der EU

Taiwan ist ein wichtiger Beschaffungsmarkt für die weltweite Fahrradindustrie, Deutschland ein wichtiger Abnehmer. Doch die taiwanischen Exporte gehen zurück.

Auch 2025 dürfte ein schwieriges Jahr für Taiwans Fahrradindustrie werden. Zwar hat die Branche zur asiatischen Leitmesse Taiwan Cycle Ende März 2025 noch eine Erholung von der Nach-Covid-Verkaufsflaute erwartet. Jedoch machen die von der US-Regierung angedrohten Zölle dem einen Strich durch die Rechnung. Zudem entwickelt sich auch der Absatz in der EU schwach.

Taiwan bleibt wichtiger Beschaffungsmarkt für Fahrräder

Deutschland steht an erster Stelle der größten Abnehmer von Fahrradteilen aus Taiwan. Für elektrisch angetriebene Fahrräder (E-Bikes) ist die EU der größte Absatzmarkt, für nicht-motorisierte Fahrräder sind es die USA, jeweils auf Basis der Exportwerte in US-Dollar (US$). Branchenhersteller wie Giant und Merida haben als Original Equipment Manufacturer (OEM) und als Eigenmarkenanbieter über viele Jahre die international herausgehobene Position Taiwans als Beschaffungsmarkt etabliert.

Knapp 1.000 Unternehmen mit insgesamt rund 40.000 Beschäftigten produzieren in Taiwan Ketten, Sattel, Leuchten und andere Teile bis hin zu Kompletträdern. Darunter befinden sich auch deutsche Firmen. So hat etwa Magura, der Hersteller von Federgabeln und Bremsen, bereits 2002 eine Niederlassung und Produktion in Taiwan aufgebaut. Pinion, ein deutscher Spezialist für Schaltungen, produziert Teile in Taiwan. Bosch eBike Systems hat seine Asien-Pazifik-Zentrale für Antriebslösungen in Taichung, dem Fahrradcluster der Insel, eingerichtet. Die Lieferketten der Fahrradindustrie sind sehr exportabhängig. Das macht sie verwundbar für geoökonomische Verwerfungen.

Damoklesschwert US-Zoll wiegt schwer

Neue US-Zölle – seien es die bereits eingeführte 10 Prozent Basiserhöhung oder höhere sogenannte reziproke Zölle – treffen Taiwans Fahrradindustrie direkt und indirekt. Die Branchenfirmen haben schon seit einigen Jahren Teile ihrer Produktion von Komplettfahrrädern und -teilen in andere Länder verlagert, insbesondere nach China, Vietnam und Kambodscha. Die meisten von diesen stehen auf der Watch-List der Trump-Administration für zum Teil deutlich höhere sogenannte reziproke Zölle.

Taiwan und diese drei Länder sind die größten Fahrradlieferanten der USA und der EU. Zwar betrifft das Zollthema Taiwan als Beschaffungsmarkt für europäische Fahrradanbieter nicht unmittelbar. Doch es hat Auswirkung auf die Gesamtentwicklung der taiwanischen Branche, deren Fahrraderzeugnisse nun in andere Absatzmärkte umgeleitet werden sollen wie in die EU und nach China.

Dabei haben Taiwans Fahrradhersteller wegen Lagerbeständen bei den Händlern und allgemeiner Bestellzurückhaltung immer noch zu kämpfen. Auch der größte Branchenproduzent Giant leidet: Laut Geschäftsbericht sanken die Verkaufszahlen von 4,9 Millionen Kompletträdern im Jahr 2022 auf knapp 4 Millionen im Jahr 2024. Darunter sanken die Verkäufe von E-Bikes in dem Zeitraum von rund 800.000 auf rund 480.000 Einheiten.

Schrumpfender Export bereitet Taiwan Sorge

Die Außenhandelszahlen der gesamten Fahrradindustrie Taiwans zeigten ein ähnliches Bild. In die EU gingen die Lieferungen beispielsweise für E-Bikes 2024 um 53 Prozent gegenüber 2023 auf 190.000 Einheiten zurück. In die USA exportierte Taiwan 2024 nur noch 98.000 E-Bikes, knapp ein Drittel weniger als 2023. Hingegen hat China als Abnehmer von in Taiwan produzierten Fahrrädern an Bedeutung zugenommen.

Taiwan fokussierte in den letzten Jahren stärker auf die Herstellung und die Ausfuhr von E-Bikes. Deren Exportwert hat sich jedoch 2024 gegenüber 2022 halbiert. Alle Ausfuhrwerte der Branche im Jahr 2024 lagen gegenüber 2023 deutlich zweistellig im negativen Bereich, außer nach China, so die Zollstatistik des Ministry of Finance.

Positiv hat sich aus Sicht der taiwanischen Hersteller insgesamt der Preis pro Fahrrad entwickelt. Für rein muskelbetriebene Zweiräder stieg der durchschnittliche Ausfuhrpreis 2024 gegenüber 2023 um 8,2 Prozent auf 1.131 US$. Der durchschnittliche Ausfuhrpreis für E-Bikes lag 2024 bei 1.848 US$, damit 4,5 Prozent höher als 2023, so Angaben der Taiwan Bicycle Association.

Nennenswerte Einfuhren nur bei Fahrradteilen

Auf der Importseite verzeichnete Taiwan 2024 zwar ein Pluszeichen bei Komplettfahrrädern. Jedoch ist die Insel selbst kein wichtiger Absatzmarkt für ausländische Fahrradmarken. Der Einfuhrwert von Fahrrädern lag 2024 bei nur 32 Millionen US$. Taiwan erzielte mit Komplettfahrrädern einen Handelsüberschuss von rund 1,7 Milliarden US$ im Jahr 2024. Gegenüber den Vorjahren ist er jedoch deutlich gesunken: Mit 3,2 Milliarden US$ war der Überschuss im Jahr 2022 fast doppelt so groß.

Taiwans Einfuhr von Fahrradteilen ging weiter 2024 zurück. Deren Import erfolgt überwiegend aus China, wobei es sich vielfach um taiwanische Produktion dort handeln dürfte. Als zweitgrößter Teilelieferant ist Japan zu nennen, was hauptsächlich auf die Marke Shimano zurückgeht. Aus Deutschland stammen meist Fahrradreifen. Jedoch taucht Deutschland nicht unter den zehn größten Lieferanten Taiwans auf.

Produktionswert stark gesunken

Die Produktion der Fahrradbranche in Taiwan hat in den letzten Jahren Federn gelassen. Laut Ministry of Economic Affairs ist der Erzeugungswert von Fahrradteilen 2024 gegenüber 2022 um mehr als die Hälfte gesunken und lag bei umgerechnet unter 3,2 Milliarden US$. Bei Komplettfahrrädern war der Rückgang nicht ganz so ausgeprägt, ging jedoch von mehr als 1,5 Milliarden US$ auf 980 Millionen US$ zurück.

Die Fortbewegung mit Fahrrädern ist emissionsfrei. Das gilt jedoch nicht unbedingt für die Erzeugung von Teilen und Komplettfahrrädern in Taiwan. Daher will die Branche das umweltfreundliche Image weiter vorantreiben. Unternehmen haben sich zu einer „Green Forward Initiative“ zusammengefunden, um nachhaltige Beschaffungsketten auszubauen. Sie wollen an klimaschützenden Aktivitäten und Net-Zero-Zielen festhalten, auch wenn diese in der Priorität einiger Industrien nach hinten gerutscht sind.

TAIWAN / MASCHINENBAU: Maschinenbau in Taiwan setzt auf Technologieintegration

Taiwans Maschinenbau wird 2025 insbesondere von Anlageinvestitionen im Elektronik- und Halbleiterbereich angetrieben. Andere Segmente haben eine eher schwache Nachfrageentwicklung.

Markttrends

Taiwans Maschinenbaubranche wird 2025 wegen einer schwachen Weltkonjunktur nur leicht wachsen. Deutsche Lieferungen erhalten kaum neue Impulse.

Jedes Jahr veröffentlichen Taiwans Maschinenbauverband TAMI und das Industrial Technology Research Institute (ITRI) ein „Whitepaper on Taiwan Machinery Industry Development“. In der Ausgabe für 2024 werden drei Ziele für die Branche genannt, die im Jahr 2035 erreicht werden sollen: ein Produktionswert von 3 Billionen Neue Taiwan Dollar (NT$; gegenwärtig umgerechnet circa 91 Milliarden US-Dollar; US$), eine Wertschöpfungsrate von mehr als 35 Prozent und ein Erzeugungswert pro Kopf von 6 Millionen NT$ (circa 182.000 US$).

Vergleichsdaten für 2024 werden im Whitepaper nicht genannt. Aus Pressemeldungen und vorhergehenden Veröffentlichungen lässt sich jedoch herausfinden, dass der Produktionswert in dem Jahr bei etwa 1,2 Billionen NT$ gelegen hat. Die Wertschöpfungsrate erreichte laut 2022er Whitepaper circa 26 Prozent. Der Erzeugungswert pro Kopf, im Whitepaper 2020 letztmalig erwähnt, wurde mit 4 Millionen NT$ errechnet.

Um die ambitionierten Ziele 2035 zu erreichen, spielen Forschung und Entwicklung für die Maschinenbaubranche eine wichtige Rolle. Von staatlicher Seite erhalten Unternehmen für solche Aktivitäten Zuschüsse und Steuererleichterungen ebenso wie für die Investition in neue Anlagen. Die Anlageinvestitionen in Taiwan sollen 2025 stark steigen.

Elektronik- und Halbleiterbranche treibt die Maschinennachfrage an

Das erwartete Wachstum des Maschinenbaus wird im Jahr 2025, wie auch schon 2024, fast ausschließlich durch das Segment der Elektronik- und Halbleiterausrüstung generiert. Aufgrund umfangreicher Investitionen, die Hersteller von Elektronik und Halbleiterchips in Taiwan wie auch in anderen Standorten planen, ist 2025 und darüber hinaus eine hohe Nachfrage nach entsprechender Ausrüstung zu erwarten. Deutsche Branchenanbieter liefern in diesem Segment mehr Herstellungsausrüstung nach Taiwan als in anderen Maschinenbausegmenten.

Ohne Elektronik- und Halbleiterausrüstung sieht die Situation des taiwanischen Maschinenbaus gegenwärtig wenig dynamisch aus. Jedoch erwarten Teilverbände des Maschinenbaus 2025 Anzeichen einer Verbesserung. Nach einem Rückgang der Werkzeugmaschinenerzeugung im Jahr 2024 soll gemäß Prognose der Taiwan Association of Machinery Industry (TAMI) die Produktion von Maschinen, Teilen und Anlagen leicht wachsen. Die Taiwan Machine Tool and Components Association erwartet ein Wachstum der Exporte zwischen 5 und 10 Prozent.

KI soll neue Impulse bringen

Als Dynamo für den Maschinenbau setzen die Branchenfirmen in Taiwan vor allem auf die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologie wie auch künstliche Intelligenz (KI), um die Automatisierung und Effizienz voranzutreiben. Künstliche Intelligenz und Robotik waren auf der alle zwei Jahre stattfindenden Branchenmesse TIMTOS im Jahr 2025 die Kernthemen. Es geht darum, Herausforderungen wie die Dekarbonisierung der Produktion, einen schwindenden Arbeitskräftepool und steigende Lohnkosten zu meistern.

Damit der Maschinenbau in Taiwan auch weiterhin eine starke Basis hat, bekommt die Branche bereits seit 2016 durch das „Smart Machinery Industry Promotion Program“ vom Wirtschaftsministerium Unterstützung. Mittels Automatisierung und smarter Produktionslösungen sollen sich Taiwans Branchenfirmen im internationalen Wettbewerb besser aufstellen. Davon profitieren auch deutsche Lieferanten, die mit entsprechenden Technologielösungen aufwarten können.

Investitionskosten für Digitalisierung und Dekarbonisierung stellen insbesondere für eine Vielzahl kleiner und mittelgroßer Betriebe in Taiwan eine hohe Belastung dar. Dennoch führt auch bei ihnen kein Weg an stärkerer Automatisierung vorbei, wenn sie als Auftragshersteller für Teile und Komponenten weiter eine Rolle spielen wollen.

Nachfrage aus USA besonders hoch

Exporte sind für Taiwans Maschinenbauer existenziell. Auf der Maschinenbaumesse TIMTOS zeigten sich 2025 erstmals indische Firmen als die größte Einkäufergruppe, so der Taiwan External Trade Development Council (TAITRA). Taiwans Branchenfirmen suchen nach neuen Absatzmärkten, um den ausgefallenen Absatzmarkt Russland zu ersetzen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich Taiwan den Sanktionen westlicher Länder angeschlossen, was die Maschinenlieferungen beeinträchtigt.

Die USA sind zum größten Abnehmer von Maschinen aus Taiwan geworden: Die Maschinenausfuhren dorthin, inklusive Halbleiterausrüstung, erreichten 2024 knapp 7,2 Milliarden US$. Der Exportanteil in die USA kam auf 24,6 Prozent, nach China flossen 23,4 Prozent. Zum Vergleich: Der taiwanische Exportanteil von Maschinenbauerzeugnissen nach Deutschland belief sich 2024 auf unter 1 Prozent. Wenn Halbleiterausrüstung ausgenommen wird, dann war China 2024 die größte Ausfuhrdestination, gefolgt von den USA und – mit großem Abstand – Japan.

Die Bestellungen aus südostasiatischen Ländern wuchsen 2024 am stärksten und überstiegen wertmäßig die Aufträge aus Europa. Vor allem der Export nach Indien und Vietnam nahm 2024 auffällig zu. Mit Flankierung der New Southbound Policy, die Taiwans Regierungen schon seit Jahren betreiben, dürfte der Maschinenhandel mit Ländern in Südostasien und mit Indien weiter zulegen.

Da die Wirtschaft in Europa und insbesondere in Deutschland als dem wichtigsten Abnehmer im EU-Raum nur schwach wächst, gehen Taiwans Werkzeugmaschinenexporte in die Region zurück. Die Bestellentwicklung aus dem Ausland wird 2025 auch von den USA bestimmt sein, wo die Trump-Regierung versucht, mittels Zollinstrumentarium die Reindustrialisierung in den USA voranzutreiben.

Deutschland ist wichtiger Maschinenlieferant

Nach Deutschland exportierte Taiwan laut Zollstatistik Maschinen im Wert von 205 Millionen US$. Die Importe aus Deutschland, der drittgrößte Lieferant Taiwans, fielen mit 401 Millionen US$ fast doppelt so hoch aus. Jedoch schrumpften 2024 sowohl die bilateralen Exporte als auch Importe gegenüber 2023.

Maschinenbau ist auf Export ausgerichtet

Taiwan ist Heimat einiger international erfolgreicher Branchenunternehmen, wie Hiwin Technology, Goodway Machine Corp. oder Victor Taichung Machinery Works. Abgesehen von ihren Zentralen in Taiwan haben viele Maschinenbaufirmen ihre Produktionskapazitäten vor allem in China, aber auch in Südostasien aufgebaut. Dort findet aufgrund der günstigeren Herstellungsfaktoren – wie Lohnkosten, Zugang zum Absatzmarkt – die Erzeugung von Standardmaschinen und Teilen statt. Die Herstellung höherwertiger Maschinen wie auch die Forschung und Entwicklung sind hingegen in Taiwan beheimatet sind.

Taiwans Maschinenbaubranche ist stark exportorientiert. Die Hersteller liefern viele pneumatische und hydraulische Teile an Systemintegratoren, wie vor allem japanische, europäische und US-amerikanische Kunden. Bei Schlüsselteilen für die Anwendung von Robotern kaufen Taiwans Unternehmen bei japanischen und europäischen Anbietern ein beziehungsweise kooperieren in der Entwicklung intelligenter Fertigungssysteme. Deutsche Firmen werden als wichtige Kooperationspartner in diesem Bereich gesehen.

Auf den ausländischen Absatzmärkten sehen sich die taiwanischen Anbieter härter gewordener Konkurrenz aus China und Japan gegenüber. So ist die Kosteneffizienz der Branchenfirmen in China hoch, während Japan von der Wirkung einer schwachen Landeswährung profitiert. Hinzu kommen andere Faktoren, die Geschäfte erschweren, wie die stark gestiegenen Materialkosten sowie Lieferkettenverschiebungen durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Rahmenbedingungen

Die Bürokratie in Taiwan gilt generell als effizient. Bei Maschinenlieferungen unterstützen spezialisierte Agenten und deutsche Handelshäuser.

Über Zollsätze sowie Einfuhrverfahren informiert das Directorate General of Customs. Der taiwanische Einfuhrzolltarif basiert auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren. Zur Zollanmeldung von Waren muss der Importeur beim Bureau of Foreign Trade (BOFT) registriert sein.

Die Dokumente zur Zollabfertigung können online übermittelt werden. Für einige Maschinentypen sind die Zolltarife unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt, wie etwa für Umweltanwendungen, Forschungs- und Entwicklungsapplikationen oder Sozial- und Sicherheitsaspekte.

Die Zuständigkeit für technische Normen und Standards liegt beim Bureau of Standards, Metrology and Inspection. Nach Einschätzung von Branchenvertretern wird die Mehrzahl der Maschinenimporte über entsprechende Agenten abgewickelt, die in Taiwan verhältnismäßig geringe Gebühren verlangen.

In Taiwan sind auch deutsche Handelshäuser tätig, die bei der Markterschließung unterstützen können. In der Praxis gibt es im internationalen Vergleich relativ wenige Probleme, da die taiwanische Bürokratie generell transparent und effizient aufgestellt ist.

VIETNAM / US-ZÖLLE: Vietnam hofft weiter auf Deal mit USA

Die USA haben die angedrohten Zölle zunächst aufgeschoben. Sollten sie schlussendlich doch erhoben werden, hätte das verheerende Auswirkungen auf viele Exportindustrien in Vietnam.

Während der ersten Amtszeit von Donald Trump hat Vietnam am meisten von den US-Strafzöllen auf chinesische Importe profitiert. Die US-Importe aus dem südostasiatischen Land haben sich von 2018 bis 2024 fast verdreifacht. Der vietnamesische Anteil an den Gesamteinfuhren der USA ist unter allen Handelspartnern am stärksten gewachsen.

Mittlerweile sind die USA das wichtigste Ziel für vietnamesische Exporte. Viele Firmen haben nach 2018 ihre Produktion oder ihren Einkauf zu Teilen in das südostasiatische Land verlagert. Damit ist aber auch das US-Handelsdefizit mit Vietnam gestiegen. Nur im Handel mit China und Mexiko verzeichneten die USA 2024 noch höhere Defizite. Weil die Diskrepanz zwischen den Importen Vietnams aus und Exporten in die USA besonders groß ist, hatten die Vereinigten Staaten dem Land mit 46 Prozent einen der höchsten Strafzölle in ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) auferlegt.

Die Höhe der Strafzölle hatte Unternehmer und Regierung in Vietnam geschockt, obwohl die US-Regierung das Land bereits in der Vergangenheit in handelspolitischen Fragen im Visier hatte. Während seiner ersten Amtsperiode hatte Trump Vietnam als „schlimmsten Missbraucher“ im Handel mit den USA bezeichnet. US-Außenminister Marco Rubio hatte als Senator 2024 ein Gesetz vorgeschlagen, das die Umgehung von Strafzöllen ahndet.

Dies ist ein wunder Punkt: In den vergangenen Jahren ist wiederholt der Verdacht aufgekommen, chinesische Firmen würden Vietnam nutzen, um Strafzölle zu umgehen. Importe aus China würden nach minimaler Weiterverarbeitung als „Made in Vietnam“ in die USA weiter exportiert. So hatte das US-Handelsministerium 2023 und 2024 chinesische Hersteller von Solarpaneelen in Vietnam mit Strafzöllen belegt. Trina Solar, JA Solar und Jinko Solar aus China hatten ihre Produktion für den US-Markt seit 2012 nach immer neuen Strafzöllen massiv nach Vietnam, Malaysia und Thailand verlagert.

Aufgeschobene Investitionen und vorgezogene Exporte

Der am 9. April 2025 verkündete Aufschub der Zölle um 90 Tage erleichterte Unternehmen im Land. Allerdings zeigt die Unsicherheit über die neue zollpolitische Ausrichtung der USA bereits seit Trumps Amtsantritt Wirkung: Laut Standortberatern und Industrieparkbetreibern haben etliche Investoren größere Ansiedlungsvorhaben in Vietnam aufgeschoben.

Große Exporteure, gerade von Elektronik, hatten hingegen ihren Handel mit den USA kurzfristig hochgefahren, um mit vorgezogenen Ausfuhren höhere Zölle zu umgehen. Sie sind im 1. Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahresquartal um 22 Prozent gestiegen, während die Gesamtexporte um 11 Prozent zulegten.

Zunächst bleibt nur der generelle Strafzoll von 10 Prozent bestehen. Weil er alle Länder weltweit betrifft, untergräbt er nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Vietnam. Er dürfte aber die Margen der Exportunternehmen unter Druck setzen und 2025 die Konjunktur belasten.

Rückkehr zu hohen Strafzöllen wäre verheerend

Eine Rückkehr zu hohen reziproken Strafzöllen würde das Land in eine schwierige Lage bringen. Wichtige Exportbranchen in Vietnam sind stark vom US-Markt abhängig. Zudem wurden einige Standorte, mit welchen Vietnam im Wettbewerb um Investoren steht, mit geringeren Zöllen belegt. Darunter fallen Malaysia, die Philippinen, Thailand und auch Indien.

Wären die US-Zölle auf Vietnam längerfristig höher als für andere Standorte, würde die Fertigung in Vietnam an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Einkäufer würden Waren aus anderen Märkten beziehen, Lieferketten würden abwandern. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft im Land wären verheerend. Auch deutsche Zulieferer, etwa für die Schuh- und Textilindustrie, wären stark betroffen.

Deal in Verhandlung

Die USA und Vietnam haben aber bereits am 9. April 2025 Verhandlungen zu einem Deal vereinbart. Schon zuvor hatte Vietnam sich bemüht, die US-Regierung milde zu stimmen. So strich sie am 31. März 2025 Zölle für viele Produkte, die zum Teil aus den USA kommen. Im Gespräch sind zudem laut Presseberichten Bestellungen von Flüssiggas sowie der Kauf von Boeing-Jets und Militärflugzeugen aus den USA. Die vietnamesische Regierung will auch den zwischen der Trump-Organisation und lokalen Partnern 2024 vereinbarten Bau eines Golfhotels für 1,6 Milliarden US-Dollar (US$) schnell genehmigen. Diskutiert wird weiterhin eine Anweisung, US-amerikanische Anbieter bei Beschaffungen zu bevorzugen. Das könnte Airbus, aber auch deutsche Anbieter etwa von Medizintechnik oder Arzneimitteln empfindlich treffen.

Vietnam könnte als Gewinner aus dem Zollstreit hervorgehen

Ein Deal dürfte mit zusätzlichen Auflagen für die lokale Wertschöpfung in Vietnam gekoppelt werden, wie sie etwa für Solarpaneele bereits bestehen. Im für Vietnam günstigsten Fall erreicht das Land eine vollständige oder zumindest substanzielle Absenkung der Strafzölle, während andere Länder weiter bezollt werden.

Falls hohe US-Zölle auf Waren aus China in einem ausartenden Handelskonflikt länger Bestand haben, dürfte das weitere Hersteller zu einer Verlagerung nach Vietnam bewegen. Auflagen für lokale Wertschöpfung könnten gleichzeitig die Ansiedlung von Zulieferern fördern.

Die Kehrseite ist, dass Strafzölle auf chinesische Produkte die Konjunktur im Reich der Mitte belasten würden. Dies hätte auch Auswirkungen auf Vietnam: Im Jahr 2024 nahm China als zweitwichtigstes Zielland nach den USA immerhin 15 Prozent der vietnamesischen Exporte ab.

Ob Vietnam durch einen Deal die Wiedereinführung der Strafzölle abwenden kann, ist nicht sicher. Die Einfuhren aus den USA werden sich kurzfristig kaum ankurbeln lassen. Selbst wenn Vietnam die Importe aus den USA auf 39 Milliarden US$ pro Jahr verdreifacht und die vietnamesischen Exporte in die USA stabil bleiben, könnte die US-Regierung nach ihrer bisherigen Rechenformel immer noch einen Strafzoll von 34 Prozent erheben wollen.

VIETNAM / LOGISTIK: Vietnam modernisiert den Logistiksektor

Die Infrastruktur wird in Vietnam kräftig ausgebaut. Es gibt aber noch viel zu tun. Ausländische Unternehmen dominieren den Sektor, besonders bei komplexen Dienstleistungen.

Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Transportlösungen in Vietnam steigt. Grund hierfür sind wachsende Exportindustrien sowie die Ausweitung moderner Einzelhandels- und Onlinekanäle. Logistik gilt als ein aussichtsreicher Wirtschaftszweig in den kommenden Jahren. Die Beratungsfirma Agility führt das Land in ihrer „Emerging Marktes Logistics Rangliste 2025“ an 10. Stelle von 50 Schwellenländern.

Der Weltbank und ihrem „Logistics Performance Index“ zufolge ist die Leistungsfähigkeit der Logistik in Vietnam seit 2018 nahezu gleich geblieben, während andere Länder wie Malaysia stark aufgeholt haben. Dadurch ist Vietnam im regionalen Vergleich in der jüngsten Rangliste, die sich auf das Jahr 2022 bezieht, leicht abgerutscht. Allerdings wird die Infrastruktur seit 2023 stark ausgebaut.

Was aber noch immer fehlt, ist die intermodale Integration verschiedener Verkehrsträger. Dies liegt auch daran, dass die Binnenschifffahrt und der Bahntransport stark unterentwickelt sind. Große Projekte könnten hier erst in einigen Jahren die Situation verbessern.

Das Autobahnnetz hat eine rasante Ausweitung erfahren. Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf vielen Bundesstraßen liegt aber weiterhin bei 40 Kilometer pro Stunde. Die wichtigen und stark überlasteten Flughäfen in Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi erhalten noch 2025 neue oder erweiterte Terminals. Ebenfalls noch im Jahr 2025 soll östlich von Ho-Chi-Minh-Stadt ein neuer Flughafen in Betrieb gehen.

Die logistische Abwicklung über die größten Häfen wird als gut eingeschätzt. In Tiefseehäfen in Haiphong und Cai Mep-Thi Vai kommen neue Terminals hinzu. Problematischer ist die Anbindung ans Hinterland. Zubringerstraßen sind häufig überlastet. Auch hier werden Zufahrtswege ausgebaut.

Die Transportkosten entsprechen etwa 16 bis 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und liegen damit höher als in Malaysia oder Thailand. Durch die stark fragmentierte Branche gibt es viele Leerfahrten und die in Teilen unterentwickelte Infrastruktur verlängert die Transportzeiten. Gleichzeitig spielen der Im- und der Exportsektor eine immer wichtigere Rolle in Vietnam. Das Land importiert viele Vorprodukte. Gleichzeitig produziert und exportiert es mit Textilien, Schuhen und Möbeln viele weniger hochwertige Waren. Dadurch erscheinen die Transportkosten im Verhältnis zum BIP sehr hoch. Unternehmer schätzen die Transportkosten aber als wettbewerbsfähig ein.

Ausländische Unternehmen bieten komplexes Know-how

Der Logistiksektor wird von ausländischen Anbietern dominiert. Laut Vietnam Logistics Business Association gibt es 30.000 Branchenunternehmen. Davon sind etwa 5.000 Firmen in der Kontraktlogistik (Third Party Logistics Provider; 3PL), wobei diese sich unterteilen in 89 Prozent inländische Firmen, 10 Prozent Joint Ventures und 1 Prozent rein ausländische Firmen. Allerdings kommen die inländischen Firmen nur auf rund 30 Prozent der Branchenumsätze.

Komplexe Logistikdienstleistungen wie „Just in time“ oder „Supply-Chain-Management“ werden weitgehend durch ausländische Unternehmen und einige wenige, gut entwickelte inländische Akteure erbracht. Zu den wichtigsten vietnamesischen Logistikunternehmen zählen ITL, Gemadept, Transimex sowie die Staatsunternehmen Vinatrans und VNPT.

Europa

DEUTSCHLAND / AUTOZÖLLE: US-Autozölle: Deutsche Autobauer unter Druck

Seit dem 3. April 2025 werden in die USA importierte Pkw mit einem Sonderzoll in Höhe von 25 Prozent belegt. Die US-Autozölle könnten schwer kalkulierbare Turbulenzen auslösen – nicht zuletzt, weil 2024 rund die Hälfte der in den USA verkauften Fahrzeuge Importe waren.

Die Autozölle treffen deutsche Autobauer gleich mehrfach: beim Export aus Europa, an den Produktionsstandorten in den USA und bei den Werken in Mexiko, die ihren Freihandelsvorteil verlieren. BMW, Mercedes-Benz und VW haben in eigene Werke in Mexiko investiert.

Das faktische Ende des freien Handels in Nordamerika trifft auch die Autoindustrie in Kanada hart. Der Kfz-Sektor ist eng mit dem der USA und Mexiko verflochten. So will VW seine US-Autowerke künftig mit Batterien „Made in Canada“ beliefern, wo die Konzerntochter Powerco eine Batteriezellenfabrik plant. Einziger Lichtblick: Die Bestimmungen können sich täglich ändern!

EU / FÖRDERUNG: EU investiert in Infrastruktur weltweit

Global Gateway ist die Konnektivitätsinitiative der Europäischen Union. Die EU will damit Schwellen- und Entwicklungsländern helfen, ihre Infrastruktur nachhaltig auszubauen.

Im Rahmen von Global Gateway will die EU 300 Milliarden Euro für nachhaltige Infrastrukturprojekte rund um die Welt zwischen 2021 und 2027 mobilisieren. Gefördert werden Projekte in den fünf Bereichen Energie und Klima, Transport, Digitales, Gesundheit, Bildung und Forschung.

Der weltweite Bedarf an Infrastrukturinvestitionen ist groß. Am sichtbarsten wird dieser Bedarf zurzeit von Chinas neuer Seidenstraße bedient. Chinesische Projekte stehen jedoch wegen Mängeln bei Umwelt- und Sozialstandards sowie Überschuldung der Seidenstraßenländer schon länger in der Kritik. Mit Global Gateway schafft die EU nun ein betont nachhaltiges Angebot. In unserem Fact Sheet stellen wir Ihnen die EU-Initiative vor: Welche Branchen und Weltregionen stehen im Mittelpunkt? Wie sollen die Investitionsziele erreicht werden? Welche Rolle spielen Unternehmen bei Global Gateway? Und welche Chancen und Herausforderungen gibt es?

FINNLAND / STEUERRECHT: Finnland verabschiedet Finanzplan für die Jahre von 2026 bis 2029

Hauptziele sind die Verbesserung der Bedingungen für Wirtschaftswachstum und gleichzeitig auch für die Sicherheit.

Ein wichtiges Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Steigerung der Attraktivität Finnlands für ausländische Investitionen. Der Finanzplan enthält unter anderem eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes um zwei Punkte von 20 auf 18 Prozent mit Wirkung zum 1. Januar 2027. Gleichzeitig soll der Verlustvortrag auf maximal 25 Jahre verlängert werden.

Der Kaufkraft der finnischen Bevölkerung soll durch eine Senkung der Einkommensteuer verbessert werden. Diese soll vor allem geringen und mittleren Einkommen zugutekommen, aber auch der Spitzensteuersatz soll auf 52 Prozent festgeschrieben werden. Außerdem soll der reduzierte Mehrwertsteuersatz, der unter anderem für Lebensmittel und Medikamente gilt, ab 2026 von 14 auf 13,5 Prozent gesenkt werden.

Gleichzeitig bekennt sich die finnische Regierung zu einer deutlichen Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 3,6 Milliarden Euro bis 2029, das Verteidigungsbudget soll dann 3 Prozent des finnischen BIP betragen.

Finanziert werden sollen die entstehenden Mehrkosten unter anderem durch eine Steigerung der Effizienz der öffentlichen Hand, beispielsweise durch den Einsatz von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz, durch die Verschlankung von Normen und Prozessen, sowie durch die Reduzierung von Aufgaben und eine effizientere Beschaffung von Dienstleistungen.

ITALIEN / REGISTERRECHT: Der digitale Wohnsitz im italienischen Handelsregister

Auch bereits gegründete italienische Gesellschaften müssen eine zertifizierte E-Mail-Adresse für alle Geschäftsführer einreichen.

Artikel 1 Absatz 860 des italienischen Haushaltsgesetzes für 2025 führt eine Verpflichtung für die Direktoren von Gesellschaften ein, dem Handelsregister ihren digitalen Wohnsitz (proprio domicilio digitale) mitzuteilen. Dabei handelt es sich um eine zertifizierte E-Mail-Adresse oder einen qualifizierten, zertifizierten elektronischen Zustelldienst im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910 /2014.

Das Ministero delle Imprese e del Made in Italy (MIMIT) stellt insofern klar, dass die neue Verpflichtung auch für Unternehmen gilt, die vor 2025 gegründet wurden. Für diese Unternehmen legt das Ministerium fest, dass die Mitteilung bis spätestens 30. Juni 2025 erfolgen muss. In jedem Fall muss die Mitteilung anlässlich der Eintragung einer neuen Ernennung oder Erneuerung des Direktors sowie der Ernennung des Liquidators erfolgen.

Die zertifizierte Adresse darf nicht identisch sein mit derjenigen des Unternehmens. Wenn ein Vorstand die Geschäfte führt, müssen alle Mitglieder des Vorstandes ihren digitalen Wohnsitz mitteilen. Ohne die entsprechende Mitteilung kann die Gründung einer Gesellschaft nicht mehr erfolgen.

Bei Verstößen sieht das Ministerium die Vorschrift des Artikels 2630 des italienischen Zivilgesetzbuchs (Codice Civile) als anwendbar an. Dieser sieht eine finanzielle Sanktion von 103 bis 1.032 Euro vor.

LUXEMBURG / NACHHALTIGES BAUEN: Luxemburg will Lebenszyklus von Gebäuden klimafreundlicher machen

In Luxemburg sollen künftig Bau- und Nutzungsphase von Gebäuden nachhaltig sein. Die Baubranche könnte den neuen Ansatz zur Krisenbewältigung nutzen.

Bauen in Luxemburg soll nachhaltiger werden. Das Land wird im Bausektor angefallene Emissionen künftig umfangreicher erfassen. Grundlage dafür ist der 2023 verabschiedete Integrierte Nationale Energie- und Klimaplan (Plan national intégré en matière d’énergie et de climat, PNEC). Er ist das Rahmenwerk für die notwendige luxemburgische Gesetzgebung zur Umsetzung nationaler und EU-weiter Klimaziele. Mitinitiator des PNEC ist der Nationale Rat für nachhaltiges Bauen (Conseil National pour la Construction Durable, CNCD) – eine gemeinsame Initiative der luxemburgischen Regierung sowie mehrerer Bauverbände. Dieser versteht sich als Think-Tank für den Bausektor. Bis 2030 werden ehrgeizige CO₂-Reduktionsziele angestrebt: Im Vergleich zum Basisjahr 2005 sollen die Emissionen um 64 Prozent gesenkt werden.

Die eingeleitete Umorientierung der Baubranche dürften auch die Marktchancen für deutsche Unternehmen im luxemburgischen Bausektor verbessern. Dank des umfassenden Nachhaltigkeitsansatzes sind im Großherzogtum neben nachhaltigen Baustoffen auch Beratung und ingenieurtechnische Leistungen für Dämmung, Energiegewinnung, Heizung und Lüftung gefragt. Ebenso bieten sich Chancen für Lösungen der nachhaltigen Baulogistik.

Gesamter Lebenszyklus von Gebäuden auf dem Prüfstand

Der PNEC enthält unter anderem eine Roadmap für CO₂-reduziertes Bauen. Sie sieht eine umfangreichere Erfassung von CO₂-Emissionen vor als bisher. So wird der Energieausweis von Gebäuden künftig alle CO₂-Emissionen abbilden, die während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes entstanden sind und noch entstehen werden, unabhängig von Landesgrenze oder Wirtschaftssektor. Darunter fallen beispielsweise im Ausland hergestellte Baumaterialien, aber auch wirtschaftliche Tätigkeiten wie deren Transport, die Energieversorgung oder sonstige Baustellenaktivitäten (zum Beispiel der Transport von Erdaushub). Der Großteil der zu erfassenden CO₂-Emissionen stammt weiterhin nicht aus der Bau-, sondern aus der Nutzungsphase von Gebäuden.

Ein wichtiges Steuerungsinstrument für energieeffizientes Bauen ist die freiwillige Luxemburgische Nachhaltigkeitszertifizierung (Lëtzebuerger Nohaltegkeets-Zertifizéierung, LENOZ). Die Vergabe des LENOZ-Zertifikats wurde 2017 eingeführt und unterliegt dem Wohnungsbauministerium des Großherzogtums. Es bewertet die Nachhaltigkeit eines Gebäudes anhand verschiedener Kriterien wie Standort, Auswirkung auf die Gesellschaft, Ökonomie, Ökologie, Technik sowie Funktionalität.

Breit gefächerte Fördermöglichkeiten

Luxemburg bietet zahlreiche Förderprogramme für energieeffizientes Sanieren und Bauen an. Das größte Programm der Regierung, Klimabonus, finanziert bis zu 62,5 Prozent der Kosten für energetische Sanierungen. Dabei gibt es zwei Verfahren zur Inanspruchnahme: eines auf Basis einer Energieberatung und eines ohne Beratung, das sich auf einzelne Bauelemente beschränkt.

Finanzielle Unterstützung wird auch beim Bau von Wohnraum gewährt. Diese Klimabonusförderung kann nur einmal und nur für Wohngebäude in Anspruch genommen werden. Dafür müssen bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sein, wie zum Beispiel ökologische und technische Standards. Zuschüsse gibt es insbesondere für die Installation von Solarheizungen, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Holzheizungen mit Partikelfilter.

Zudem vergibt die Regierung Klimadarlehen mit einem subventionierten Zinssatz von 1,5 Prozent. Auch stellt sie jährlich 171 Millionen Euro für nachhaltige Heizsysteme wie Wärmepumpen sowie den Ersatz alter Heizkessel bereit – beides als Teil des Energie- und Klimaplans PNEC.

Energieversorger bieten eigene Prämien

Zusätzlich gibt es Prämien von Energieversorgern und kommunale Zuschüsse, die je nach Wohnort variieren. Das Enoprimes-Prämienprogramm beispielsweise wurde im Jahr 2015 von Enovos, dem größten Energieversorgungsunternehmen Luxemburgs, ins Leben gerufen. Es fördert energieeffiziente Umbauten in Wohngebäuden. Beantragt wird die Prämie über die rund 440 Partner von Enovos, die die Sanierungsarbeiten auch durchführen. Dabei handelt es sich meist um Handwerksbetriebe. Um vom Programm profitieren zu können, darf ein Projekt keine Beihilfe anderer Energieversorger erhalten.

Nachhaltige Baumaterialien und Recycling werden besonders gefördert

Die nationale Innovationsförderagentur Luxinnovation unterstützt zahlreiche Projekte zur Entwicklung nachhaltiger Baumaterialien: So zielt etwa die Plattform für Dekonstruktionsmaterialien darauf ab, Materialien und Produkte aus abgerissenen Gebäuden zu recyceln und wiederzuverwenden – eine wichtige Komponente im Rahmen der Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Das W.A.V.E.-Projekt (Wood Added Value Enablers) unterstützt innovative Entwicklungen im Holzsektor und die Nutzung von Holz in modularen Bauweisen. Luxinnovation bietet auch Unterstützung durch das Luxembourg Wood Cluster, das Unternehmen der Holzverarbeitung und Holzbauindustrie hilft, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu werden.

Bauindustrie könnte von Nachhaltigkeit profitieren

Luxemburgs Bauwirtschaft könnte den Fokus auf nachhaltiges Bauen auch zur erfolgreichen Krisenbewältigung nutzen. Denn laut dem nationalen Statistikportal STATEC entwickelte sich der Sektor nach mehreren Jahren mit guter Auftragslage zuletzt rückläufig: im 1. Halbjahr 2024 entfielen 40 Prozent aller Entlassungen in Luxemburg auf das Baugewerbe. Und zu Jahresbeginn 2025 klagten laut STATEC rund 60 Prozent der Branchenunternehmen über eine unzureichende Nachfrage; Anfang 2022 lag dieser Anteil noch bei lediglich 10 Prozent. Bislang hat es die Schlüsselbranche des Landes nicht geschafft, sich aus dieser Krise herauszumanövrieren.

Eine Umorientierung erscheint notwendig. Branchenweit fordern Unternehmen deshalb neben mehr staatlichen Zuschüssen auch bessere, flächendeckende Informationen zu nachhaltigem Bauen durch die Regierung. Zudem fordern sie eine Anpassung des Ausbildungsrahmens. Generell mangelt es an Fachpersonal, und bei nachhaltigem Bauen sieht dies nicht anders aus.

Osteuropa und Zentralasien

BULGARIEN / UMSATZSTEUER: Bulgarien senkt Schwelle für umsatzsteuerliche Registrierung

Das bulgarische Parlament hat das Haushaltsgesetz für 2025 verabschiedet. Unternehmen müssen sich unter anderem auf einen neuen Schwellenwert einstellen.

Der Schwellenwert für die verpflichtende Umsatzsteuerregistrierung wird von 166.000 Lew (ca. 85.000 Euro) auf 100.000 Lew (ca. 51.000 Euro) zum 1. April 2025 gesenkt.

Die Nationale Agentur für Steuern (Национална агенция за приходите) stellte klar, dass Steuerresidenten einen Antrag auf (Neu-)Registrierung stellen müssen, wenn ihr steuerpflichtiger Umsatz in zwölf aufeinanderfolgenden Monaten – vor dem 1. April 2025 – die Schwelle 100.000 Lew erreicht oder überschritten hat.

Ein Antrag muss auch für die Abmeldung von der Registrierung gestellt werden, wenn der steuerbare Umsatz unter den neuen Schwellenwert gefallen ist. Sofern ein registriertes Unternehmen, weiterhin umsatzsteuerlich registriert bleiben möchte, muss es keine weiteren Schritte einleiten.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Absenkung des Schwellenwertes ursprünglich für die Umsetzung der Kleinunternehmerregelung der Europäischen Union für grenzüberschreitende Lieferungen vorgesehen war. Die bulgarische Regierung verschob dieses Gesetz jedoch und nahm die Schwellenwertsenkung in das Haushaltsgesetz (Закон за държавния бюджет на Репуб­лика България за 2025) vom 27. März 2025 auf.

Der vollständige Gesetzestext wurde am 25. März 2025 in bulgarischer Sprache im Amtsblatt veröffentlicht.

KASACHSTAN / KRITISCHE ROHSTOFFE: Kasachstan meldet Fund eines großen Vorkommens an Seltenen Erden

In Kasachstans Boden schlummert nicht nur Öl. Das Land will zukünftig sein Potenzial bei kritischen Rohstoffen heben. Die EU bietet sich als strategischer Partner an.

Anfang April 2025 fand im usbekischen Samarkand der erste EU-Zentralasien-Gipfel statt, auf dem eine neue strategische Partnerschaft ins Leben gerufen wurde. Neben Verkehr und Klimaschutz wollen die Partner auch beim Thema kritische Rohstoffe enger zusammenarbeiten. Die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen stellte 2,5 Milliarden Euro an Investitionen für Projekte in diesem Bereich in Aussicht, die im Rahmen von Global Gateway, der Konnektivitätsinitiative der EU, fließen sollen.

Pünktlich dazu bestätigte die kasachische Regierung im Vorfeld des Gipfels den Fund eines vielversprechenden Vorkommens an Seltenen Erden in der Region Karaganda. Vorläufige Schätzungen beziffern die Reserven am Standort Kuyrektykol auf 20 Millionen Tonnen, bei einer Tiefe von bis zu 300 Metern. Die durchschnittliche Konzentration von Seltenen Erden, darunter Cer, Lanthan, Yttrium und Neodym, soll 700 Gramm pro Tonne betragen. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, könnte Kasachstan zu einem globalen Schwergewicht bei Seltenen Erden aufsteigen.

Seltene Erden waren bis vor kurzem noch kein Thema

Kasachstan fördert und exportiert im großen Stil zahlreiche Rohstoffe, Seltene Erden gehörten bislang aber noch nicht dazu. Spätestens seit der Coronapandemie ist in der EU jedoch die Diversifizierung von Lieferketten bei kritischen Rohstoffen in den Vordergrund gerückt. Das veranlasste die kasachische Regierung dazu, in die geologische Erkundung zu investieren und Kooperationen mit ausländischen Unternehmen und Regierungen einzugehen, um die Förderung Seltener Erden anzustoßen.

Die Erkundungen der Lagerstätte Kuyrektykol begannen im Jahr 2022. Laut Experten werden die geologischen Studien noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Danach soll geprüft werden, ob das Vorhaben wirtschaftlich rentabel ist. Sollte dies der Fall sein, könnte eine Förderung frühestens in etwa zehn Jahren beginnen. Sowohl bei der Extraktion als auch bei einer möglichen Verarbeitung wird Kasachstan auf ausländische Investoren und Technologie angewiesen sein.

„Europa möchte ein faires Angebot machen, ein besonderes Angebot. Als Partner wollen wir lokale Wertschöpfungsketten für die kritischen Rohstoffe schaffen. Das bedeutet, dass der Wert, der hier in der Region entsteht, auch hier in der Region bleibt, und dass gute Arbeitsplätze geschaffen werden“, wird Ursula von der Leyen zitiert in einem Pressestatement im Anschluss an den EU-Zentralasien-Gipfel am 4. April 2025 in Samarkand, Usbekistan.

EU setzt große Hoffnungen auf Kasachstan

Die EU hat ihr Angebot in Samarkand auf den Tisch gelegt. Darüber hinaus will auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bis 2027 etwa 8 Milliarden Euro in verschiedene Projekte in Zentralasien investieren. Das gestiegene Interesse an der Region, und speziell an Kasachstan, hat mehrere Gründe.

Der Rohstoffreichtum wird abgerundet durch politische Stabilität, dem Interesse an internationaler Kooperation und alternativen Transportrouten. So investiert die EU auch in den Mittleren Korridor, ein internationales Verkehrsnetz zwischen Europa und Zentralasien. Dadurch könnte Kasachstan europäische Märkte unabhängig von Russland, China und viel befahrenen Seestraßen beliefern.

Es sind noch viele Hürden zu überwinden

So vielversprechend die Pläne klingen, so groß sind auch die Herausforderungen für den Abbau von Seltenerdenmetallen in Kasachstan. Die Exploration ist zeit- und kostenintensiv. Es braucht Großinvestoren, die ein wirtschaftliches Risiko eingehen, oder einen institutionellen Akteur mit genügend politischer Rückendeckung. Ob Brüssel dieser große Player sein wird, ist unklar. In Samarkand verwies Ursula von der Leyen auf erfolgreiche Global-Gateway-Projekte in Zentralasien und kündigte zugleich ein Investorenforum noch in diesem Jahr an, bei dem auch private Mittel für den Rohstoffabbau eingeworben werden sollen.

Fest steht jedoch: Auch andere Akteure schlafen nicht. Gesprächsformate zu kritischen Rohstoffen bestehen ebenso mit den USA, Südkorea oder Singapur. Für Kasachstan dürfte auch China als größter Produzent und Verarbeiter Seltener Erden sowie wichtiger Handelspartner und Investor eine Rolle spielen. Die Kuyrektykol-Lagerstätte wird Beobachtern zufolge zunächst vom staatlichen Bergbaukonzern Tau-Ken Samruk weiter untersucht. Ein möglicher Mechanismus für die Vergabe der Betriebsrechte steht noch nicht fest.

Kasachstan versteigert 50 Bergbaulizenzen

Eine Möglichkeit sind elektronische Auktionen. Das Industrieministerium hat kürzlich angekündigt, 50 Lizenzen für die Erkundung und Entwicklung verschiedener Lagerstätten im Juni 2025 zu versteigern. Neben Seltenen Erden sollen auch Gold- und Kohlevorkommen unter den Hammer kommen.

Interessierte Unternehmen können sich auf der Unified Platform Subsoil Use registrieren, um ihre Unterlagen einzureichen und mitzubieten. Förderlizenzen sind 25 Jahre gültig. Zwischen 2023 und 2024 hat Kasachstan bereits 117 Genehmigungen für knapp 56 Millionen US-Dollar versteigert. Ein deutsches Unternehmen sondiert die Lage vor Ort.

Datenlage bei kritischen Rohstoffen verbesserungswürdig

Um mehr Investoren anzulocken, will die kasachische Regierung die Rahmenbedingungen für den Abbau kritischer Rohstoffe verbessern. In einem Strategiepapier identifiziert sie zwei Hauptprobleme, die hemmend auf die Entwicklung der Branche wirken. Zum einen fehlt es an Zahlen zu den Reserven von Seltenerdmetallen, da diese der Geheimhaltung unterliegen. Zum anderen sind die geologischen Daten veraltet.

In beiden Fällen hat das Industrieministerium Verbesserungen auf den Weg gebracht. Um Lagerstätten besser zu identifizieren, soll der Kartenmaßstab für geologische Untersuchungen von 1:200.000 auf 1:25.000 erhöht werden. Außerdem ist geplant, die für geologische Untersuchungen freigegebene Landesfläche um 10 Prozent auszuweiten. Für 2025 wurden zudem Lockerungen der Geheimhaltungsregeln für eine Reihe von Seltenerdmetallen angekündigt.

KASACHSTAN / UMWELTSCHUTZRECHT: Kasachstan beschließt ein neues Wassergesetzbuch

Das Gesetzbuch legt Prinzipien der nachhaltigen Wassernutzung fest und führt verpflichtende Sicherheitsmaßnahmen für Wasserbauwerke ein.

Die Novelle führt erstmalig das Konzept der Wassersicherheit ein, das den Schutz der Bevölkerung und der Wirtschaft vor den Risiken der Wasserknappheit und der Verschmutzung der Gewässer umfasst. Das bisherige Wassergesetz aus dem Jahr 2003 zielte vor allem auf die wirtschaftliche Wassernutzung, etwa in der Landwirtschaft, ab. Hingegen werden im neuen Gesetz folgende Grundprinzipien festgehalten:

  1. Anerkennung von Wasser als Lebensgrundlage und wirtschaftliche Entwicklung;
  2. Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes von Wasserressourcen;
  3. Kombinierte Wasserbewirtschaftung von Oberflächen- und Grundwasser;
  4. Effiziente und nachhaltige Wassernutzung;
  5. Einbeziehung der Öffentlichkeit in Entscheidungsprozesse.

Darüber hinaus wird die Förderung des Wasserschutzes gestärkt. Unternehmen, die Wasser für ihre Geschäftstätigkeit nutzen, werden verpflichtet, innerhalb von fünf Jahren Pläne für den Übergang zu einer nachhaltigen Wassernutzung vorzulegen.

Ein neues Kapitel des Wassergesetzbuches widmet sich der Sicherheit von Wasserbauwerken. Es umfasst auch Regelungen zu Registern, Inspektionen und notwendigen Sicherheitserklärungen und Dokumenten.

Das Wassergesetzbuch Nr. 178- VIII vom 9. April 2025 tritt zum 9. Juni 2025 in Kraft und ersetzt damit das vorherige Gesetz.

POLEN / KONJUNKTUR: Schwacher Export sorgt für schlechte Laune

Die Stimmung in Polens Wirtschaft hat sich abgekühlt, wie eine Konjunkturumfrage belegt. Doch es gibt auch positive Signale.

Fast ein Viertel aller befragten Unternehmen in Polen bewertet die aktuelle wirtschaftliche Lage des Landes negativ. Das geht aus der jährlichen Konjunkturumfrage der deutsch-polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen) hervor. Damit hat sich der Anteil der pessimistisch eingestellten Firmen gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Der Geschäftsführer der AHK Polen, Lars Gutheil, sieht die Gründe für die gedrückte Stimmung im Ausland. „Die Verschlechterung ist in hohem Maße durch die geringere Nachfrage auf den Märkten der wichtigsten Handelspartner Polens beeinflusst worden“, sagt er. Tatsächlich sinken aktuell die Warenexporte des Landes.

Die Befragten zeigen sich selbstbewusster, wenn es um die wirtschaftliche Situation im eigenen Unternehmen geht. Mehr als die Hälfte aller Firmen bewertet die Umstände im eigenen Betrieb positiv. Doch auch hier hat sich der Anteil der negativen Stimmen nahezu verdoppelt – auf 9,7 Prozent. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf die Investitionen. Die Mehrheit der Firmen will 2025 keine höheren Beträge investieren als im Vorjahr.

Immerhin scheinen einige Probleme der vergangenen Jahre an Brisanz zu verlieren. Aktuell sagen 57 Prozent der Unternehmen, dass hohe Energiepreise eine der größten Bedrohungen darstellen. Im Vorjahr lag der Anteil noch bei 71,2 Prozent. Unternehmen machen sich außerdem weniger Sorgen um Arbeitskosten oder um Rohstoffkosten. Auch die Wirtschaftspolitik und die Rechtssicherheit werden positiver bewertet als 2024.

An der jährlichen Konjunkturumfrage der AHK Polen und weiterer internationaler Wirtschaftskammern nahmen 2025 über 170 Firmen teil. Rund 50 Prozent aller befragten Unternehmen haben eine deutsche Muttergesellschaft. Die meisten Betriebe stammen aus dem verarbeitenden Gewerbe und aus dem Dienstleistungssektor. Weitere Informationen zur Umfrage bietet die Internetseite der AHK Polen.

TSCHECHISCHE REPUBLIK / ERNEUERBARE ENERGIEN: Tschechien zapft verstärkt Wind und Sonne an

Tschechien steht vor einem neuen Boom bei Windkraft und Fotovoltaik. Ein geplantes Gesetz soll den Bau beschleunigen. Investoren stehen bereit.

Nach jahrelanger Flaute könnte die grüne Stromerzeugung in Tschechien eine Renaissance erleben. Die Regierung einigte sich Mitte März 2025 auf einen Gesetzesentwurf zur schnelleren Genehmigung von Solar- und Windkraftanlagen. Das Umweltministerium erstellt eine Karte mit potenziellen Flächen, auf deren Grundlage Gebietskörperschaften und Gemeinden sogenannte Beschleunigungszonen festlegen.

Diese Standorte sollen viel Potenzial zur Stromerzeugung haben, bei gleichzeitig geringen Auswirkungen auf die Umwelt. In den Beschleunigungszonen kann auf die Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden, wenn die Projekte der Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energiequellen entsprechen.

In den Zonen können nicht nur neue Stromerzeugungsanlagen, sondern auch Infrastruktur wie Netzanschlüsse, Energiespeichersysteme, Verkehrswege oder Lärmschutzwände genehmigt werden.

Bis zu 800 neue Windräder geplant

Nach Schätzungen des Umweltministeriums könnten in den Beschleunigungszonen 600 bis 800 Windräder entstehen. Der Gesetzesentwurf enthält noch weitere Punkte, die den Ausbau von erneuerbaren Energien vorantreiben würden. Zum Beispiel müssen Behörden kleinere Kraftwerksprojekte bis 100 Kilowatt Leistung künftig innerhalb von 30 Tagen genehmigen. Nach Fristablauf gelten sie automatisch als autorisiert.

Außerdem sollen die betroffenen Kommunen stärker profitieren, indem Windradbetreiber eine Gebühr von 50 Kronen je erzeugter Megawattstunde zahlen. Das entspräche bei einem 5-Megawatt-Windrad zwischen 12.000 und 24.000 Euro im Jahr für die Gemeindekasse. Damit will die Regierung Investoren motivieren, Anlagen an Orten mit viel Wind zu bauen und zugleich die Zustimmung der lokalen Behörden zu sichern.

Mit einer Verabschiedung des Beschleunigungsgesetzes ist nicht vor dem Sommer 2025 zu rechnen, da die Lesungen dazu im Parlament gerade erst begonnen haben. Schon vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes füllt sich die Projektpipeline für Windparks in Tschechien.

Zwei Vorhaben mit insgesamt 27 Turbinen je 6,2 Megawatt Leistung kündigte Redwood Capital bei Bruntál an. In Hořany bei Nymburk plant Projektentwickler TCN Energie das mit 231 Metern höchste Windrad Tschechiens. Die Gemeinde soll mit 10 Prozent an der Betriebsgesellschaft beteiligt werden und jährlich 140.000 Euro verdienen.

Standorte für Windräder möchte außerdem die staatliche Forstgesellschaft Lesy ČR ausweisen. Sie kooperiert dabei mit dem Energieversorger ČEZ. Erste Projekte wurden in Havlíčkův Brod und im ehemaligen Militärgelände Ralsko angekündigt.

Der bislang vor allem auf Kohle- und Kernkraftwerke konzentrierte Konzern ČEZ könnte auch bei erneuerbaren Energiequellen die Führungsrolle im Land übernehmen. Bis 2030 will das Unternehmen jährlich neue Kapazitäten von 1.000 Megawatt errichten. Das Unternehmen bereitet aktuell mehrere große Solarparks vor (siehe Projekttabelle).

Solarparks über alten Kohlegruben

Der ehemalige Kohleförderer OKD will bis 2026 Fotovoltaik mit einer Leistung von 22 Megawatt über seinen alten Gruben aufbauen. Der Strom soll teilweise zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden.

Die staatliche Öltransportfirma Čepro hat bereits sieben Solarparks in Betrieb und will weitere sechs errichten, vor allem über ihren Rohöldepots. Insgesamt plant das Unternehmen Fotovoltaikkapazitäten von 30 Megawatt. Auch Batteriespeicher zur Netzstabilisierung sollen installiert werden.

Projektentwickler CTP plant bis 2030 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 250 bis 300 Megawatt auf Dächern von Industrie- und Lagerhallen. Bereits 2024 gingen zwei Systeme mit 4 und 4,1 Megawatt in Bor bei Plzeň ans Netz.

Die tschechische Landwirtschaft freut sich über die Verordnung über agrovoltaische Stromerzeugungsanlagen, die zum 1. Januar 2025  in Kraft getreten ist. Sie erlaubt die Nutzung von Fotovoltaikanlagen auf Agrarflächen für sechs Kulturarten, darunter Wein und Hopfen. Die horizontalen Systeme müssen mindestens 2,10 Meter hoch sein, um darunter landwirtschaftliche Aktivitäten zu ermöglichen. Komponenten wie Batterien und Transformatoren dürfen nicht mehr als 5 Prozent der gesamten Projektfläche einnehmen.

Tschechien verabschiedete im Dezember 2024 seinen Nationalen Energie- und Klimaplan. Demnach sollen bis 2030 im Land 10,1 Gigawatt Fotovoltaikkapazität und 1,5 Gigawatt aus Windkraft installiert sein.

Ende 2024 war das Land davon noch weit entfernt. Die Gesamtleistung aus Fotovoltaik betrug knapp 4 Gigawatt, die Windradleistung 0,35 Gigawatt. Laut Kammer für erneuerbare Energien nutzt Tschechien bislang nur 5 Prozent seines Potenzials bei Windkraft und 6 Prozent bei Fotovoltaik.

Investoren von Altanlagen bangen um Renditen

Für Aufsehen in der Branche sorgt eine Novelle des Energiegesetzes zu erneuerbaren Energiequellen. Die sogenannte Lex OZE III wurde am 4. März 2025 vom Abgeordnetenhaus gebilligt. Sie könnte Investoren, die in den Boomjahren 2009 und 2010 Solarstromanlagen in Tschechien in Betrieb genommen haben, sinkende Renditen bescheren. Denn die Betreiber solcher Anlagen müssen künftig die Angemessenheit der staatlichen Förderung selbst bewerten und dabei die Rentabilität offenlegen. Wird die Meldung nicht ordnungsgemäß und fristgerecht eingereicht, erlischt der Anspruch auf Vergütungen.

Von der Regelung betroffen wären laut tschechischen Medienberichten rund 15.000 Betreiber von Solaranlagen. Ihre Gewinne könnten um bis 30 Prozent schrumpfen. Investoren und der Branchenverband Solární asociace bezeichneten die Pläne als präzedenzlosen Eingriff in gesetzlich garantierte Förderungen und warnten vor einer Bankrottwelle bei Betreibern.

Neue Möglichkeiten für Energiespeicher

Die Novelle dürfte jedoch für einen Durchbruch bei Batteriespeichern sorgen. Diese gelten in Tschechien ab 1. Juli 2025 als vollwertige Energiequelle und können damit einfacher ans Stromnetz angeschlossen werden. Sogenannte Aggregatoren – also spezialisierte Dienstleister – dürfen dann mehrere Anlagen zu einer virtuellen Einheit zusammenfassen und deren Betrieb steuern. Damit kann überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen effizienter gespeichert und das Stromnetz stabilisiert werden.

UKRAINE / AUSSENHANDEL: Versicherungsschutz für Transporte über Polen in die Ukraine

Unternehmen können dank eines polnischen Hilfsprogrammes Warentransporte in die Ukraine versichern. Auch deutsche Logistiker und Versicherer könnten davon profitieren.

Dank der Freigabe seitens der EU darf die polnische Exportkreditversicherungsagentur KUKE mit ihrem neuen Rückversicherungsangebot für Warentransporte ins Hoheitsgebiet der Ukraine starten. Für die Übernahme des Kriegsrisikos durch die polnische Staatskasse stehen 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

Direkt davon profitieren können Assekuranzen, die zur Erbringung von Versicherungsleistungen in Polen berechtigt sind. Sie können bei Policen für Warentransporte in die Ukraine 80 Prozent des Kriegsrisikos auf die KUKE übertragen. Laut der offiziellen Mitteilung zahlen sie „nach Abzug der Provision, die die Abschlusskosten und Verwaltungskosten der Versicherung abdeckt, eine angemessene Risikoprämie an die KUKE“. Dadurch soll eine „konsistente und angemessene Risikobewertung und Preisgestaltung“ ermöglicht werden.

Diesen Versicherungsschutz können sowohl in Polen registrierte Transportunternehmen abschließen als auch solche aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die in Polen eine Zweigniederlassung registriert haben. Laut dem Vorstandsvorsitzenden der KUKE, Janusz Władyczak, werden sie „auch in der Lage sein, Fracht aus anderen EU-Ländern in die Ukraine zu befördern“.

Das neue Programm erweitert das bereits am Markt bestehende Unterstützungsangebot für Transportversicherungen für den Warenhandel mit der Ukraine.

UNGARN / BAUBRANCHE: Ungarns Baubranche hofft auf Erholung

Infrastrukturprojekte und staatliche Förderprogramme könnten die ungarische Bauwirtschaft aus der Krise führen. Unsicher bleibt, ob dafür EU-Gelder bereitstehen.

Markttrends

Der Infrastruktur- und Wohnungsbau soll 2025 wieder Fahrt aufnehmen. Mit einem deutlichen Aufschwung rechnet die Bauwirtschaft vorerst aber nicht.

Die Baubranche bleibt eines der Sorgenkinder der ungarischen Wirtschaft. Mit der kurzen Erholungsphase nach der Coronapandemie ist seit 2023 Schluss: Die Bauleistung schrumpfte um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2024 ging der Produktionswert nach ersten Daten des ungarischen Statistikamtes (KSH) erneut um 0,4 Prozent zurück. Verantwortlich dafür sind deutlich gestiegene Erzeugerpreise und ein staatlicher Investitionsstopp, der 2022 so gut wie alle geplanten Infrastrukturprojekte auf Eis legte.

Die Stimmung im Baugewerbe bleibt gedämpft

Für 2025 sind die Erwartungen durchwachsen. Analysten des Forschungsnetzwerks EUROCONSTRUCT rechnen aber mit einer ersten Trendwende. Nach Zuwächsen von 2,8 Prozent in diesem Jahr, soll 2026 bereits ein Plus von 4,3 Prozent erreicht werden. Branchenvertreter geben sich indes verhaltener: Der Geschäftsführer der DVM-Immobiliengruppe, Tibor Massány, zweifelt etwa an einer schnellen Verbesserung der Lage. In einem Interview vom Dezember 2024 geht er davon aus, dass die Bauleistung 2025 kaum wachsen werde. Nichtsdestotrotz setzt die Branche große Hoffnungen auf die Effekte öffentlicher Investitionen und den Start mehrerer Förderprogramme.

Nach zwei Jahren Stillstand könnte 2025 wieder Bewegung in den staatlichen Infrastrukturbau kommen. Seit dem Investitionsstopp wurden lediglich größere Straßenprojekte fortgeführt, neue Investitionen waren selten. Das soll sich jetzt ändern. Der Haushalt für 2025 sieht die Aufnahme von 500 eingestellten und 300 neuen Baumaßnahmen vor. Der Gesamtwert soll an 30 Milliarden Euro heranreichen, für 2025 sind Ausgaben von rund drei Milliarden Euro geplant.

Ehrgeizige Investitionspläne der öffentlichen Hand

Details zu den Projekten sind noch nicht bekannt. Klar ist nur, dass der Bau einer neuen Donaubrücke bei Mohács und der damit verbundenen Straßenanschlüsse einen erheblichen Teil der Gelder binden werden. Darüber hinaus sind nur kleinere Straßen- und Schienenprojekte, Investitionen in lokale Wasser- und Klärwerke sowie kommunale Infrastrukturen bestätigt. Außerdem will der Konzessionshalter MKIF, Betreiber von knapp zwei Dritteln des ungarischen Autobahnnetzes, 2025 einen zehnjährigen Investitionszyklus starten. Auf dem Programm stehen umfassende Autobahnsanierungen, allein 600 Straßenkilometer sollen neu- oder ausgebaut werden.

Die staatlichen Investitionspläne sind ehrgeizig. Mit Verzögerungen bei der Umsetzung ist zu rechnen. Aus budgetärer Sicht haben sich die Voraussetzungen für öffentliche Investitionen aber etwas verbessert. Budapest kann inzwischen auf Teilsummen an freigegebenen EU-Mitteln zurückgreifen. Gezielt für Infrastrukturprojekte soll ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro der Europäischen Investitionsbank (EIB) eingesetzt werden, ein Kredit chinesischer Banken in gleicher Höhe steht ebenfalls bereit.

Wohnungsbau ist neues Kernthema der Regierung

Die Wiederbelebung des schwächelnden Wohnungsbaus ist Kernthematik des neuen wirtschaftlichen Aktionsplans der Regierung. Mit nur 13.295 übergebenen Wohnungseinheiten war 2024 das schwächste Jahr seit 2016. Neue Fördermaßnahmen sollen Privathaushalte zu Wohnungsinvestitionen bewegen. Dabei handelt es sich vorwiegend um zinsvergünstigte Darlehen und Zuschüsse. Hinzu kommt ein staatliches Förderprogramm für Immobilienfonds in Höhe von umgerechnet rund 740 Millionen Euro. Idealerweise ließen sich damit gleich zwei Ziele erreichen: Der kriselnden Bauwirtschaft auf die Beine zu helfen und vor den Parlamentswahlen 2026 erschwinglichen Wohnraum zu schaffen.

Analysten und Branchenvertreter räumen ein, dass die Programme die Nachfrage im Wohnungsbau tatsächlich ankurbeln könnten. Der Impuls beschränke sich aber auf Eigentumswohnungen. Die größten Effekte erwarten sie von der auf 2025 begrenzten Option einer steuerfreien Verwendung freiwilliger Pensionseinlagen. Die Ersparnisse können in den Kauf oder Bau einer Wohnung, eines Grundstückes, Renovierungsarbeiten oder die Tilgung von Wohnungsbaukrediten investiert werden. Nach Einschätzungen von EUROCONSTRUCT werden private Mittel dabei primär in den Kauf von Sekundärbestand und Sanierungsarbeiten fließen, weniger in Neubauprojekte.

Ein Großprojekt im Zentrum der Hauptstadt könnte indes zum Game-Changer für die Bauwirtschaft werden: Nachdem ein Areal von 85 Hektar um den Rangierbahnhof Rákosrendező von der ungarischen Regierung an einen Investor aus Abu Dhabi verkauft werden sollte, schaltete sich Ende 2024 die Budapester Stadtverwaltung ein und machte ihr Vorkaufsrecht geltend. Auf dem Gelände soll jetzt ein neuer Stadtteil mit erschwinglichem Wohnraum entstehen. Der Entwicklungsplan liegt seit 2013 vor. Die Revitalisierung der Flächen, der Bau neuer Infrastruktur und der Wohnungsbau wird Milliarden verschlingen, die Stadt Budapest setzt dafür auch auf private Investoren.

Industriebau könnte Scheitelpunkt erreicht haben

Vergleichsweise gut lief es bislang im Industriebau. Ungarns Regierung warb in den vergangenen Jahren mit Erfolg ausländische Großinvestitionen an, darunter auch neue Giga-Fabriken etwa von BMW, CATL oder BYD. Das hat die Bauaktivitäten in diesem Segment zuletzt spürbar nach oben getrieben. Und für die ungarische Regierung könnte es mit dem Investitionsboom auch gerne weitergehen: Zielmarke seien 100 neue Fabriken im Jahr 2025, wie Ministerpräsident Viktor Orbán in seiner Rede zur Lage der Nation verkündete.

Ob sich diese Zahl verwirklichen lässt, ist angesichts der globalen Handelskonflikte aber mehr als ungewiss. Aus Investitionsankündigungen des Vorjahres lässt sich zwar ablesen, dass weitere Industrieprojekte anstehen. Sie fallen aber deutlich kleiner aus und umfassen oft nur Werkserweiterungen, keine Neubauten. EUROCONSTRUCT blickt auch eher pessimistisch auf das Jahr 2025 und rechnet mit einem Einbruch der Bauleistung um 10 Prozent. Vielleicht fällt der Rückgang schwächer aus, mit satten Zuwächsen an Industriebauten wird es aber wohl nicht weitergehen.

Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Der energetische Fußabdruck des Gebäudebestands ist hoch. Neue Förderprogramme zur Wohnungssanierung laufen 2025 an. Bei Gewerbeimmobilien steigt die Energieeffizienz.

Unter energetischen Gesichtspunkten verdienen Ungarns Gebäude die Note mangelhaft. Besonders schlecht schneiden Wohngebäude ab. Von rund 4 Millionen bewohnten Wohnimmobilien sind rund 3 Millionen vor 1990 errichtet und seither nur notdürftig renoviert worden. Erhebungen der staatlichen Energieagentur MEHI weisen mehr als ein Viertel aller Wohnungen mit dem schlechtesten Energieausweis HH aus. Ungarische Privathaushalte setzen nach MEHI-Daten 72 Prozent des Energieverbrauchs für Heizzwecke ein. Der EU-Durchschnitt liegt bei 64 Prozent.

Trotz hohem Sanierungsbedarf wird laut MEHI-Chef Áron Horváth pro Jahr nur etwa 1 Prozent des Wohnungsbestands modernisiert. Zuletzt kam der Sanierungsmarkt sogar mehr oder weniger zum Stillstand, nachdem die ungarische Regierung Anfang 2023 entsprechende Förderprogramme einstellte. Der Förderstopp hatte deutliche Auftrags- und Umsatzeinbrüche bei Bauunternehmen und Baustoffhändlern zur Folge. Nach massiver Lobbyarbeit der Bauverbände wurde Mitte 2024 ein neues Wohnungssanierungsprogramm aufgelegt.

Bei Förderprogrammen wird nachgelegt

In der Praxis gestaltete sich die Umsetzung des Programms zunächst jedoch als schwierig. Die Zahl der Förderanträge blieb deutlich unter den Erwartungen der Regierung, weshalb sie im Januar 2025 Nachbesserungen vornahm. Förderfähig sind seitdem Sanierungsprojekte von Eigenheimen, die bis Ende 2006 errichtet wurden und nicht wie in der ursprünglichen Variante vor 1990. In diesem Zeitraum sind geschätzt 300.000 neue Eigenheime entstanden, was den Kreis berechtigter Antragsteller deutlich erweitert. Außerdem wurde der Antragsprozess gestrafft.

Der neue Programmrahmen betrug im Januar 2025 zunächst umgerechnet rund 182 Millionen Euro mit einer Laufzeit bis März 2027. Die maximale Fördersumme pro Antrag liegt bei rund 15.000 Euro und besteht zu gleichen Teilen aus zinslosen Darlehen und nichtrückzahlbaren Zuschüssen. Förderfähig sind vier Sanierungsmaßnahmen: die Gebäudeisolierung, der Austausch von Türen und Fenstern, die Modernisierung der Warmwasseraufbereitung und die Erneuerung der Heizungssysteme. Hinzu kommt im neuen Programm, dass die Installation von Wärmepumpen, Solarmodulen und Energiespeichern zusätzlich bezuschusst wird. Auf diese Weise kann die maximale Fördersumme um bis zu 10.000 Euro aufgestockt werden.

Bauunternehmen hoffen auf gute Geschäfte

Im Rahmen ihres wirtschaftlichen Aktionsplans schob die ungarische Regierung im Januar ein zweites Förderprogramm für private Wohnungssanierungen nach. Es ist explizit für Projekte in ländlichen Gegenden vorgesehen. Adressaten sind in erster Linie Haushalte mit geringem Einkommen in Siedlungen mit weniger als 5.000 Einwohnern. Auch hier beträgt die maximale Förderhöhe um die 15.000 Euro, allerdings fließen 80 Prozent davon als Zuschüsse und nur 20 Prozent als zinslose Kredite. Die förderfähigen Sanierungsarbeiten decken sich in beiden Programmen. Ebenso deckungsgleich ist die Vorgabe, dass mit den Sanierungsmaßnahmen Energieeinsparungen von mindestens 30 Prozent erreicht werden müssen.

Branchenvertreter sind sich einig, dass die Kombination beider Programme den Sanierungsmarkt wiederbeleben könnte. Das bemerken Händler von Baustoffen oft zuerst: Für Attila Juhász, Chef der Baustoffkette Újház, sei der Aufschwung bei Wohnungsmodernisierungen bereits durch eine deutlich höhere Nachfrage an Baustoffen zu beobachten. Bei Bauunternehmen ist das derweil noch nicht angekommen. Vertreter des Fachverbands ÉVOSZ erwarten Marktbewegungen erst für die zweite Jahreshälfte. Deutschen Herstellern von Baustoffen mit energetischen Eigenschaften, aber auch Lieferanten von Fenstern und Türen oder Wärmesystemen, bieten sich hier neue Geschäftschancen. Das gilt genauso für Baudienstleister, die auf energetische Sanierungen spezialisiert sind.

Neues Energieeffizienzgesetz in Vorbereitung

Mit Blick auf den Zustand des ungarischen Wohnungsbestands sind die Programme auch angesichts neuer EU-Direktiven erforderlich. Mit der Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und der Energieeffizienzrichtlinie (EED) verabschiedete die EU Mitte 2024 neue Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden, die binnen 24 Monaten in nationale Gesetze gegossen werden müssen. Ungarn hat mit der Umsetzung der neuen Vorgaben begonnen, die Novellierung des Energieeffizienzgesetzes liegt seit Februar zur öffentlichen Konsultation vor und könnte im Mai 2025 in Kraft treten.

Kern der Änderungen ist eine deutliche Erhöhung der Energieeinsparverpflichtungen für Energieversorger und -händler. Dem Energieminister obliegt es, entsprechende Energieeffizienzmaßnahmen festzulegen. Oberste Priorität hat laut ungarischem Energieministerium dabei die Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden und öffentlichen Bauten. Die ungarische Baubranche begrüßt die Initiative. Denn sie verspricht zusätzliches Tempo für die energetische Gebäudesanierung. Branchenvertreter erwarten, dass insbesondere die Nachfrage nach Wärmedämmung und Heizungssystemen anzieht.

Mineralölkonzern baut grünes Leuchtturmprojekt

Kommerzielle Bauten schneiden aus energetischer Sicht schon heute deutlich besser ab. Gerade am Markt für Büroimmobilien sind die Standards zuletzt merklich gestiegen, was auch eine Folge der zunehmenden Bedeutung von ESG (Environmental, Social and Corporate Governance)-Anforderungen. Ungarn hat seit 1. Januar 2024 ein eigenes und vergleichsweise strenges ESG-Gesetz. Das verpflichtende Reporting wird seither stufenweise eingeführt, die entsprechende Aufsichtsbehörde soll Anfang 2026 ihre Tätigkeit aufnehmen.

Immobilienentwickler bereiten sich darauf bereits vor: Wie Daten des ungarischen Verbands für umweltbewusstes Bauen (HuGBC) zeigen, nimmt die Zahl der Büroneubauten mit einer Bewertung nach den Nachhaltigkeitskriterien des BREEAM Excellent Zertifikats sukzessive zu. Ein Leuchtturmprojekt ist der 2022 fertiggestellte MOL-Campus. Der neue Hauptsitz des ungarischen Mineralölkonzerns MOL gilt als modernstes Bürogebäude in Budapest. Nach eigenen Angaben trägt der Gebäudekomplex als erster des Landes zusätzlich zu einer BREEAM Excellent-Bewertung auch eine LEED-Platin-Zertifizierung.

Branchenstruktur

Zwei Krisenjahre haben der Baubranche zugesetzt, die Zahl der Bauunternehmen ist stark geschrumpft. Fehlende Arbeits- und Fachkräfte sind dennoch ein Problem.

Der Anteil der Bauwirtschaft an der Bruttowertschöpfung der ungarischen Wirtschaft lag 2024 bei 6 Prozent – ein Wert, der über die Jahre relativ stabil geblieben ist. Weniger stabil zeigt sich das Produktionsvolumen der Bauindustrie. Seit 2023 ist die Bauleistung rückläufig, was eng mit dem 2022 verhängten staatlichen Investitionsstopp zusammenhängt. Die öffentliche Hand war bis dahin mit Abstand größter Investor am Baumarkt. Entsprechende Auftragsverluste bei gleichzeitig massiv gestiegenen Erzeugerpreisen machen ungarischen Bauunternehmen und Baustoffherstellern seither zu schaffen.

Rasante Konsolidierung in der Baubranche

Das zweite Krisenjahr in Folge brachte die ungarische Baubranche sichtlich in Bedrängnis. Laut nationalem Statistikamt KSH waren zum Jahresende 2024 noch 149.529 Bauunternehmen offiziell registriert, 1.290 Betriebe weniger als im Juli des Vorjahres. Dabei sind es eher die Klein- und Kleinstbetriebe, die ihr Geschäft aufgeben mussten. Während größere Baufirmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ihre Marktanteile zuletzt deutlich ausweiteten. Ihr Beitrag zum gesamten Produktionsvolumen schnellte zwischen 2022 und 2023 von 8 auf 19 Prozent nach oben.

Grundsätzlich sind die Baubetriebe mehrheitlich in ungarischer Hand. Duna Aszfalt, im Besitz des Gründers der Duna Gruppe, Lászlo Szíjj, führt als Generalunternehmen zahlreiche staatliche Straßen- und Tiefbauprojekte durch. Eine der größten Tiefbaugesellschaften, Mészáros és Mészáros, ist im Besitz des Orbán-Vertrauten Lőrinc Mészáros. Szíjj und Mészáros sind wiederum Anteilseigner von MKIF, dem Konzessionshalter für weite Teile des ungarischen Autobahnnetzes. Mit Strabag und Metal Hungaria Holding mischen auch zwei österreichisch geführte Bauunternehmen im Baugeschäft mit.

Gestiegene Baupreise bleiben ein Problem

Der Anstieg der Erzeugerpreise im Baugewerbe verlangsamte sich 2024 laut offiziellen Zahlen auf 5,9 Prozent. Doch nach den massiven Preissteigerungen der Vorjahre ist das Preisniveau weiterhin ein großes Problem für Baubetriebe, vor allem für die Kleineren. Nach Daten des Fachverbands der Bauunternehmer liegen die Preiszuwächse für bestimmte Posten noch immer im zweistelligen Bereich, etwa für die Beseitigung von Bauschutt, für elektrische Kabel und Leitungen, aber auch für Personal.

Mit einer Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent (im Februar 2025) herrscht in Ungarn quasi Vollbeschäftigung. In der Wirtschaft fehlen seit Jahren Fachkräfte. Das spürt auch die Baubranche. Zwar sorgten Auftragsrückgänge und Insolvenzen in der Bauwirtschaft zuletzt für eine gewisse Entspannung, in bestimmten Bereichen fehlt aber weiter Personal. Die Betriebe suchen vor allem Maurer, Elektriker oder Schlosser. Es gibt auch einen Mangel an Architekten, Bauingenieuren und Elektroingenieuren. Das ergab Mitte 2024 eine Mitgliederbefragung des Verbands der ungarischen Bauunternehmer (ÈVOSZ).

Großhändler dominieren den Baustoffmarkt

Der Präsident des ungarischen Verbands für Baustoffe und Bauprodukte (MÈASZ), László Szarka, schätzt, dass auf seinem Heimatmarkt rund 500 Baustoffproduzenten und Installateure aktiv sind. Darunter fallen etwa 35 größere Hersteller von Produkten, Ausrüstung und Zubehör, 400 Unternehmen operieren im Bereich Gebäudetechnik und -installation. Szarka geht außerdem davon aus, dass in Ungarn rund 1.000 Baustoffhändler und Lieferanten Produkte anbieten.

Zwei inländische Großhändler dominieren den B2B-Markt: Der Platzhirsch Újház betreibt landesweit rund 80 Baustoffmärkte und zur Nummer 2, Lamda, gehören etwa 25 Märkte. Darüber hinaus gibt es in Ungarn drei größere Partnernetzwerke: Unter dem Dach der Hufbau Gruppe, der Pannon Gruppe und der Alföldi Tüzép Kft. kooperieren zwischen 45 und 125 unabhängige Betriebe. Die ungarischen Niederlassungen der deutschen Baumarktketten Obi, Praktiker und Bauhaus sind vorrangig im B2C-Geschäft aktiv.

Rahmenbedingungen

Die Aufnahme von Bautätigkeiten in Ungarn ist auch für ausländische Unternehmen unkompliziert. Sonder- und Neuregelungen sind zu beachten, oft auch kurzfristig.

Bauunternehmen müssen ihre Tätigkeiten in Ungarn spätestens fünf Tage nach Baubeginn bei der ungarischen Kammer für Handel und Industrie registrieren. Die Registrierung bleibt bis auf Widerruf gültig und kann online durchgeführt werden. Für EU-Bürger gibt es aus arbeitsrechtlicher Sicht aufgrund der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit keine Beschränkungen. Eine A-1 Bescheinigung ist jedoch erforderlich.

Rasche Genehmigungsverfahren im One-Stop-Shop

Der administrative Prozess für den Bau von Wohn- und Geschäftsgebäuden ist in Ungarn unkompliziert und transparent geregelt. Allerdings können sich Zuständigkeiten kurzfristig ändern. Grundsätzlich bedarf es einer Baugenehmigung durch die örtliche Baubehörde. Die holt in der Regel ein lokal ansässiger Notar ein. Die Frist für die Erteilung der Baugenehmigung beträgt 15 Tage. Bauvorhaben mit absehbaren Umweltauswirkungen müssen vorab durch die zuständige Umweltschutzbehörde auf Basis einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden. Auch solche mehrstufigen Genehmigungsverfahren wickelt die lokale Baubehörde als One-Stop-Shop ab und übernimmt die Abstimmung mit den beteiligten Fachbehörden.

Ein Sonderfall in der ungarischen Bauwirtschaft sind Bau-, Umbau- und Erweiterungsvorhaben in Einzelhandelsgebäuden mit einer Gesamtfläche von über 400 Quadratmetern. Für Einkaufszentren dieser Größe wurde ein grundsätzliches Bauverbot verhängt. Ausnahmen sind per Sondergenehmigung und über mehrstufige Verträglichkeitsprüfungen möglich und werden angesichts neuer Shopping-Malls im Land offenbar regelmäßig gewährt. Seit 2012 versucht die Fidesz-Regierung mit dem „Plaza-Stop“-Gesetz die Konzentration auf dem Einzelhandelsmarkt einzudämmen und lokale Händler zu stärken. Die EU leitete dazu 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren ein.

Regulatorisches Umfeld verunsichert Unternehmen

Die Unberechenbarkeit und hohe Frequenz staatlicher Regulierungen im Bausektor wird von internationalen und einheimischen Marktakteuren beklagt. Bei der letzten Mitgliedsbefragung des Bauunternehmerverbands ÉVOSZ empfanden 44 Prozent der Teilnehmenden das regulatorische Umfeld als hinderlich für ihre Geschäfte. Ein Problem für die Unternehmen ist nicht nur die Regulierungsfülle, sondern auch der kurze Vorlauf von neuen Vorschriften. Eine Konsultation der Interessenvertretungen findet häufig nicht statt.

Baustoffproduzenten und -händler wurden zuletzt mit einigen nennenswerten Änderungen konfrontiert. Für strategisch wichtige Rohstoffe und Produkte übt die ungarische Regierung seit 2021 eine Ausfuhrkontrolle aus. Exporte müssen vorab beim Ministerium für Technologie und Industrie beantragt werden. Für die Dauer der Prüfung des Antrags verfügt der ungarische Staat über ein Vorkaufsrecht. Zu den betroffenen Rohstoffen und Produkten zählen beispielsweise Kieselsteine, Schotter und Steine. Für zahlreiche weitere Bauprodukte gilt eine elektronische Meldepflicht im Warenkontrollsystem EKEAR.

Darüber hinaus führte die ungarische Regierung Mitte 2022 Sonderertragssteuern für einzelne Branchen ein. Betroffen sind auch Hersteller von Zement, Ziegeln, Baukeramik und Fliesen. Der Steuersatz beträgt 90 Prozent auf alle Verkaufserlöse, die über einem staatlich festgelegten Höchstpreis liegen. Seit Juli 2023 müssen große CO2-Emittenten wie Zementhersteller zudem eine CO2-Abgabe von 40 Euro pro Tonne entrichten.

Brüssel blockiert weiterhin EU-Fördergelder

Seit dem EU-Beitritt Ungarns profitierte die inländische Bauindustrie stark vom Zufluss europäischer Fördergelder. In der aktuellen EU-Förderperiode bis 2027 stehen Ungarn rund 22 Milliarden Euro kohäsionspolitischer Mittel zur Verfügung. Davon sind 6,7 Milliarden Euro für Maßnahmen im Bereich Umwelt und Energieeffizienz sowie nachhaltige Verkehrsentwicklung vorgesehen, weitere 1,7 Milliarden Euro sind für die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur eingeplant. Bis Ende 2026 könnte Ungarn zudem 5,8 Milliarden Euro an Zuschüssen und 3,9 Milliarden Euro an Krediten aus dem EU-Wiederaufbaufond abrufen. Der ungarische Maßnahmenplan sieht hohe Summen für den Ausbau der Transportinfrastruktur und für Projekte in den Bereichen Energieinfrastruktur und Energieeffizienz vor.

Allerdings wird die Zahlung der Gelder seit Ende 2022 von Brüssel zurückgehalten. Die EU-Kommission sieht Defizite bei der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, dem Schutz von Menschenrechten und Minderheiten sowie der Korruptionsbekämpfung in Ungarn. Die Blockade der Mittel ist auch ein Grund, warum Bauminister János Lázár fast alle staatlichen Investitionsprojekte stoppte. Ende 2023 kam es zu einer Vorauszahlung von knapp einer Milliarde Euro aus dem Wiederaufbaufonds. Darüber hinaus gab die EU-Kommission unter großer öffentlicher Kritik zehn Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfond frei. Eine Klage des EU-Parlaments gegen die Freigabe ist noch anhängig.

Über den Einsatz der freigegebenen Gelder herrscht wenig Transparenz. Außerdem muss Budapest davon zunächst auch bereits getätigte Auslagen begleichen. Einige Gelder könnten sicherlich in die zuletzt angekündigten staatlichen Bauprojekte fließen. Die Reformbemühungen der ungarischen Regierung sind indes wenig überzeugend, während sich Ministerpräsident Viktor Orbán weiter unter seinen europäischen Amtskollegen isoliert. Vor dem Hintergrund bleibt es fraglich, ob weiteres Geld aus Brüssel kommen wird.

Naher Osten und mittlerer Osten

ISRAEL / HAFENWIRTSCHAFT: Israels Häfen dürfen stillgelegte Kais wieder nutzen

Israels Regierung gibt stillliegende Kais zur Nutzung frei, um die Wartezeiten für Schiffe zu verkürzen. Das Effizienzproblem der Häfen ist damit aber nicht gelöst.

Anfang März 2025 hat die israelische Regierung eine neue Marktregulierung für die Tätigkeit der Mittelmeerhäfen des Landes erlassen. Um die Abfertigung von Waren zu beschleunigen, dürfen zuletzt stillliegende Kais wieder verwendet werden. Die neuen Bestimmungen gelten zunächst für sechs Jahre. Sie sollen die Leistungsfähigkeit der Hafenwirtschaft steigern und die Wartezeiten für Schiffe verkürzen. Zugleich schützen sie aber auch die beiden älteren Großhäfen in Haifa und Ashdod vor allzu scharfem Wettbewerb.

Zwar erweist sich Israels Logistik trotz des Krieges als leistungsfähig. Für die Importwirtschaft und damit auch für ausländische Exporteure wäre die Verkürzung der Wartezeiten in den Häfen dennoch eine Erleichterung. Israels Austausch mit den direkten Nachbarländern ist mit weniger als 1 Prozent des Außenhandelswertes marginal, weshalb dem Seetransport herausragende Bedeutung zukommt. Die sechsjährige Geltungsdauer der neuen Bestimmungen schafft zumindest mittelfristig mehr Sicherheit. Das Strukturproblem der israelischen Hafenwirtschaft wird dadurch aber nicht gelöst.

Drei Kais werden in Betrieb genommen

Kern der Regulierung ist die Erteilung einer Betriebslizenz für drei bestehende, aber zuletzt stillliegende Kais. Zwei von ihnen liegen in der Hafenstadt Ashdod im Süden der israelischen Mittelmeerküste. Sie werden dem seit 2022 tätigen, von einem Privatunternehmen betriebenen Southport-Hafen zur Verfügung gestellt. Southport steht in Konkurrenz zum älteren, staatseigenen Ashdod Port.

Der dritte Kai kommt dem zur im Norden liegenden Metropole Haifa gehörenden Bayport-Hafen zugute. Auch dieser wurde als Konkurrent eines alten Hafens gebaut: des früher staatlichen, inzwischen aber privatisierten Haifa Port.

Southport und Bayport erhalten die Genehmigung, die ihnen zugeteilten Kais zur Abfertigung von jeweils bis zu 750.000 Tonnen Stückgut beziehungsweise Containern pro Jahr zu nutzen. Sollte die Zahl der vor der Mittelmeerküste liegenden Schiffe über 30 steigen, darf das Arbeitstempo über diese Obergrenze hinaus erhöht werden.

Industrie protestiert gegen Wartezeiten

Ende Januar 2025 hat die nationale Industriellenvereinigung (Manufacturers‘ Association of Israel; MAI) gegen die langen Wartezeiten protestiert, die vor allem mit Metallen beladene Schiffe hinnehmen mussten. Anfang des Jahres hatte die Zahl der vor Anker liegenden Schiffe 50 überschritten. Die Wartezeiten auf eine Entladung überstiegen in einzelnen Fällen 50 Tage. Rohstofftransporte wurden von dringenderen Transporten, wie etwa Lieferungen von Lebendvieh, in der Warteschlange übersprungen.

MAI-Präsident Ron Tomer erklärte, Liegezeiten von drei bis vier Wochen könnten die Kosten der importierten Rohstoffe verdoppeln. Neben der Industrie ist vor allem das Baugewerbe von den Verzögerungen bei Metallprodukten betroffen. Deren verspätete Ankunft an den Baustellen verlangsamt die Durchführung von Bauprojekten.

Regierung vor einem Dilemma

Die Regulierung packt ein Problem an, das bekannt ist, bisher aber nicht befriedigend gelöst werden konnte. Der Bau und die Inbetriebnahme von Southport und Bayport waren von der Regierung mit dem Ziel gestartet worden, um den Wettbewerb in der Hafenwirtschaft zu stärken. Die beiden Häfen nahmen ihre Tätigkeit 2022 auf. Da aber einige bestehende Kais nicht genutzt werden durften, blieb die Zahl der auf Reede liegenden Schiffe weiter hoch und erreichte im Frühjahr 2022 rund 80 Schiffe.

Unter diesen Umständen erlaubte das Verkehrsministerium im April 2022 die Nutzung brachliegender Kapazitäten für zwei Jahre. Die Warteschlange ging auf minimal sieben Schiffe zurück. Nachdem die zweijährige Betriebsgenehmigung im April 2024 abgelaufen war, kletterten die Warteschlangen und die Wartezeiten jedoch wieder nach oben.

So ist die neue Regelung ein Balanceakt zwischen Wettbewerb und dem Schutz von Ashdod Port und Haifa Port. Angesichts ihrer niedrigeren Effizienz verloren diese nach 2022 schnell Marktanteile an die beiden Privathäfen. Dies, obwohl die letzteren im Wesentlichen auf Containerumschlag begrenzt blieben.

Vergünstigungen für die alten Häfen

Quasi zum Ausgleich werden die alten Häfen indirekt entschädigt. Im Fall von Ashdod Port verzichtet die Regierung auf die ursprünglich anvisierte Komplett-Privatisierung. Vielmehr sollen nur 49 Prozent der Anteile an gewerbliche Investoren verkauft werden. Damit reagiert der Staat auf den Widerstand der Hafenmitarbeitenden gegen Privatisierungsschritte, die den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze mit sich bringen würden. Gleichzeitig erhält der Hafen für sechs Jahre das Recht, ein Logistikgelände von 40.000 Quadratmetern zu nutzen.

Auch dem Haifa Port wurden neue Logistik- und Handelsflächen zugewiesen. Ferner, so das Verkehrsministerium, erhält der Hafen regulatorische Erleichterungen. Medienberichten zufolge wird damit nicht zuletzt die Ausschüttung von Dividenden vereinfacht.

Den Balanceakt umschrieb das Verkehrsministerium mit dem Satz: „Die Verordnung enthält für jeden Hafen individuelle Maßnahmen, die seiner Ausprägung und seinen Bedürfnissen entsprechen, damit jeder in der Lage ist, unter fairen Bedingungen mit den anderen zu konkurrieren.“

Hoffnung auf höheren Umschlag und Investitionen

Um das strukturelle Problem der Hafenwirtschaft nachhaltig zu lösen, müsste der Güterumschlag in den israelischen Häfen deutlich steigen. Im Kriegsjahr 2024 ist er zwar zurückgegangen, doch könnte der nach Kriegsende erwartete Wirtschaftsaufschwung die Situation verbessern.

Zudem hoffen die Häfen auf ein kräftigeres Drehscheibengeschäft. In diesem Geschäftssegment bleibt aber abzuwarten, wie sich die durch den Krieg verursachten Lieferstörungen langfristig auf die Attraktivität des Hub-Standorts Israel auswirken.

In jedem Fall dürfte der gestärkte Wettbewerb Modernisierungsinvestitionen in den Häfen ankurbeln. Ein erstes Zeichen ist die Ankündigung des Ashdod Port, zwei seiner Kais für umgerechnet 140 Millionen US-Dollar zu modernisieren.

ISRAEL / IT-SICHERHEIT: Israel zieht Investitionen in IT-Sicherheit an

Cybersecurity hat sich zu einer führenden Hightechbranche in Israel entwickelt. Deutschen Firmen bieten sich Chancen für Technologiezukauf, Kooperation und Investitionen.

Im März 2025 hat der US-Konzern Google die Übernahme der israelischen Cloud-Security-Firma Wiz für 32 Milliarden US-Dollar (US$) vereinbart. Es handelt sich um die größte Übernahme in der israelischen Wirtschaftsgeschichte. Zwar liegt der Hauptsitz von Wiz inzwischen in den USA. Doch befindet sich ihr Forschungs- und Entwicklungszentrum weiterhin in Israel.

Google hatte Wiz bereits 2024 ein Übernahmeangebot für 23 Milliarden US$ unterbreitet. Damals lehnte Wiz die Offerte ab. Neben der Aufstockung des Übernahmepreises sehen israelische Kommentatoren in der gegenwärtigen Unsicherheit auf dem US-Kapitalmarkt einen wesentlichen Grund für die Annahme des Angebots.

Die jüngste Übernahme illustriert die starke Position der israelischen Cybersicherheitsbranche auf dem Weltmarkt. Neben der steigenden Nachfrage nach Datensicherheit liegt das an der weiterhin guten Verfügbarkeit von Fachkräften in Israel.

Investitionen in Cybersecurity 2024 verdoppelt

Bereits 2024 war ein erfolgreiches Jahr für die IT-Sicherheitsbranche des Landes. In ihrem Bericht „The State of the Cyber Nation 2024“ erklärte die internationale Wagniskapitalfirma YL Ventures im Januar 2025, Israels Cybersicherheitsbranche habe 2024 Investitionen von insgesamt 4 Milliarden US$ angezogen. Das sei mehr als doppelt so viel wie 2023 (1,9 Milliarden US$) und mehr als 2022 (3,2 Milliarden US$) gewesen. YL Ventures spricht von einem „außergewöhnlichen Wachstum“.

Laut israelischem Fachverband Cyber Together – Israel Cyber Security Association gehören zu den führenden Segmenten der IT-Sicherheitsbranche Cloudsicherheit, Identitäts- und Zugriffsmanagement, Anwendungssicherheit, Sicherheit für Betriebstechnik (OT) und kritische Infrastruktur sowie Datensicherheit und Verschlüsselung.

Die gemeinnützige Organisation Start-up Nation Central zählt im Februar 2025 insgesamt 509 Unternehmen auf dem Gebiet der Cybersecurity in Israel. Der Großteil davon (etwa 450) beschäftigt weniger als 200 Mitarbeiter. Obwohl es in Israel vor allem Start-ups sind, die zur Innovationskraft im Bereich der IT-Sicherheit beitragen, entwickelt sich die Branche weiter. Laut YL Ventures steigt die Zahl der Seriengründer, also der Unternehmer, die nach dem Verkauf eines Start-ups ein weiteres Start-up in diesem Segment gründen. Zudem sei der schnelle Verkauf eines Start-ups immer seltener das Ziel. Vielmehr richten insbesondere erfahrene Gründer ihre Start-ups verstärkt auf einen potenziellen Börsengang aus.

Umkämpfter Markt bietet Chancen bei EDR und SIEM

Israelische IT-Sicherheitsanbieter sind stark exportorientiert. Nach Schätzung des israelischen Exportinstituts (Israel Export Institute) lag ihre Ausfuhr 2023 bei 13 Milliarden US$. Das entsprach einem Viertel aller Exporte von Hightechdienstleistungen. Anders als andere Hochtechnologiebranchen sind die Anbieter auch in hohem Maß auf dem Binnenmarkt vertreten. Alon Refaeli, Gründer und Partner von Cyber Together, sieht trotz der breiten Palette einheimischer Angebote Möglichkeiten für ausländische Anbieter von Anwendungen für die IT-Sicherheit. Dazu gehörten speziell Security Information and Event Management (SIEM) sowie Endpoint Detection and Response (EDR).

Im EDR-Segment seien vor allem Großunternehmen aus den USA und Europa in Israel aktiv. Auf dem SIEM-Markt träten stärker auch kleinere Akteure auf, die sich auf die Integration ihrer Technologie mit Cloud-Systemen spezialisierten.

Bei der Bereitstellung von Clouddiensten spielen ausländische Unternehmen eine wichtige Rolle. Ein Beispiel ist das Nimbus-Projekt: Google und Amazon Web Services sollen für die israelische Regierung eine zentrale Cloud-Infrastruktur einrichten.

Marktteilnehmer aus Übersee stellen zudem israelischen Kunden Server im Ausland zur Verfügung. Bei diesen Kunden handele es sich, so Refaeli, hauptsächlich um zivile Unternehmen. Bei staatlichen israelischen Institutionen, die ihre Daten auf Servern in Israel gespeichert wissen wollten, sei dieses Modell nicht üblich.

Beschaffung und Forschung aus deutscher Sicht im Fokus

„Wir stellen großes Interesse an Lösungen für die IT-Sicherheit seitens deutscher Unternehmen fest. Israelische Anbieter punkten dabei auch mit einem guten Angebot an Schulungen“, sagt Charme Rykower, stellvertretende Geschäftsführerin der AHK Israel.

Neben Anwendern aus der Bundesrepublik, so Charme Rykower, kauften auch deutsche Anbieter von IT-Sicherheit israelische Technologie, um sie in ihr eigenes Angebot zu integrieren. Eine wichtige Rolle spiele die deutsch-israelische Forschungs- und Entwicklungskooperation. Kooperationsprojekte fänden insbesondere zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen beider Länder statt. Ein Beispiel sei die deutsch-israelische Energiepartnerschaft, die unter anderem IT-Sicherheit für kritische Energieinfrastruktur beinhalte.

Das deutsche Nationale Forschungszentrum für angewandte IT-Sicherheit, ATHENE, und das israelische Ministerium für Energie und Infrastruktur haben 2024 ein neues kooperatives Forschungsprogramm gestartet. In dessen Rahmen entwickeln israelische Universitäten gemeinsam mit ATHENE Lösungen für Cyber Security im Energiesektor.

Eine bedeutende internationale Veranstaltung ist die von der Universität Tel Aviv jährlich veranstaltete Cyber Week. Mehrere führende deutsche Firmen haben in Israel in die Forschung und Entwicklung im Bereich der Cyber Security investiert. Start-up Nation Central führt mit der Mercedes-Benz Group und der Continental AG zwei deutsche Unternehmen auf, die über israelische Forschungs- und Entwicklungszentren verfügen. Im Jahr 2021 erwarb die deutsche Schwarz Gruppe Mehrheitsanteile an dem israelischen IT-Security-Unternehmen XM Cyber.

SAUDI-ARABIEN / BAUNEBENGEWERBE: „Saudi-Arabien läuft gut“ – ein Mittelständler berichtet

Im Königreich sorgt der Bauboom für gute Aussichten. Im Interview erläutert der Regionalvertriebsleiter des Türbandherstellers Dr. Hahn, wie deutsche Unternehmen davon profitieren.

Frank Eggert kommt gerade von der Baumesse Big5 in Riad zurück. Der Vertriebsleiter für Osteuropa, Asien und den Nahen Osten beim Türbänder-Hersteller Dr. Hahn ist vom Wandel in Saudi-Arabien beeindruckt. „Noch vor acht Jahren gab es eine Pizza nur mit viel Glück, Musik in der Hotellobby gar nicht.“ Heute trifft der 58 Jahre alte Manager in Riad auf Clubs, Discos und „eine richtige Aufbruchstimmung“. Von seinem Geschäft in Saudi-Arabien ist Eggert ebenfalls sehr angetan.

Mit rund 450 Mitarbeitern und Exporten in 66 Länder zählt Dr. Hahn zu den „Hidden Champions“ in Märkten, von denen man selten Notiz nimmt: Bei Scharnieren für Türen, im Fachjargon Bänder, erwirtschaften die Mönchengladbacher rund zwei Drittel ihrer Umsätze im Export. Außerdem wurde der Hersteller von hochwertigen Baubeschlägen nach eigenen Angaben jüngst als Innovationsführer im Bereich der Fenster- und Türentechnik ausgezeichnet.

Herr Eggert, wie lief die Messe?

Sehr gut. Die boomende Bauwirtschaft sorgt für eine hohe Nachfrage nach Türen und damit auch den Bändern dafür, also den Verbindungsstücken zwischen Tür und Zarge. Gerade in unserem High-End-Bereich ist der Bedarf noch lange nicht gedeckt. Saudi-Arabien gehört für uns zu den Top-15-Märkten.

Sie profitieren von den Megaprojekten wie der neuen Stadt NEOM?

Die sind natürlich gut fürs Geschäft. Bis wir davon aber konkret etwas merken, wird es noch dauern. Bei solchen Milliardenvorhaben geht es zunächst um Straßen und die grundlegende Infrastruktur. Die Gebäude werden später gebaut. Erst dann kommen wir mit unseren Türbändern rein.

Wie sehen Sie da „Ihren“ Erfolg?

Ich gehe nur selten durch eine Tür, ohne auf die Bänder zu schauen. Das ist wohl eine Berufskrankheit. Aber so bekomme ich mit, in welchem Projekt unsere Bänder verbaut wurden oder ob ein Wettbewerber den Zuschlag bekommen hat.

Ihre Endkunden sind die Türenbauer?

Wir vertreiben unsere Bänder weltweit über den Handel oder in einigen Fällen auch direkt an den Türenbaubetrieb. Das ist abhängig von der Größe des Unternehmens und von der Menge der benötigten Bänder.

Verkaufen Sie auch an die Hersteller von Profilen?

Das ist unser zweiter Absatzweg. Da gibt es zum Beispiel die Rollenbänder, das sind diese etwa stiftgroßen Bänder als Verbindung zwischen Rahmen und Tür. Unser Band wird so gestaltet, dass es möglichst formschlüssig mit dem Profil verbunden werden kann. Wir erarbeiten also eine Lösung, die an das Tür- und Rahmenprofil angepasst ist und die immer mit den Profilherstellern abgestimmt ist. Diese Hersteller übernehmen dann auch meist den Vertrieb der Bänder. Das ist in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht anders als in anderen Märkten.

Wie starteten Sie Ihre Präsenz in Saudi-Arabien?

Wir haben 1980 mit Handelsvertretern in Saudi-Arabien begonnen. Diese haben unsere Bänder bei den Türenbauern vorgestellt und die Aufträge abgewickelt. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad von Dr. Hahn kamen Anfragen direkt zu uns nach Deutschland. Inzwischen heißt ein Türband in Saudi-Arabien „Dr. Hahn“. Wir sind zu einem Gattungsbegriff für das Band geworden.

Hilft Ihnen das auch gegen die Konkurrenz?

Ein hoher Bekanntheitsgrad ist für eine starke Marke unverzichtbar. Dennoch ist es nicht alles. Da sind die überzeugende Technik, die hochwertigen Oberflächen, die Zuverlässigkeit im Vertrieb ausschlaggebend. Qualität made in Germany ist für uns eine Verpflichtung gegenüber unseren Kunden, unsere Wertschöpfung liegt zu 100 Prozent in Deutschland. Das Know-how, das wir über Jahrzehnte erworben haben, unterscheidet uns von der Konkurrenz. Unsere Stärke sind individuelle Lösungen. Wir entwickeln unsere Produkte zudem ständig weiter. Das sichern wir auch durch Schutzrechte ab.

Mit Verlaub, aber Türbänder hört sich nicht nach Raketentechnik an.

Türbänder werden unterschätzt. Das sind Bauteile, die nicht nur für das reibungslose Öffnen und Schließen zuständig sind, sondern für den Brand- und Rauchschutz sowie für Fluchtwege eine entscheidende Rolle spielen. Hinzu kommt, dass es neben dem Aufschraubband Formen gibt, die fachkundiges Wissen erfordern. Über Rollenbänder sprachen wir bereits. Dazu gibt es verdeckt liegende Bänder, die im Inneren der Profile verbaut sind. Das sind dann schon sehr anspruchsvolle Konstruktionen.

Chinesische und andere asiatische Hersteller werden nicht auch besser?

Doch, aber in den nächsten zehn Jahren sehe ich in unserem Segment wenig ernsthafte Konkurrenz. Diese bedient den Massenmarkt. Sie nimmt auch den Aufwand für die Zertifizierungen nicht in Kauf, die wir für alle erdenklichen Anforderungen besitzen. China selbst ist für uns ein sehr wichtiger Markt. Wir haben in Shanghai unsere einzige eigene Auslandsniederlassung.

Sind Zahlungsausfälle im reichen Saudi-Arabien ein Thema für Sie?

Eher die Zahlungsziele. Bei den langen Verschiffungszeiten dauert es ab Bestellung schon drei bis vier Monate, bis der Kunde unser Teil im Regal liegen hat. Der Kunde muss seinerseits bei seinem Abnehmer lange auf sein Geld warten, sechs Monate laut Vertrag und de facto oft vier weitere. Insgesamt ist das über ein Jahr Verzögerung. Diese lange Zeitspanne müssen wir zahlungstechnisch mit unseren Kunden irgendwie aufteilen.

Saudi-Arabien und seine Megaprojekte: Wie kommt ein deutscher Mittelständler neu auf diesen Markt?

Indem er sich zum Beispiel zusammentut mit anderen, die schon dort sind. Einen Hersteller von Türschlössern kann ich auf einer Messe wie der Big5 kürzlich in Riad mit möglichen Partnern zusammenbringen. Er hat dieselben Kunden wie wir, Türenbauer, den Handel oder Profilhersteller, macht mir aber keine Konkurrenz. Im Gegenzug kann ich darauf hoffen, über ihn später an weitere Kunden zu kommen.

Nach meinem Eindruck kooperieren deutsche Mittelständler schon recht gut auf diese Art. Deutsche Gemeinschaftsstände auf Auslandsmessen wie jüngst auf der Big5 bieten dafür eine sehr gute Grundlage.

SAUDI-ARABIEN / PHARMA, BIOTECHNOLOGIE: Saudi-Arabiens Pharmamarkt erfreut deutsche Exporteure

Saudi-Arabiens Pharmamarkt soll weiter kräftig wachsen. Deutsche Lieferanten haben zuletzt besonders zugelegt. Der Staat fördert aber Inlandshersteller und Generika legen zu.

Marktentwicklungen und -trends

Der Pharmamarkt soll mit etwa 5 Prozent wachsen. Finanzielle Mittel sind da, die Regierung möchte allerdings die Preise drücken und die einheimische Produktion ausbauen.

Saudi-Arabien gilt für Anbieter von Pharmazeutika als attraktiver Markt. Die Bevölkerung von etwa 33 Millionen wächst schnell. Es gibt einen steigenden Bedarf an Medikamenten, unter anderem zur Behandlung von Zivilisationskrankheiten. Dazu gehören Mittel gegen Diabetes, Bluthochdruck, Krebs sowie Herz- und Atemwegserkrankungen. Zu den umsatzstärksten Arzneimitteln gehört das Abnehmpräparat Mounjaro des US-Herstellers Eli Lilly.

Finanzielle Mittel sind vorhanden

Als größter Erdölexporteur und mit einer Wirtschaftsleistung pro Kopf wie in Japan kann Saudi-Arabien gleichzeitig viel Geld für die Gesundheit ausgeben. Die Bevölkerung und verschreibende Ärzte bevorzugen traditionell Originalpräparate gegenüber den günstigeren Generika. Auf Originalpräparate entfällt, trotz rückläufiger Tendenz und Sparbemühungen der Regierung, über die Hälfte der Marktumsätze. Die Medikamentenpreise sind damit rund viermal so hoch wie in Südafrika und sogar rund elfmal so hoch wie in Ägypten.

Das Königreich vereint mit 12,4 Milliarden US-Dollar (US$) knapp 37 Prozent der Pharma-Umsätze in der gesamten Region Afrika/Nahost. Dies zeigen die für diese Branche maßgeblichen Marktzahlen der Analysefirma Iqvia mit Bezug auf den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024. Die benachbarten VAE stehen für 13 Prozent der regionalen Verkäufe, Ägypten mit seiner über dreimal so großen Bevölkerung für 12 Prozent und das Industrieland Südafrika für 10 Prozent.

Markt soll weiter wachsen

Die Umsätze sind in den letzten Jahren zudem kräftig gewachsen und könnten den Prognosen zufolge noch deutlicher anziehen. Der führende Anbieter Spimaco geht für 2023 bis 2027 von einem Plus von jährlich nominal 8 Prozent aus. Das wären 3 Prozentpunkte mehr als in dem Vierjahreszeitraum davor. Andere Analysten schreiben die bisherige Wachstumsrate von jährlich 5 Prozent bis 2027 fort, teilweise auch darüber hinaus.

Die Pharmaumsätze verteilen sich etwa hälftig auf den Einzelhandel und Institutionen. Iqvia beziffert das Verhältnis nach den letzten verfügbaren Jahreszahlen (bis 3. Quartal 2024) auf 52:48. Für 2018 wurde noch 44:56 ausgewiesen, das Gewicht des Einzelhandels hat also zugenommen. Die andere Kundengruppe, Krankenhäuser und sonstige Institutionen, beschafft meist über Ausschreibungen. Den Tender-Markt bezifferte das Portal Pharma Boardroom (Quelle: Iqvia) im August 2024 mit 5,6 Milliarden US$.

Einzelhandels-Vertrieb profitabler und im Plus

Der Privatmarkt ist lukrativer als der öffentliche Sektor. Dies bestätigen Vertreter von zwei Internationalen Pharmakonzernen, von denen einer lokale Fabriken betreibt. Apotheken bevorzugen Originalpräparate, wobei die Preise einer strikten staatlichen Kontrolle unterliegen. Die öffentlichen Kunden beschaffen eher Generika.

Importierte Medikamente dürfen nur durch ein saudi-arabisches Unternehmen vertrieben werden. Als Partner dafür offerieren sich unter anderem Pharmahersteller mit einer einheimischen Produktion wie das Unternehmen Hikma. Lokal produzierte Arzneimittel dürfen von den Herstellern selbst vertrieben werden.

Im Privatmarkt gilt es nach Angaben eines Herstellers zuerst die Ärzte von einem Präparat zu überzeugen und dann, mit deren Empfehlung, die Manager der Apothekenketten. Ein wichtiger Absatzweg sind demnach auch die privaten Kliniken und die in diesem Bereich ebenfalls agierenden Ketten.

Regierung fördert Inlandsproduktion

Saudi-Arabien ist bei Pharmazeutika in der Region nicht nur der wichtigste Markt, sondern auch der größte Hersteller. Die Regierung will die Pharmaindustrie im Rahmen ihrer Entwicklungsplanung (Vision 2030) weiter ausbauen. Sie fördert dafür in- und ausländische Investitionen.

Mit einer nationalen Biotechnologie-Strategie priorisieren die Behörden „Bio Manufacturing“ sowie die Herstellung von Impfstoffen und die Genom- und Zelltherapie. Als weitere bevorzugte Sektoren und Projekte nennt die Investitionsförderagentur Invest Saudi die Herstellung von flüssigen oralen Arzneimitteln, sterilen Injektionslösungen und generell von Generika.

Forschung und Entwicklung (F&E), von den Behörden ebenfalls dringend erwünscht, findet in der lokalen Branche bisher nur sehr begrenzt statt. Spimaco gibt in seinem Jahresbericht 2023 F&E-Ausgaben von 3,2 Prozent des Umsatzes an. Die Hersteller importieren die Wirkstoffe und sehr häufig auch nur weitgehend fertig gestellte Produkte, die sie lediglich verpacken.

Milliardenschwere Insulin-Fertigung angekündigt

Beobachter halten die Regierungspläne zum Ausbau der Produktion für sehr ambitioniert. Einige große Investitionen in neue Pharmafabriken sind in der Branche geplant, der Stand der Umsetzung ist aber teils unklar. Im Oktober 2024 gab es zwei Vereinbarungen über die lokale Herstellung von Insulin, die 1,1 Milliarden US$ beziehungsweise 90 Prozent der einheimischen Nachfrage umfassen würden. Beteiligt sind die saudi-arabischen Hersteller Lifera mit dem Partner Novo Nordisk und Sudair (mit Sanofi).

Produktions-Incentives gibt die Regierung auch über ihre Beschaffungen. Firmen, auch ausländische, die in Saudi-Arabien produzieren, werden bei staatlichen Ausschreibungen bevorzugt. Sie können dabei höhere Preise aushandeln als Lieferanten von Importprodukten. Seit Anfang 2024 dürfen sich zudem nur noch Firmen an staatlichen Ausschreibungen beteiligen, die ihr „Regional Headquarter“ in Saudi-Arabien eingerichtet haben. Es gibt allerdings Ausnahmen, und de facto können sich auch Firmen beteiligen, die eine andere Form der Niederlassung haben.

Lokale Branchenstruktur

Deutsche Pharmalieferanten haben zuletzt gut verdient. Ausländer bestimmen den Markt, Generika legen aber zu.

Der saudi-arabische Pharmamarkt ist überwiegend in der Hand ausländischer Anbieter. Iqvia beziffert den Anteil „multinationaler Firmen“ gegenüber „lokalen Verkäufen“ – mit 63,5 Prozent (Oktober 2023 bis September 2024). Einheimische Anbieter haben in den letzten Jahren ihre Marktstellung aber leicht verbessert. Für das Gesamtjahr 2018 hatte das Verhältnis noch bei 69:31 gelegen.

Die Importe der Branche sind in den letzten Jahren allerdings schneller als der Markt gewachsen, was sich zum Teil aus unterschiedlichen Produktabgrenzungen ergibt. Zudem lassen ausländische Anbieter auch in Saudi-Arabien fertigen, sie bedienen den Markt also nur zum Teil durch Importe. Ein europäischer Pharmakonzern ohne eigene Produktion in Saudi-Arabien gibt auf Nachfrage an, rund ein Achtel seines Bedarfs von lokalen Partnern herstellen zu lassen. „Hier gibt es viel mehr Pharma-Produzenten und potenzielle Hersteller als in den VAE.“

In Saudi-Arabien gibt es nach Marktberichten über 40 lizensierte Hersteller von Arzneimitteln. Der größte einheimische Hersteller Spimaco betreibt drei Fabriken, in denen er auch für ausländische Marken produziert. Von den bekannten internationalen Pharmakonzernen sind GSK, Pfizer und Sanofi mit einer eigenen Produktion im Land vertreten. Sanofi hatte 2014 als Erster ein Werk im Königreich eröffnet. Die beiden ägyptischen Firmen Pharco und Eva Pharma sowie Julphar (VAE) und die US-amerikanische Akkad Holdings planen große Fabriken im Land. Roche führt in Riad ein „Scientific Office“.

Lokale Fabriken fertigen auch für Auslandskonzerne

Größter Anbieter im Privatmarkt ist Branchenangaben zufolge der US-Konzern Eli Lilly vor Spimaco. Bei den gesamten Pharmaumsätzen in Saudi-Arabien sieht sich Hikma als Nummer eins. Das in Jordanien gegründete Unternehmen betreibt in Saudi-Arabien drei Fabriken. Die Werke dürften etwa die Hälfte der Firmenumsätze in Saudi-Arabien beisteuern und gleichzeitig rund ein Fünftel der Produktion exportieren. Gleichzeitig fertigen die Fabriken Schätzungen zufolge etwa zur Hälfte für Auftraggeber.

Pharmazeutische Wirkstoffe (API) produziert Hikma der Firmenwebseite zufolge auch in Jordanien, und die wolle man verstärkt in der MENA-Region einsetzen. Die in Saudi-Arabien eingesetzten Maschinen stammen offenbar schwerpunktmäßig von deutschen Herstellern. Hikma soll dort – nach allerdings unbestätigten Informationen – an neuen Kapazitäten arbeiten. Dabei gehe es um die Herstellung von Krebsmedikamenten, Injektionspräparaten und pharmazeutischen Behältern.

Tabuk sieht sich als „Saudi-Arabiens größtes privates Pharmaunternehmen“, setzt aber weniger um als Spimaco. Die Firma arbeitet vor allem als Auftragshersteller. Sie hat zwei Fabriken in Saudi Arabien und je eine in Algerien und in Sudan. Drittgrößter einheimischer Pharmahersteller ist Jamjoom. Mitte 2023 brachte das Unternehmen 30 Prozent seiner Anteile an die Börse. Es wurde dabei mit 1,12 Milliarden US$ bewertet. Zu den nächstgrößeren einheimischen Anbietern gehören Riyadh Pharma und Alpha Pharma.

Einen Hinweis auf die Rangordnung, auch der ausländischen Pharmaanbieter, geben ältere Umsatzzahlen. Laut Iqvia betrugen die Jahresumsätze 2018/2019 (2. bis 1. Quartal, in Millionen US$, neuere Daten liegen nicht frei vor): Pfizer (644), Sanofi (535), Novartis (420), Tabuk (410), Spimaco (385), GSK (375), Hikma (338), Novo Nordisk (312), MSD (294), Astra Zeneca (240).

Der im August 2024 mit 5,4 Milliarden US$ bezifferte Markt für Ausschreibungen entfiel zu gut 60 Prozent auf zehn Firmen, so Zahlen von Pharma Boardroom mit Quelle Iqvia. Führend waren Hikma und Sanofi (je 9 Prozent Umsatzanteil) vor Spimaco (8), Tabuk (7), Pfizer (6), Novo Nordisk und Novartis (je 5). Es folgten GSK und Roche (je 4 Prozent) sowie Organon (3) und Jamjoom (1).

Generika legen zu

Den Umsatzanteil von Generika beziffert der Marktforscher BMI für 2023 mit 43 Prozent. Er soll steigen und zehn Jahre später bei der Hälfte liegen. Befragte Industrievertreter prognostizieren ebenfalls ein überdurchschnittliches Wachstum.

Hauptgrund sind die Sparbemühungen der Regierung, etwa durch erzwungene Preiskürzungen. 2024 kündigten die Behörden dafür die Einführung einer „Cost Effective Threshold“ an, die ab 2025 gelten sollte. Die Preise unterliegen einer strikten Kontrolle durch die Behörden. Sie sind zwar deutlich höher als in ärmeren Ländern, aber niedriger als in anderen Golfstaaten wie den VAE.

BMI konstatiert zudem einen „weiterhin schwachen Markenschutz“. Eine „schwache Durchsetzung von Patentrechten“ und mangelhafter Schutz von intellektuellen Eigentumsrechten“ begünstigten einheimische Hersteller von Generika. Zudem drängen verstärkt billige Generika-Anbieter aus Asien in den Markt. Hikma bestätigt dies. Man registriere in den letzten Jahren eine „Marktöffnung“ gegenüber den Asiaten sowie hohe Investitionen und eine zunehmende Konkurrenz von dieser Seite.

Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC, Over-the-Counter) verzeichnet BMI in den letzten Jahren rückläufige Verkäufe. Die Präparate standen 2023 für knapp 9 Prozent der Marktumsätze, und der Umsatz soll weiter sinken. Ein Grund dafür seien Beschränkungen in der Werbung.

Deutsche Pharmaexporte im Boom

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes steigerte Deutschland seine Saudi-Arabien-Exporte von Pharmazeutika 2024 im Vorjahresvergleich um ein Viertel auf genau 1 Milliarde Euro. Im Vergleich zu 2021 war das sogar 74 Prozent mehr. Die gesamten deutschen Branchenausfuhren waren in diesem Zeitraum nur um 15 Prozent gestiegen. Deutschland war bis 2021 Saudi-Arabiens größter Pharmalieferant und lag die nächsten beiden Jahre mit geringem Abstand hinter den USA. Der Abstand zu den nächstplatzierten Irland und Frankreich ist recht groß.

Rahmenbedingungen

Der Staat gibt mehr Geld für den Gesundheitssektor aus. Für EU- und US-Pharmaprodukte gilt ein vereinfachtes Zulassungsverfahren. Im Vertrieb dominieren Apothekenketten.

Laut Economist Intelligence Unit (EIU) fließen aktuell und wohl auch in den nächsten Jahren rund 6 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Gesundheitsversorgung. Der Staat finanzierte 2021 (neueste Daten) 77 Prozent der Ausgaben. Dieser Anteil werde bis 2028 voraussichtlich steigen. Ein Grund seien die weiterhin hohen Erdöleinahmen des Staates, ein anderer die Ausweitung der Pflichtversicherung und eine seit 2019 bessere soziale Absicherung für Frauen.

Die staatliche Finanzierung umfasst direkte Zahlungen und Subventionen an private Unternehmen und ebenso die öffentliche Pflichtversicherung. Für Saudi-Araber und religiöse Pilger ist die Gesundheitsversorgung traditionell frei. Viele Bürger versichern sich zusätzlich bei einem privaten Anbieter oder über ihren Arbeitgeber.

Seit 2017 müssen private Arbeitgeber ihre Beschäftigten nach den Maßgaben des CCHI (Council of Cooperative Health Insurance) registrieren. Für Mitte 2024 meldete das CCHI 12,4 Millionen Versicherte nach diesem Schema. Dabei handelt es sich vor allem um Ausländer, ein Drittel waren aber Saudi-Araber. Von aktuell 28 lizenzierten privaten Krankenversicherungen tätigen die beiden Unternehmen Bupa Arabia und Tawuniya zusammen drei Viertel der Umsätze.

Von den privaten Gesundheitsausgaben (Anteil: 23 Prozent) flossen 2021 laut EIU 56 Prozent in freiwillige Versicherungen. Die restlichen 44 Prozent waren direkte Zahlungen von Leistungen. Der Anteil dieser „Out-of-the-Pocket“-Leistungen sei 2024 auf 53 Prozent gestiegen.

Öffentliche Ausschreibungen zentralisiert

Die Pharmabeschaffungen des staatlichen Sektors laufen zum größten Teil über die staatliche National Unified Procurement Company. NUPCO beschaffte 2024 laut der Webseite Globaltenders.com Medikamente für 4 Milliarden US$, bei einem Gesamtmarkt für Pharma-Ausschreibungen von 5,6 Milliarden US$. NUPCO kauft auch medizinische Ausrüstungen und beschafft insgesamt nach einem aktuellen Interview des Firmenchefs jährlich für umgerechnet „über 25 Milliarden Rial“ (6,7 Milliarden US$).

Die Arzneimittelpreise werden von der staatlichen Saudi Food & Drug Authority (SFDA) kontrolliert. Aktuell gelten dafür Richtlinien von 2021. Über Anpassungen und relevante Regulierungen informiert die SFDA auf ihrer Website. Für ihre Preisfestsetzung berücksichtigt die Behörde unter anderem die Preise ab Werk im In- oder Ausland sowie Marktpreise in 16 Industriestaaten, darunter Deutschland.

Genehmigte Preise gelten zwei Jahre

Die genehmigten Preise gelten in der Regel für mindestens zwei Jahre. Bis zu sieben Jahre sind es bei innovativen und biologischen Präparaten, wenn deren Produktion vollständig in Saudi-Arabien erfolgt. Die Preise von Originalprodukten werden bei der Zulassung von Generika in Saudi-Arabien um ein Viertel gesenkt. Generika dürfen maximal 70 Prozent des Preises des Originalpräparats kosten. Dem Großhandel wird eine Marge von 10 bis 15 Prozent (je nach Wert der Pharmaprodukte) zugestanden, dem Einzelhandel weitere 10 bis 20 Prozent.

Die SFDA ist auch für die Zulassung von Medikamenten zuständig und überwacht auch deren Herstellung. Nach den Vorschriften in der seit Oktober 2023 gültigen Fassung (6.4.) ist der Antrag zur Registrierung online über das SDR-Portal (Saudi Drug Registration) einzureichen. Die SFDA überprüft den Antrag zunächst auf Vollständigkeit. Dann erfolgt die eigentliche Prüfung des Präparats inklusive Tests.

Ausländische Hersteller müssen den Antrag über eine in Saudi-Arabien ansässige Organisation stellen. Dies kann eine eigene Niederlassung (Direktinvestition oder Scientific Office) sein oder ein einheimischer Vertriebspartner oder Consultant. Für die Aufrechterhaltung der Zulassung müssen Antragsteller alle fünf Jahre einen Verlängerungsantrag einreichen.

Manche Zulassungen sollen nur sechs Wochen dauern

Es gibt beschleunigte Registrierungsverfahren für Pharmazeutika, die über eine Zulassung der EMA (European Medicines Agency) und/oder der USFDA (U.S. Food and Drug Authority) verfügen. Für Pharmazeutika mit Zulassung sowohl der EMA als auch der USFDA gilt das Verifizierungsverfahren, das innerhalb von 30 Werktagen abgeschlossen sein soll. Für Produkte, die nur eine Zulassung einer Zulassungsbehörde (EMA oder USFDA) haben, gilt das verkürzte Verfahren (Abridged Procedure), das etwa 60 Werktage in Anspruch nehmen soll.

Anwälte raten, auch eventuell vorhandene Zulassungen aus dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Kanada und Australien vorzulegen. Die SFDA könne Präparate mit den genannten internationalen Zulassungen allerdings auch ablehnen.

Die Zollabwicklung von Importware verläuft nach Angaben eines importierenden Unternehmens verlässlich. Die Importe vieler Pharmazeutika ist laut Zollbehörde zollfrei.

Apothekenketten dominieren Einzelhandel

Größte Apothekenkette ist Nahdi. Das einheimische Unternehmen weist die Anzahl seiner Apotheken im Land für 2024 mit 1.156 aus und deren Umsätze („pharmacy revenue“) mit umgerechnet 2,4 Milliarden US$. Dies entspräche 38 Prozent der gesamten Einzelhandelsumsätze und fast einem Fünftel des Gesamtmarkts (unter Zugrundelegung der Iqvia-Daten).

Al-Dawaa führte 2023 als zweitgrößte Kette 913 Apothekenfilialen mit einem Umsatz von 1,4 Milliarden US$. Dieser Wert umfasst nicht den Großhandel der Firma, aber weitere, kleine Geschäftsbereiche. Die nächstgrößeren Apothekenketten waren 2020 United Pharmaceuticals (230 Filialen) und Planet Pharmacies (150), so Zahlen des Datenportals Statista mit Daten von Euromonitor. Nach dieser Quelle gab es in Saudi-Arabien weitere 7.862 Apothekengeschäfte.

Die in Indien ansässige Firma Aster DM kündigte Ende 2024 an, in den nächsten Monaten 20 Apotheken in Saudi-Arabien zu eröffnen und innerhalb von fünf Jahren 180 Filialen im Land zu betreiben. Aster führt bereits ein Krankenhaus in Riad und plant im Land 250 Millionen US$ in Gesundheitseinrichtungen zu investieren.

TÜRKEI / WIRTSCHAFTSSTANDORT: Der Geschäftsstandort Türkei steht vor Herausforderungen

Die Türkei ist ein wichtiger Export- und Produktionsstandort für deutsche Firmen. Das Investitionsklima hat sich jedoch zuletzt deutlich eingetrübt.

Die Türkei ist ein aufstrebender Markt mit gut entwickelter Industriebasis und zählt laut Weltbank zu den Ländern mit höherem mittleren Einkommen. Die Bevölkerung ist ähnlich groß wie in Deutschland, jedoch jünger und wachsend. Als Brücke zwischen Europa, dem Nahen Osten und Zentralasien spielt die Türkei eine wichtige Rolle im internationalen Warenverkehr. Die Handelsbeziehungen zu Deutschland sind rege und traditionsreich. Über 800 deutsche Unternehmen sind vor Ort aktiv, viele davon mit eigener Produktion. Ereignisse wie die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters im März 2025 werden von Unternehmen mit Sorge beobachtet und werfen einen Schatten auf das Vertrauen in den Wirtschafts- und Investitionsstandort.

Türkische Wirtschaftsstruktur stützt sich auf starke Industrie

Während sich viele Staaten in Südosteuropa und im Nahen Osten stärker auf einzelne Sektoren oder Rohstoffe stützen, punktet die Türkei mit einer diversifizierten Industrie. Im Wettbewerb etwa mit Ägypten oder einigen Balkanländern überzeugt sie besonders durch ihre Produktionskapazitäten, die Nähe zur EU und gut ausgebauter Infrastruktur. In den vergangenen Jahren hat sich die Wirtschaftsstruktur zunehmend in Richtung verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen verschoben, während der Beitrag der Landwirtschaft tendenziell abnimmt. Der Anteil der Schattenwirtschaft liegt mit über 30 Prozent deutlich über dem Niveau europäischer Länder.

Die Türkei ist eng in internationale Lieferketten eingebunden, mit hohen Exporten, aber auch einem starken Importbedarf an Rohstoffen und Vorprodukten. Diese Abhängigkeit macht den Standort anfällig für externe Schocks. Um die Importabhängigkeit im Energiesektor zu verringern, wird verstärkt in erneuerbare Energien investiert – ein Trend, der auch durch Klimaschutzvorgaben an Bedeutung gewinnt.

Hohes Potenzial in zahlreichen Branchen vorhanden

Zu den traditionsreichsten Branchen zählt die Textil- und Bekleidungswirtschaft. Sie umfasst die gesamte Wertschöpfungskette – von der Verarbeitung heimischer Baumwolle über die Garn- und Stoffproduktion bis hin zu Heimtextilien und Konfektionsware. Viele Unternehmen fertigen im Auftrag internationaler Modemarken.

Auch die Kfz- und Zulieferindustrie zählt zu den wichtigsten Industriezweigen des Landes. Fahrzeuge werden unter anderem von Ford Otosan, Toyota, Hyundai, Oyak Renault und Tofaş produziert. Ein breites Netzwerk an Zulieferern ergänzt die Produktion. Die chemische Industrie ist vor allem in den Bereichen Petrochemie, Kunststoffe und Düngemittel stark aufgestellt und beliefert zahlreiche Industriezweige im In- und Ausland.

Die türkische Industrie ist breit aufgestellt: Im Maschinenbau reicht das Angebot von Land- bis Textilmaschinen. Die Branche ist exportstark, besonders nach Europa, Asien und Nordafrika. In der Elektrotechnik zählt die Türkei zu den führenden Produzenten von Haushalts- und Unterhaltungselektronik. Auch die Lebensmittelindustrie ist bedeutend – mit Exporten von Mehl, Pasta, Trockenfrüchten und Olivenöl. Der Tourismus ist die wichtigste Dienstleistungsbranche und spielt eine zentrale Rolle für Devisen, Beschäftigung und andere Wirtschaftszweige.

Die wirtschaftlichen Schwerpunkte verteilen sich regional je nach Branche – einzelne Städte und Provinzen haben sich in bestimmten Industriezweigen als bedeutende Standorte etabliert:

  • Kfz- und -Zulieferindustrie: Bursa, Kocaeli, Sakarya, Istanbul
  • Textil- und Konfektionsindustrie: Izmır, Bursa, Denizli, Kahramanmaraş, Gaziantep, Adana
  • Lebensmittelindustrie: Izmır, Istanbul, Bursa, Gaziantep, Konya
  • Chemische Industrie: Kocaeli (Gebze), Istanbul, Izmır, Adana, Mersin, Ceyhan (aufstrebend)
  • Elektrotechnik/Elektronik: Istanbul, Manisa, Eskişehir, Ankara
  • Maschinenbau: Bursa, Istanbul, Ankara, Kocaeli, Izmır, Konya, Gaziantep
  • Tourismus: Antalya, Istanbul, Muğla (Bodrum, Marmaris, Fethiye), Aydın (Kuşadası), Izmır (Çeşme, Selçuk)
Zwischen industriestarken Zentren und strukturschwachen Regionen

Die ökonomische Entwicklung in der Türkei ist regional stark unterschiedlich ausgeprägt – mit einem klaren Gefälle zwischen dem industrialisierten Westen und dem strukturschwächeren Osten. Das wirtschaftliche Herz der Türkei schlägt in der nordwestlichen Marmara-Region – mit der Metropole Istanbul als zentralem Standort für Industrie, Handel und Dienstleistungen. Die nahe gelegenen Provinzen Bursa und Kocaeli sind wichtige Industriezentren.

Ankara spielt vor allem als Verwaltungszentrum eine bedeutende Rolle. Dort sind viele Unternehmen angesiedelt, die eng mit dem Staat verbunden sind – etwa in der Energiebranche. An der Ägäisküste gilt die Provinz Izmir als führend in der Nahrungsmittelverarbeitung und Textilindustrie. Zudem betreibt Petkim im Hafen von Aliağa den größten petrochemischen Komplex des Landes – ein wichtiger Standortfaktor für die Chemiebranche.

In zentralanatolischen Städten wie Gaziantep, Konya und Kayseri hat sich eine mittelständisch geprägte Industrie etabliert, die teils erfolgreich im Export tätig ist. Deutlich schwächer entwickelt ist hingegen der Osten des Landes: In den ärmsten Provinzen Südostanatoliens liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei nur rund einem Drittel des Istanbuler Niveaus. Im Südwesten hingegen sorgt die Tourismusbranche – insbesondere in den Provinzen Antalya und Muğla – für ein vergleichsweise hohes durchschnittliches Einkommen.

Das türkische Investitionsklima verliert an Strahlkraft

Die Türkei bietet gute Voraussetzungen als Produktionsstandort. Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich in der Türkei angesiedelt. Neue Investitionen kommen jedoch seit geraumer Zeit nur zögerlich ins Land. Häufig werden wirtschaftliche und politische Unsicherheiten als Investitionshindernisse genannt.

Innenpolitische Spannungen gehören seit Langem zu den Schwächen des Standorts Türkei. Im März 2025 haben sie sich durch die Inhaftierung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu verschärft. Auch die Unberechenbarkeit politischer Entscheidungen bleibt ein Risiko. Quasi über Nacht können sich die Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit ändern – wie etwa 2022, als die türkische Zentralbank beschloss, dass Unternehmen 40 Prozent ihrer Exporterlöse in Euro und US-Dollar in türkische Lira umtauschen müssen. Der nach der Wiederwahl Präsident Erdoğans im Juni 2023 ernannte Finanzminister Mehmet Şimşek hat sich einer verlässlichen Geldpolitik verschrieben – auch, um Investoren zurückzugewinnen.

Gestiegene Arbeitskosten fordern die Geschäftstätigkeit

Unabhängig davon steht die Türkei vor einer weiteren Herausforderung: Steigende Lohnkosten schwächen die Wettbewerbsfähigkeit. Der Mindestlohn liegt inzwischen über dem Niveau in Bulgarien und nähert sich dem Rumäniens an. Infolge der hohen Inflation wurde er mehrfach kräftig erhöht. Auf Eurobasis konnten die Lohnsteigerungen zunächst durch Abwertungen der türkischen Lira ausgeglichen werden – teils sanken die Löhne für ausländische Unternehmen sogar. Seit 2023 ist das jedoch anders: Die Löhne sind auch in Euro gerechnet deutlich gestiegen. Der aktuell gültige Mindestlohn beträgt umgerechnet rund 660 Euro (Stand: 3. April 2025) und hat sich damit gegenüber den rund 289 Euro im Jahr 2022 mehr als verdoppelt.

Herbst-Umfrage: Geschäftslage solide, Investitionsbereitschaft begrenzt

Die Deutsch-Türkische Handelskammer (AHK) hat im Herbst 2024 zuletzt ihre regelmäßige Umfrage unter Vertretern von Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei durchgeführt. Angesichts der aktuellen innenpolitischen Lage würde das Stimmungsbild heute womöglich anders ausfallen. Zum Zeitpunkt der Erhebung war die Unternehmerschaft überwiegend vorsichtig optimistisch. Die Hälfte der befragten Firmen beurteilte ihre Geschäftslage trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen als gut.

Als größte Risiken für die Geschäftsentwicklung nannten die Unternehmen den Wechselkurs, die regulatorischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten. Ein Viertel der Firmen plante höhere Investitionen – ebenso viele geringere, und nur 13 Prozent gaben an, keine Investitionen zu beabsichtigen.

Traditionsreiche Investitionen aus Deutschland

Deutschland gehört regelmäßig zu den wichtigsten Herkunftsländern ausländischer Investitionen in die Türkei. Laut dem Handelsministerium kamen in den ersten drei Quartalen 2024 die größten Kapitalzuflüsse aus den Niederlanden, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Deutschland, Frankreich und Katar. Mit 58 Prozent floss der Großteil der Investitionen in den Dienstleistungssektor, gefolgt von der Industrie mit 30 Prozent.

Laut türkischer Statistik sind heute über 8.000 deutsche Unternehmen in der Türkei aktiv. Insbesondere kleine und mittlere (KMU), aber auch große Konzerne, erschließen den türkischen Markt gemeinsam mit einem einheimischen Partner. Für KMU bietet die Türkei ein attraktives Unternehmensumfeld: Wie in Deutschland zählt der weitaus größte Teil der Firmen zu dieser Kategorie, sodass zahlreiche potenzielle Partner auf Augenhöhe zur Verfügung stehen.

Investitionsförderung: Ausländische Investitionen werden gleichgestellt

Investoren aus dem Ausland benötigen keine besondere Genehmigung und unterliegen denselben Gründungs- und Förderregeln wie einheimische Unternehmen.

Die Türkei unterstützt Investitionsprojekte unter anderem durch Steuervergünstigungen, Zollbefreiungen, Sozialversicherungs- und Investitionszuschüsse. Die Förderhöhe richtet sich nach Region, Branche und Projektart – besonders gefördert sind technologieorientierte oder großvolumige Vorhaben. Investitionen in Freihandelszonen und organisierte Industriegebiete bieten zusätzliche steuerliche Erleichterungen und Infrastrukturvorteile. Einen Überblick über die Fördermaßnahmen bietet der Investitionsleitfaden der türkischen Investitionsbehörde. Investitionsvorhaben werden von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Zusammenarbeit mit den türkischen staatlichen Investitionsagenturen unterstützt.

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE / ZOLLMELDUNG: EU und VAE starten Gespräche über Freihandelsabkommen

Die Europäische Union und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben sich darauf geeinigt, Gespräche über ein Freihandelsabkommen aufzunehmen.

Laut EU-Kommission soll dieses Abkommen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den VAE stärken und als Katalysator für engere Verbindungen zwischen der EU und dem Golf-Kooperationsrat (GCC) dienen. Zum GCC gehören neben den VAE auch Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, Bahrain und Oman.

Die Verhandlungen werden sich auf die Liberalisierung des Handels mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen konzentrieren sowie die Zusammenarbeit in strategischen Sektoren wie erneuerbare Energien, grüner Wasserstoff und kritische Rohstoffe vertiefen.

Die VAE wollen insgesamt 26 umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen abschließen. Acht Abkommen sind bereits in Kraft, etwa mit Indien, der Türkei und Indonesien.

Die EU schloss ihr erstes Abkommen 1973 mit der Schweiz. Seitdem folgten zahlreiche weitere Abkommen, sodass die EU heute Handelsabkommen etwa 80 Ländern unterhält.

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE / MEDIZINTECHNIK: Wachstum und Wettbewerb prägen die Medizintechnik in den VAE

Neue Krankenhäuser, digitale Lösungen und steigende Budgets kennzeichnen den Markt für Medizintechnik in den VAE. Deutsche Anbieter punkten, doch die Konkurrenz wächst spürbar.

Markttrends

Für das Jahr 2025 prognostizieren Experten eine weitere Steigerung des Marktvolumens für Medizintechnik, vorausgesetzt, die Wirtschaft entwickelt sich wie von vielen Ökonomen vorhergesagt und die geopolitischen Risiken eskalieren nicht weiter. Für 2024 wird ein Anstieg auf etwa 615 Millionen US-Dollar (US$) erwartet, was einer Wachstumsrate von rund 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im Jahr 2023 lag das Marktvolumen bei etwa 570 Millionen US$.

Die langfristigen Aussichten bleiben positiv. Die VAE setzen stark auf den Ausbau des Gesundheitssektors. Sie verbessern die Gesundheitsinfrastruktur, führen fortschrittliche medizinische Technologien ein und erhöhen die Bettenkapazitäten, um den Bedürfnissen der wachsenden Bevölkerung und des steigenden Gesundheitsbewusstseins zu entsprechen. Diese Entwicklungen steigern die Nachfrage nach hochwertiger Medizintechnik und bieten deutschen Unternehmen Möglichkeiten für Innovation und Markterweiterung. Neben den USA und China gehört Deutschland zu den führenden Lieferanten von Medizintechnik auf dem VAE-Markt.

Privatkliniken gewinnen in den Emiraten weiter an Bedeutung

Der Ausbau des Gesundheitswesens in den VAE hat in den letzten Jahren stark an Dynamik gewonnen. Laut Fitch Solutions verfügte das Land im Jahr 2025 bereits über 176 Krankenhäuser mit einer Gesamtkapazität von mehr als 20.840 Betten. Dies entspricht einem deutlichen Zuwachs gegenüber 86 Krankenhäusern und 9.600 Betten im Jahr 2010.

Zwar waren staatliche Einrichtungen lange der Motor dieses Wachstums, doch im letzten Jahrzehnt engagierten sich zunehmend private Anbieter. In Abu Dhabi und Dubai übertrifft der private Krankenhaussektor bereits seit einiger Zeit den staatlichen Anteil – eine Entwicklung, die sich laut Experten weiter fortsetzen wird.

Projektpipeline ist voll

Bis März 2025 wird der Gesamtwert der Projekte auf etwa 6,8 Milliarden US$ geschätzt. Davon befinden sich Vorhaben im Wert von 3,3 Milliarden US$ im Bau, während sich weitere Projekte im Wert von rund 3,5 Milliarden US$ in der Planungsphase befinden. Das umfangreichste dieser Vorhaben wird von einem Joint Venture durchgeführt, das die Royal Strategic Partners (RSP) aus den VAE, die MIG Group aus Malaysia und die Austrian Star Energy (SE) aus Österreich umfasst. Diese Unternehmen planen, in Abu Dhabi ein Neutronentherapie-Krankenhaus zu errichten, das auf die Behandlung spezifischer Krebsarten ausgerichtet ist. Das Investitionsvolumen für diese spezialisierte Einrichtung beläuft sich auf 1,8 Milliarden US$. Das Projekt befindet sich derzeit noch in der Studienphase, was darauf schließen lässt, dass es seit der Ankündigung im Jahr 2022 keine nennenswerten Fortschritte gegeben hat.

Deutschland gehört zu Top Lieferanten

Der Medizintechniksektor hängt stark von Importen ab. Die Einfuhren stiegen 2023 um etwa 9 Prozent auf 1,2 Milliarden US$ gegenüber dem Vorjahr. Zu beachten ist allerdings, dass diese Daten keine genaue Unterscheidung zwischen Lieferungen mit Endverwendung in den Emiraten und Einfuhren ermöglichen, die letztlich in Drittländer gehen. Die Importdaten umfassen auch Lieferungen in die Freizonen, die zu einem Großteil wieder ausgeführt werden.

Deutschland liefert vor allem höhere Summen bei Hochwert- und Spezialsegmenten wie bildgebenden Geräten (774.2) oder „anderen medizinischen Instrumenten“ (8722.9).

In Basissegmenten (z. B. Zahnmedizinische Instrumente, Medizinmöbel) ist der deutsche Wert eher gering, was auf stärkere Konkurrenz oder weniger Bedarf für Premium-Varianten in diesen Kategorien hindeutet.

Die USA sind mit Abstand führend, mit einem Marktanteil von circa 50 Prozent. China lag auf Platz 2 mit einem Anteil von 25,5 Prozent und knapp dahinter Deutschland auf Rang 3 mit 24,5 Prozent.

Steigende Konkurrenz aus China und den USA

Das Label „Made in Germany“ genießt in den Emiraten weiterhin ein hohes Ansehen und steht für Qualität und Zuverlässigkeit. Dennoch sehen sich deutsche Unternehmen einem wachsenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt, da ihre Produkte – insbesondere im Segment preisgünstiger Geräte – häufig teurer sind als ausländische Alternativen. Vor allem chinesische Anbieter profitieren von niedrigeren Produktionskosten, was sich deutlich in den Außenhandelsstatistiken widerspiegelt.

Zwischen 2013 und 2023 stiegen die Medizintechnikexporte aus China in die VAE von 32,9 Millionen US$ auf knapp 126 Millionen US$ – ein Wachstum von über 280 Prozent. Besonders erfolgreich sind chinesische Hersteller im Bereich kostengünstiger Röntgengeräte, Sterilisationssysteme und Verbrauchsprodukte wie Spritzen und Kanülen.

Auch die USA konnten ihre Exporte von 158 Millionen US$ (2013) auf etwa 236 Millionen US$ (2023) steigern (+49 Prozent), insbesondere durch hochinnovative Technologien im Premiumsegment.

Deutschland verzeichnete ein moderates Wachstum von 89 Millionen US$ auf rund 116 Millionen US$ (+30 Prozent). Während „Made in Germany“ vor allem bei anspruchsvollen Elektrodiagnose- und bildgebenden Verfahren gefragt bleibt, verliert Deutschland in Basistechnologien zunehmend Marktanteile – sowohl an kostengünstigere Anbieter aus China als auch an High-End-Konkurrenten aus den USA.

Digital Health

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) entwickeln sich derzeit zu einem der attraktivsten Märkte für digitale Gesundheit (Digital Health) im Nahen Osten. Laut einer Prognose von Global Market Insights wächst der Markt von etwa 620 Millionen US$ im Jahr 2024 auf mehr als 5,1 Milliarden US$ bis 2033. Die positive Entwicklung verdanken die Emirate einer jungen, technikbegeisterten Bevölkerung, umfangreichen staatlichen Investitionen und gezielten Innovationsförderungen.

Die Telemedizin erlebte während der Covid-19-Pandemie einen kräftigen Aufschwung. In Dubai ermöglicht die Initiative „Doctor for Every Citizen“ seit 2019 kostenlose Online-Sprechstunden. Bis Ende 2024 nutzten Bürger und Einwohner dieses Angebot bereits über vier Millionen Mal. Auch private Anbieter profitieren: Die Plattform Altibbi verzeichnete bislang (Stand April 2025) über 4,5 Millionen digitale Arztbesuche.

Im Vergleich zu Europa und speziell Deutschland haben es digitale Gesundheitsdienste in den VAE einfacher. Während in Deutschland bis zu 25 Prozent der Menschen bereits digitale Arztgespräche nutzten (KBV 2023), sind die Emirate klar im Vorteil. Grund hierfür ist eine jüngere, internationale Bevölkerung, die oft bereits mit digitalen Angeboten vertraut ist. Zudem fördert die emiratische Regierung Telemedizin aktiv, während Deutschland komplexere Datenschutzbestimmungen und umfangreichere Vorschriften bewältigen muss.

Künstliche Intelligenz hält Einzug in den Klinikalltag

Neben der Telemedizin setzen emiratische Kliniken zunehmend auf künstliche Intelligenz (KI), um Diagnosen präziser und schneller zu stellen. Bis 2030 plant die emiratische Regierung Investitionen von rund 4 Milliarden US$ in KI-Technologien, wovon ein großer Teil direkt ins Gesundheitswesen fließt.

Schon heute erkennen intelligente Systeme beispielsweise Augenkrankheiten oder Tuberkulose auf Röntgenbildern in Sekundenschnelle mit bis zu 96 Prozent Genauigkeit. Anfang 2022 gründete das emiratische Gesundheitsministerium ein Digital Health Monitoring Centre zur Echtzeitüberwachung von Krankheitsausbrüchen. In der Innovationsstrategie des Ministeriums (2023–2026) spielen KI, Telemedizin und personalisierte Therapien eine zentrale Rolle.

Elektronische Patientenakten vernetzen das Gesundheitssystem

Auch bei elektronischen Patientenakten haben die Emirate große Fortschritte erzielt. Seit 2019 vernetzt die Plattform „Malaffi“ alle Krankenhäuser und nahezu alle Kliniken in Abu Dhabi. Bis März 2024 wurden bereits über drei Milliarden klinische Datensätze gespeichert.

Dubai nutzt das vergleichbare System „NABIDH“, das rund 9,5 Millionen Patientendaten von mehr als 1.300 Einrichtungen bündelt. Beide Plattformen arbeiten inzwischen mit der nationalen Gesundheitsdatenbank „Riayati“ zusammen. Ziel ist es, medizinische Informationen landesweit verfügbar zu machen und die Versorgungsqualität dadurch spürbar zu verbessern.

Ein weiterer Baustein der emiratischen Gesundheitsstrategie ist personalisierte Medizin. Das ehrgeizige „1-Million-Genome-Projekt“ nutzt genomische Daten, um maßgeschneiderte Therapien zu entwickeln. Internationale Unternehmen, insbesondere deutsche Anbieter aus den Bereichen Bioinformatik und Gendiagnostik, finden hier attraktive Geschäftsmöglichkeiten.

Internationale Kooperationen werden gefördert

Zahlreiche emiratische Kliniken pflegen Partnerschaften mit internationalen Unternehmen, um Know-how und innovative Technologien zu importieren. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen Aster DM Healthcare und Siemens Healthineers, die gemeinsam die Digitalisierung von Krankenhausstandorten vorantreiben. Mediclinic Middle East kooperiert mit europäischen Zentren für Reproduktionsmedizin. Solche Kooperationen zeigen, dass emiratische Gesundheitsanbieter gezielt Know-how aus dem Ausland einbinden, sei es durch Technologietransfer, Joint Ventures oder Managementverträge. Deutsche und europäische Unternehmen sind dabei besonders gefragt, da ihre Medizintechnik und Klinikstandards weltweit einen exzellenten Ruf genießen​. Allerdings ist der Wettbewerb um den Markt groß, und neben westlichen Partnern treten zunehmend auch asiatische Firmen (vor allem aus Südkorea und China) als Konkurrenten auf. ​Nichtsdestotrotz bieten die anhaltenden Digitalisierungs- und Expansionsbestrebungen in den VAE vielfältige Anknüpfungspunkte für Kooperationen mit europäischen Anbietern – von der Krankenhausausstattung über Telemedizin-Plattformen bis hin zu Aus- und Weiterbildungsprogrammen für medizinisches Personal. Die Globalisierung des emiratischen Gesundheitssektors eröffnet so beiden Seiten Chancen: Den VAE den Zugang zu Weltklasse-Technologien und den ausländischen Partnern einen attraktiven Wachstumsmarkt.

Die Emirate fördern digitale Gesundheitslösungen gezielt durch Programme und Gründerzentren. In Dubai bringt das Programm „Dubai Future Accelerators“ internationale Start-ups mit staatlichen Stellen zusammen, um neue Technologien direkt in Pilotprojekten umzusetzen. Abu Dhabi bietet mit „Hub71“ ein vollständiges Ökosystem für junge Technologieunternehmen. Diese erhalten dort Kapital, Büros und Zugang zu wichtigen Netzwerken. Allein 2024 planen Investoren rund 350 Millionen US-Dollar in technologieorientierte Start-ups zu investieren, wovon auch Digital Health profitiert.

Das Abu Dhabi Investment Office (ADIO) unterstützt innovative Firmen aus den Bereichen Gesundheit und Life Sciences mit insgesamt 545 Millionen US$. Zusammen mit dem Gesundheitsministerium und Partnern wie Plug and Play betreibt ADIO einen HealthTech-Accelerator. Start-ups erhalten hier Kontakte zu Kliniken, Universitäten und Kapitalgebern. Zusätzlich bietet Dubai Healthcare City Vorteile für internationale Forscher und Unternehmen im Gesundheitsbereich. Diese Initiativen schaffen ideale Bedingungen, um digitale Lösungen zu entwickeln und erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Branchenstruktur

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verfügen über ein umfassendes, größtenteils staatlich finanziertes Gesundheitssystem, das seiner Bevölkerung einen hohen Standard bietet. Nach Einschätzungen des Marktforschers Fitch Solutions ist die stationäre Versorgung in den Krankenhäusern der VAE am weitesten entwickelt. In den letzten zehn Jahren wurde aber auch viel in die Primärversorgung und Rehabilitation investiert. Viele Einrichtungen befinden sich auf Weltspitzenniveau, so die Experten.

Von staatlicher Unterstützung bis zu umfassenden Versicherungen

Zwischen 2024 und 2025 steigen die Bundesausgaben für Gesundheit um rund 10,4 Prozent auf etwa 1,56 Milliarden US$. Zusätzlich zu diesen zentralen Mitteln stellen auch die Haushalte der sieben Emirate eigene finanzielle Ressourcen für das Gesundheitswesen bereit.

Die Finanzierung des Gesundheitssystems in dem Golfstaat wird durch staatliche Unterstützung, Pflichtversicherungen und privaten Versicherungsbeiträgen generiert. Den Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wurden im Jahr 2022 etwa 64 Prozent der Gesundheitsausgaben durch staatliche Mittel finanziert, mit der Prognose, dass dieser Anteil bis 2027 auf 70 Prozent ansteigen wird. Dies deutet auf eine künftig verstärkte staatliche Rolle im Gesundheitswesen hin.

Parallel dazu sinkt der Anteil der privaten Finanzierung: Machte dieser 2021 noch 36 Prozent der Gesundheitsausgaben aus, wird erwartet, dass er bis 2027 auf 30 Prozent fällt. Dieser Rückgang soll durch die zunehmende Übernahme der Kosten durch staatlich unterstützte Versicherungsprogramme kompensiert werden.

Die obligatorische Krankenversicherung, die zuvor nur in Abu Dhabi und Dubai galt, wurde Ende März 2023 auf alle sieben Emirate ausgedehnt. Diese Versicherungssysteme können bis zu 100 Prozent der Behandlungskosten für die Versicherten abdecken, unterstützt durch die Zusammenarbeit von privaten Unternehmen und öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP). Ein erheblicher Teil der privaten Gesundheitsausgaben entfällt auf freiwillige Versicherungen. Arbeitgeber sind dazu angehalten, für alle Angestellten, die ein Monatseinkommen von weniger als 4.000 AED (VAE-Dirham; ungefähr 1.090 US$) haben, eine Basis-Krankenversicherung abzuschließen. Arbeitnehmer mit höherem Einkommen haben in der Regel einen umfassenderen Gesundheitsschutz.

Unterschiedliche Zuständigkeiten in den einzelnen Emiraten

Das föderale Gesundheitsministerium reguliert den Gesundheitssektor in allen Emiraten, wobei Abu Dhabi und Dubai eigene Gesundheitsbehörden mit lokalen Politiken haben.

Die Zentralbank der VAE hat die Aufsichtsrolle für den Versicherungssektor. Nach den neuesten verfügbaren Daten der Zentralbank stiegen die Bruttobeitragseinnahmen für die Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2024 um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 3,9 Milliarden US$. Es wird erwartet, dass die Prämien im Prognosezeitraum von 2023 bis 2028 steigen werden, angekurbelt durch die Einführung der obligatorischen Versicherung in den gesamten Emiraten. Sharia-konforme Takaful-Krankenversicherungsprämien machen etwa 10 Prozent des Krankenversicherungsmarktes aus. Dabei handelt es sich um Versicherungsformen, die den Prinzipien des islamischen Rechts, der Sharia, entsprechen.

Importabhängigkeit und Herausforderungen durch Wettbewerb

Der Medizintechnikmarkt der VAE bleibt stark von Importen abhängig. Überwiegend decken internationale Hersteller den Bedarf, während lokale Produktion bislang eine Nebenrolle spielt. Bedeutende Importländer sind vor allem die USA, China und Deutschland. Deutsche Produkte genießen weiterhin großes Vertrauen und stehen für Qualität und Zuverlässigkeit, sehen sich jedoch wachsender Konkurrenz aus kostengünstigen asiatischen Angeboten sowie Hightech-Lösungen aus den USA gegenüber.

Lokale Hersteller beschränken sich derzeit auf einfache Verbrauchsmaterialien, beispielsweise Spritzen oder Kanülen. Ein Beispiel ist die Abu Dhabi Medical Devices Company (ADMD), die den Großteil ihrer Produktion exportiert. Die emiratische Regierung verfolgt das Ziel, die lokale Produktion auszubauen und fördert daher Investitionen internationaler Firmen in lokalen Fertigungsstätten. Spezielle Wirtschaftszonen wie Dubai Science Park oder Dubai Healthcare City bieten attraktive Rahmenbedingungen wie vollständiges ausländisches Eigentum und Steuervorteile.

Deutsche Medizintechnikfirmen können durch Kooperationen mit etablierten emiratischen Partnern ihre Marktchancen erheblich verbessern. Partnerschaften mit führenden Distributoren wie Gulf Drug oder Alphamed erleichtern den Marktzugang wesentlich, da sie regulatorische Anforderungen kennen und über umfangreiche Kundennetzwerke verfügen. Auch langfristige Serviceverträge mit Krankenhäusern gewinnen zunehmend an Bedeutung, etwa durch die Lieferung, Wartung und Anwenderschulung für Medizingeräte.

Zusätzlich eröffnen sich Möglichkeiten in Forschung, Entwicklung und Ausbildung. Deutsche Firmen wie Siemens Healthineers engagieren sich bereits intensiv in gemeinsamen Projekten mit lokalen Partnern, um innovative Lösungen im Gesundheitsbereich zu entwickeln. Für deutsche Anbieter, die frühzeitig mit lokalen Akteuren zusammenarbeiten, bieten sich damit attraktive langfristige Marktchancen in den Emiraten.

Rahmenbedingungen

Zulassungsrichtlinien für Medizintechnik in den VAE orientieren sich an der EU-Medizinprodukteverordnung und an den Vorschriften der US Food and Drug Administration (FDA).

Die Federal Customs Authority (FCA) überwacht die Zollvorschriften in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Unternehmen, die Waren exportieren möchten, sollten sich auf der offiziellen Website der FCA über aktuelle Vorschriften, Tarife und Prozesse informieren. Dies ist besonders relevant, um sich über neue Zollvorschriften auf dem Laufenden zu halten.

Schnelle Registrierung möglich

Für das Inverkehrbringen medizinischer Geräte muss eine Zulassung beim Ministry of Health durch den Hersteller oder seinen lokalen Agenten beantragt werden. Für die Prüfung ist das Committee on Medical Device Registration zuständig. Das Ministerium hat Zulassungsrichtlinien erlassen, die sich im Wesentlichen an der EU-Medizinprodukteverordnung und an den Vorschriften der US Food and Drug Administration (FDA) orientieren. Die Registrierungsrichtlinien unterteilen Medizintechnik in vier Kategorien, die sich ähnlich der EU-Systematik nach dem Risiko der Anwendung richten.

Branchenvertretern zufolge bereitet die Registrierung medizinischer Geräte, die eine Zulassung in der EU und den USA nachweisen, zumeist keine größeren Probleme. Eine Genehmigung ist in der Regel gültig für fünf Jahre. Mit der Registrierung unterliegt der Hersteller beziehungsweise sein Agent verschiedenen „Post-Market-Obligations“ (Dokumentationspflichten etc.). Zuständig für die Überwachung zugelassener Medizintechnik ist das Drug Control Department (DCD) des Ministeriums.

Für Fragen zu Zertifizierungen und Standards ist die Emirates Authority for Standardization and Metrology (ESMA) die zuständige Stelle. ESMA stellt sicher, dass diese den nationalen und internationalen Normen entsprechen.

Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen möchten, finden relevante Informationen und Ausschreibungen auf dem offiziellen Portal Department of Health Tenders. Diese Online-Plattform bietet Zugang zu Regierungs- und anderen öffentlichen Ausschreibungen und ist eine wichtige Ressource für Unternehmen, die auf der Suche nach neuen Geschäftsmöglichkeiten sind.

Erstattungsverfahren sind unterschiedlich

Bezüglich der Erstattungsverfahren für medizinische Produkte und Dienstleistungen variieren die Bedingungen je nach Emirat und Versicherungsanbieter. Informationen hierzu bieten das Ministry of Health & Prevention und die Health Authority Abu Dhabi (HAAD). Unternehmen sind angehalten, direkt mit diesen Behörden oder den entsprechenden Krankenversicherern in Verbindung zu treten, um spezifische Anforderungen und das Vorgehen für die Erstattung ihrer Produkte zu klären.

Welt

WELT / GESUNDHEITSWESEN: Die neuen Hotspots der globalen Gesundheitsbranche

Die globale Gesundheitsbranche entwickelt sich dynamisch und die steigende Nachfrage nach modernster Medizintechnik und pharmazeutischen Produkten eröffnet neue Marktpotenziale. So investieren beispielsweise die Philippinen verstärkt in ihre medizinische Infrastruktur, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten treibt die Digitalisierung den Medizintechniksektor voran. Deutschland zählt hier zu den wichtigsten Lieferanten. Der Pharmamarkt in Saudi-Arabien steht vor weiterem starken Wachstum, wobei deutsche Anbieter zuletzt besonders an Marktanteilen gewonnen haben.

Welche weiteren Märkte sich derzeit besonders positiv entwickeln, erfahren Sie auf GTAI Seite Exportinitiative Gesundheitswirtschaft. Dort finden Sie Analysen zu Medizintechnik und Pharma für mehr als 30 Länder.

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